Wechseljahre - Chance oder Schikane?

... dein Magen zieht sich zusammen, schickt einen faustdicken Krampf hinauf zum Kehlkopf, verschlägt dir den Atem, biegt dann direkt zu deinem Herzen ab und verpasst ihm einen Linkshaken, dass es lodert und brennt.
"Nur" weil deine Freundin dir in einem Nebensatz indirekt zu verstehen gegeben hat, dass sie dich nicht für hilfsbereit hält. Und die andere dich zunehmend offensichtlich vor anderen schlecht aussehen lässt. Oder weil deine Nächsten deine Belange bei familiären Planungen immer häufiger den ihren hintenanstellen, weil du ja unkompliziert bist. Und deine Kinder, doch so plötzlich, wie von den Älteren immer schon vorhergesagt, erwachsen und flügge geworden sind. Und dann ist da noch dein Mann, der sich deine Wehwehchen nicht anhören will, weil Kindergarten-Themen, Punkt.
Und, obwohl das alles nicht neu für dich ist, nimmst du es auf einmal wahr wie auf einer in Stadionqualität ausgeleuchteten Bühne. Und fühlst dich ziemlich genau wie der Boden unter den Rockstars. Von denen du früher einmal einer warst.
WILLKOMMEN IN DER (P E R I) M E N O P A U S E
Ich bin kürzlich 50 Jahre alt geworden und habe die Zahl ganz geschmeidig gefeiert, ohne Anzeichen von Alterspanik. Da wird gemeinhin Angst vor der Angst geschürt, wo es gar keine zu geben braucht. Das "Altern" im Alter von 50 Jahren hat nichts Deprimierendes in unserer Zeit. Die eigentliche Krise ist die Perimenopause, eine etwa zweieinhalb Jahre andauernde Intensiv-Transformation innerhalb des Klimakteriums. Dazu wäre eine Vorwarnung mal ganz nett gewesen. Das Schweigen und die Informationsarmut hier schreien zum Himmel.
Panikmache hätte ich mir nun auch wieder nicht gewünscht, aber einen klitzekleinen Hinweis darauf, dass da etwas Dramatisches auf mich zukommt, aber/und dass man sich einigermaßen wappnen kann. Ganz praktisch wäre der Hinweis gewesen, dass dieser Absturz ca. zwei, drei Jahre anhält, länger nicht. Und ja, es hört sich nicht nur so an, es ist so, als würde jemand Fremdes Besitz von einem ergreifen. Streckenweise jedenfalls. Aber das Wichtigste: Es geht nicht nur vorbei, sondern kann in einem wunderbaren Zustand enden.
Heute weiß ich, dass dieser recht plötzlich einsetzende zweieinhalbjährige Prozess biochemisch bedingt ist. Es handelt sich hierbei um die gewaltsamste aller Umwandlungsphasen namens „Perimenopause“ innerhalb des zirka 15 Jahre andauernden Klimakteriums.
KLIMAKTERIUM = WECHSELJAHRE
"Klimakterium" ist gleichbedeutend mit "Wechseljahre"
Dauer: ca. 10 bis 15 Jahre
Das Klimakterium findet ungefähr im Alter von 45 bis 60 statt. Anfangs treten die Symptome vereinzelt auf und sind so schwach und unbedeutend (so manche Schlafstörungen oder leicht vermehrter Haarausfall zum Beispiel), dass die schleichende Transformation kaum zu bemerken ist.
Die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone, der Östrogene, geht stetig zurück. Die Monatsblutungen treten unregelmäßig auf, die weiblichen Geschlechtsorgane bilden sich zurück.
MENOPAUSE
"Menopause" heißt wörtlich übersetzt: das Aufhören der Regelblutung.
Das Klimakterium wird in vier sich überlappende Phasen der Menopause eingeteilt
RAUS AUS DER OPFER-ROLLE - DAS KANN DIE CHANCE DEINES LEBENS SEIN
Die wenigen Informationen die ich zu der seelischen Verwandlung während der Wechseljahre finden konnte, betrafen das Endergebnis nach der Perimenopause. Sie klangen eher nebensächlich: "Die Frauen werden durchsetzungsfähiger und im Handeln entschlossener und setzen sich durch." Whaaaaat? Also während des Umwandlungsprozesses hatte ich gefühlt 10 Furien in mir, die alle gleichzeitig ausgebrochen sind. Nach der Perimenopause war ich nicht "entschlossenER", ich habe mir zum ersten Mal im Leben ein klares Ziel gesetzt, dass nur mich allein betrifft und, das ich krass - und nicht nur entschlossen - verfolge. "durchsetzen" konnte ich mich bereits früher. Aber ich hatte nicht immer Lust dazu, auch wenn es wichtig gewesen wäre, denn früher hatte ich die merkwürdige Angewohnheit nach dem Motto "Was nicht will, das soll nicht" zu verfahren.
Dann war da von "Gnade des Nullpunkts" die Rede, das erinnert an Gnadenstoß und an ein Dahinvegetieren in mittelmäßiger Weisheit. Dabei kann das Resultat extrem stark und wundervoll sein. Man darf nur nicht in der Opferrolle verharren, muss verstehen, dass man bei allem selbst Regie führt und an Schieflagen mehr als nur irgendwie beteiligt war.
Die Transformation bei mir hat dazu geführt, dass ich eine noch nie gekannte Klarsicht erlangt habe was meine Gefühle und meine Erwartungen an mein Leben betrifft. Damit einher geht ein lustvoller Ehrgeiz, der mich vorantreibt. Das geht mit ein bisschen Selbst-Coaching. Die für mich wichtigsten Instrumente hierfür liefere ich zum Schluss. Eines der Ergebnisse war: Wie durch eine Erleuchtung gewährte ich der Wahrheit Zutritt zu meinem Bewusstsein. Ohne Kritik, noch nicht mal mit Wertung, sondern als eine nackte Erkenntnis, was ist. Das erlaubt, schnell zu reagieren und erspart all das, was das Leben gemeinhin unnötig belastet. Ich trage niemandem mehr etwas nach. Auch mir nicht. Und ich trage nichts mehr mit mir herum, Unerledigtes oder Vergessenes sowie das deshalb geladene schlechte Gewissen. Das ist eine solche Befreiung. Das glaubt man nicht. Damit das aber nicht so gurumäßig rumwabert hier, gibt es mal ganz konkrete Beispiele:
Es muss nicht zwangsläufig zu Trennungen kommen. Bei vielen, sehr vielen, tut es das. Meine Ehe hat meine Transformation ausgehalten, dank der Flexibilität unserer Beziehung, sich an neue Gegebenheiten anzupassen. So sehr wie jetzt, habe ich nicht einzuschätzen gewusst, was wahre Liebe wirklich bedeutet.
Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Arbeitsverhältnis im Guten gekündigt, weil ich rechtzeitig erkannt habe, dass der Job für mich nicht mehr lange in Ordnung gehen wird. Und weil ich bereits vorher Komfortzonen zu Tabu-Zonen erklärt hatte, habe ich vorzeitig reagiert. Dass noch keine negative Energie geladen war, erlaubte mir einen höchst angenehmen und freundlichen Übergang in den neuen Job. Den hatte ich mir darüber hinaus aus verschiedenen Angeboten zu hundert Prozent ausschließlich nach pragmatischen Gesichtspunkten und Sympathie ausgesucht. Anders als früher, da Prestige und Image eine große Rolle gespielt haben.
Mag sein, dass meine Familie zwischenzeitlich geglaubt hat, dass ich durchknalle, aber letztendlich ist jetzt alles wieder an seinem Platz. Niemand kommt mir mehr komisch von der Seite. Und wenn doch mal alte Gewohnheiten durchbrechen, stelle ich ohne nachzudenken die Frage: "Warum tust/sagst du das?" Der Rest kommt von allein. Damit gebe ich meinem Gegenüber auch die Möglichkeit etwas richtig zu stellen oder, sich zu entschuldigen. So einfach ist das.
Von einem, mir sehr wichtigen Menschen, einer Freundin, musste ich mich trennen. Eine schmerzvolle Trennung und ein großer Verlust. Ob das nochmal zusammenkommt? Man weiß es nicht. Manchmal tun sich Menschen, egal wie sehr sie sich lieben, einfach nicht gut. Wenn sie merken, dass der andere schlechte Seiten in einem fördert, statt umgekehrt oder die Frage "Warum tust/sagst du das?" zu oft gestellt werden muss, sollte man zumindest eine Auszeit einlegen. Egal wie sehr man den anderen vermisst.
Jahrzehnte verschleppte To-Dos und verwaiste Messi-Kellerräume werden von mir peu à peu abgearbeitet und gleichzeitig aktuelle Belange sofort erledigt oder in meinem Wiedervorlagen-Ordner (31-Tage-Akte) passend abgelegt und so nacheinander und rechtzeitig erledigt. Ich vergesse keine Geburtstage mehr und finde Zeit für spontane Treffen. Auch so habe ich für alles plötzlich viel mehr Zeit: Für Sport, Sauna, Wandern, Partys etc. und habe dabei ein astreines Gewissen, weil alles läuft. Der Flow ist drin. Das hatte ich noch nie zuvor.
Und das sind alles Nebensächlichkeiten, Dinge, die erledigt werden müssen und dazu kommen Spaß, Sport und Spiel. Damit ich aufgeräumt bin und in der restlichen Zeit meinem Traum nachgehen kann. Zum ersten Mal in meinem Leben frage ich nicht nach Sinn, Zweck und Ertrag, sondern tue einfach das, was schon immer meine Leidenschaft war.
Ihr seht wie oft ich "zum ersten Mal in meinem Leben" etwas mache oder etwas passiert, weil ich es begünstige? Wie aus viel Passivität ein hohes Maß an Aktivität hervorgegangen ist? Merkt euch das für die schlechten Zeiten, denn dieses oder ein ähnliches schönes Ergebnis kommt auch auf euch zu.
MENOPAUSE, WECHSELJAHRE, KLIMAKTERIUM - EGAL WIE DU ES NENNST, ES NERVT
Mich hat es eiskalt erwischt. Sicherlich begünstigt durch das zusätzliche Hormonchaos aufgrund des fast zeitgleichen Rauchstopps nach 35 Jahren überfuhr mich das Thema wie ein voll beladener Truck. Ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt als ich in jeder Hinsicht in Bestform leichtfüßig über diesen Planeten wandelte als gäbe es keinen schöneren Zustand. Körperlich fit, mit Idealgewicht, in glücklicher Ehe lebend, mit zwei wunderbaren Söhnen, super Großfamilie im Rücken, tollen Freunden und einem Dach überm Kopf. Zusätzlich deutete sich eine himmlische Zukunft mit neuen Reisefreiheiten an, weil die Kinder groß geworden waren. Ich war sowas von bereit, dieses tolle Leben in der zweiten Lebenshälfte auszukosten.
Und dann wurde ich absolut unvorbereitet und unverschuldet in eine andere Dimension katapultiert. Ich nahm innerhalb einer Woche fünf Kilo zu. Ich kann mich genau erinnern, wie ich eines herrlichen Sommertages im Mai 2015 auf der Terrasse gesessen und einen Cocktail geschlürft habe, als sich plötzlich von innen heraus unter der Haut ein unangenehmes Prickeln wie ein lahmlegendes Phlegma ausbreitete und sich gleich einer schwammigen Fett-Wasser-Schicht zusätzlich um mein natürliches Fettpolster legte. So alien-like wie ich das hier schildere, war es auch. Ich war leicht beunruhigt, dachte aber, das wird wohl von allein wieder verschwinden. Weit gefehlt. Diese träge machende Ummantelung blieb nicht nur, sondern lud weiteres Gewicht und noch mehr Phlegma zum Verbleiben ein. Unmöglich, dagegen anzugehen. Mit Sport nicht, nicht mit noch so viel Willen und auch nicht mit Diäten.
Nicht aufgrund dessen, aber durchaus mitunter beeinflusst von diesem Horror, fuhr mein Gefühlsleben Achterbahn bis zum sprichwörtlichen Erbrechen. Ein anderer entscheidender Angriff erfolgte aus meinem Gefühlsleben heraus: Sämtliche jahrzehntelang zurückgehaltenen Vorwürfe an meine Nächsten und Liebsten sprudelten von heut auf morgen über die Oberfläche und machten sich nach Lust und Laune unaufhaltsam Luft, stießen sie vor den Kopf und führten zu hitzigen Auseinandersetzungen. Man hatte es plötzlich mit mir zu tun. Und wer das nicht aushalten konnte oder wollte, hatte Pech oder musste umdenken lernen. Ich hatte wirklich Glück, dass fast alle, die mir wichtig sind, diese Bereitschaft zum Umdenken oder einfach nur ein gewisses Verständnis für meine Veränderung hatten.
Auch gruselig: Depressionen. Es gab herrliche Sommertage und ich hätte jede Freiheit und Möglichkeit gehabt, mir den ein oder anderen Urlaubstag in einem der Freibäder oder Seen der Stadt zu kinderfreien Uhrzeiten zu gönnen. Stattdessen habe ich mich über die undichten Rollos aufgeregt, durch die zwielichtiger Sonnenschein mit tanzenden Staubpartikeln in meine Höhle von Wohnzimmer durchdrang. Manchmal, wenn ich raus MUSSTE, verhielt ich mich wie ein Vampir, der sich von Schatten zu Schatten rettete. Die Sonne hat gebissen, es hat physisch weh getan! Ich kann mir das im Nachhinein genauso wenig vorstellen wie es für mich in jener Zeit unvorstellbar war, dass ich je wieder zu meinem normalen Empfinden zurückfinden würde.
Gleichzeitig war ich wie programmiert auf alles, was Leiden schafft. Alles, was mir ein Unhappy-End versprach, habe ich wie besessen erobert und habe vollkommen unrealistische und unerfüllbare Sehnsüchte entwickelt wie ein Teenager zu seinen Hochzeiten. Ich habe dann die dazugehörigen Playlists mit größtenteils desolaten und deprimierenden Stücken zusammengestellt, die Lyrics dazu geladen und mitgesungen und war komplett drogenfrei eins mit Kurt Cobain und Amy Winehouse.
Lachen: Wenn mich jemand oder etwas zum Lachen gebracht hat, muss derjenige das Gefühl gehabt haben, der Mega-Komiker zu sein. Mein Lachen ging ins tiefste Innere, war leicht hysterisch und hatte dieselben Charakteristika, wie bei einem Auskitzeln, wenn es zu viel wird: Ein Lachen ohne Atem, das freudlos in Erschöpfung übergeht.
Weinen: Allein die Vorstellung von dem Titelbild von der Cap und Capper DVD, die ich mehrfach mit meinem Jüngsten gemeinsam gesehen hatte oder der an Lianen schwingende Tarzan, den ich mir ein Jahr lang mit dem zweiten mehrmals täglich hatte ansehen müssen, ließen mich wie ein Schlosshund aufheulen. Das war kein Tränenvergießen, da wurden Sturzbäche losgetreten.
Feiern: Partys endeten trotz vergleichbar geringerem Alkoholkonsum mit kompletten Filmrissen und übelsten Tagen danach. Früher habe ich mich anders übergeben. Das hier hatte schon was von "Der Exorzist".
DAS KLIMAKTERIUM IST EIN ÜBERWIEGEND PHYSISCHER PROZESS MIT ENORMEN AUSWIRKUNGEN AUF DIE PSYCHE
Inzwischen habe ich mit vielen Frauen aus Familie und Freundeskreis gesprochen, die auch betroffen sind oder waren. Selten hat eine von ihnen ihre Wechseljahre wirklich bewusst durchlebt oder diese zulassen wollen. Der am häufigsten geäußerte Satz, wenn ich nach Anzeichen gefragt habe: „Das ist bei jeder Frau ganz unterschiedlich.“ Wenn auch richtig, eine Antwort ist das wohl kaum. Aber viel mehr als das kommt einfach nicht rum. Dabei treffen immer mindestens zwei der nachfolgenden Symptome auf jede Frau im Alter um die 50 zu:
Plötzliche und rapide Gewichtszunahme
Extreme Luststeigerung
oder aber Frigidität
Selbst kreierte Leiden begleitet von Sehnsucht, Liebeskummer oder Trauer in noch nie gekannter Qualität
Deprimierte Zustände oder ausgewachsene Depressionen
Trennung oder Scheidung vom langjährigen Lebenspartner
Übermäßiger Konsum von Alkohol oder anderen Drogen
Realitäts- und Persönlichkeitsverlust
Wenn ich also drei – oder auch nur zwei - dieser Symptome feststelle, dann kann ich doch wohl eindeutig von einer lebensverändernden Situation sprechen. Für sie und ihn. Und weshalb findet man das nirgends erwähnt?
Dagegen scheint die herkömmliche Liste von „Beschwerden“ während der Wechseljahre relativ handlebar:
Hitzewallung bei etwa 7 von 10 Frauen
Schweißausbrüche bei etwa 5 von 10 Frauen
Herzrasen (ohne statistische Angaben)
Schwindel bei etwa 4-5 von 10 Frauen
Schlaflosigkeit (ohne statistische Angaben)
verminderte Leistungskraft (ohne statistische Angaben)
Nervosität (ohne statistische Angaben)
Depressionen (ohne statistische Angaben)
Kopfschmerzen (ohne statistische Angaben)
Trockene Scheiden (ohne statistische Angaben)
Verlust der Libido
Und selbst hier: Für keines dieser Symptome werden irgendwo zuverlässig wirksame Behandlungen vorgestellt. Abgesehen von (what News!) lindernden Tees, Hausmittelchen, Akupunkturen und gesund erhaltenden Körperertüchtigung gibt es lediglich die medikamentöse Option einer sehr wahrscheinlich krebsfördernden Hormonersatztherapie, die darüber hinaus auch ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle sowie Thrombose darstellt.
KANN MAN DEN ZUG VERPASSEN? JA, UND DANN KOMMST DU UNTERS RAD DER GROßMUTTER-HYPOTHESE UND WIRST WOMÖGLICH AUCH NOCH TODKRANK
Ich weiß nicht, wie alle anderen da draußen das immer schon schaffen. Ehrlich gesagt habe ich begründete Zweifel, ob nicht viele, die die Zeit ihrer Wechseljahre mit "Überstehen" charakterisieren, ein klein bisschen mogeln. Es ist DIE Gelegenheit der Ich-Werdung, wenn man ehrlich zu sich selbst bleibt. Hier gibt es keine Komfortzonen oder "Freios" auf die man sich retten kann. Der Wahrheit ins Gesicht zu sehen ist hier kein Motto, sondern sollte ein starkes Bedürfnis sein. Wenn man nicht danach handelt, ist man dann vielleicht für immer eine Mogelpackung.
Eine hat sich mit 50 scheiden lassen, konsumiert seit über 5 Jahren täglich ein bis drei Flaschen Wein und entlädt ihre kürzlich entwickelte Sexsucht über Chatportale, bei denen sie sich als sogenannte Moderatorin angemeldet hat. Auf meine Frage, wie sie so durch die Wechseljahre gekommen sei: „Ich glaube, ich hatte gar keine Wechseljahre. Die sind ziemlich flockig an mir vorbeigezogen. Toi toi toi.“
... MOGELPACKUNG
Eine Bekannte, die ihren Mann verlassen hat, shakert sich durch Datingportale, macht das Nachtleben unsicher und sich selbst ununterbrochen Komplimente. Ich: „Wie ist es bei dir, wie hast du die Wechseljahre bisher erlebt?“ Sie wirft ihren toupierten Rotschopf nach hinten und sieht mich aufreizend an: „Ich erlebe die Wechseljahre als eine Riesenparty, mir geht’s super! Hey sieh mal da, der Barbesitzer, der steht schon seit Jahren auf mich, ist aber nicht ganz mein Fall.“ Winkt ihm zu. Ihn erfasst sichtlich das Grauen. Er verschwindet zur Hintertür. Sie: „Siehst du? Der Arme, der erträgt meinen Anblick noch nicht mal mehr.“
... SUPERMOGELPACKUNG
Oder so: Ich fahre mit dem Auto die Straße entlang. Auf dem Bürgersteig sehe ich ein junges Mädchen von hinten. Auffällig geschmackvolles jugendliches Outfit, der Gang spätestens durch den auf und ab hüpfenden Pferdeschwanz beschwingt, ich sehe Pastelltöne durch einen Softfilter im Sonnenschein … Im Vorbeifahren drehe ich mich um und sehe das Gesicht einer alten Frau, wirklich faltig. Der Effekt war ähnlich dem Horror, den ich bei „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ empfunden habe, als das rote Mäntelchen … stooop! Spoileralarm. Guckt euch den Film an, ist Kult.
... PEINLICHE MOGELPACKUNG
Es gibt noch viele weitere Beispiele dafür, wie man sich dem Umwandlungsprozess nicht stellt. Es gibt Frauen, die nur darauf gewartet zu haben scheinen, in der Großmutterrolle aufzugehen und das fortführen zu können, woran sie als Mutter gewöhnt waren, eine scheinbar dankbare Ablöse. Es läuft immer auf eines hinaus: Entweder leiden die Frauen oder sie machen sich etwas vor. Keine ist so wie sie früher mal war. Die einzige Chance, da rauszukommen ist die Auseinandersetzung mit dem Thema. Und die Gesellschaft lädt dich nicht gerade dazu ein.
Erst dachte ich, es ist kein salonfähiges Thema, denn die meisten Frauen schweigen sich darüber aus. Tabu, weil keine gerne darüber spricht, dass sie gerade „biologisch verblüht“ und ihrem „fraulichen Winter“ entgegensieht. Und wenn man es nach der anthropologischen Biologie genau nimmt, ist die Frau ihrer Lebensberechtigung beraubt, sobald sie keine Kinder zeugen kann. Denn so sieht es im übrigen Naturreich nun mal aus. Fast alle anderen weiblichen Lebewesen geben den Löffel mit ihrer Infertilität ab bzw. sind bis zu ihrem Lebensende fruchtbar. Vielleicht ein Irrläufer der Evolution, dass wir Menschenfrauen weiterleben dürfen. Vielleicht stimmt ja auch die Großmutter-Hypothese, nach der wir als Enkel-Sitterinnen so dringend benötigt wurden, dass die Natur bei uns über die Zeit ein Auge zugedrückt hat.
So gesehen wird etwas besser verständlich, warum das Thema nicht auf die Bühne gebeten und da auch kein Scheinwerferlicht draufgehalten wird.
GREY DIVORCE - UM DIE 50 GIBT ES DIE MEISTEN TRENNUNGEN
Die Scheidung um das 50. Lebensjahr herum ist überproportional gestiegen, kommt gegenüber allen anderen Jahrgängen mittlerweile mit Abstand am häufigsten vor und hat sich in der Soziologie eine eigene Bezeichnung erworben. Die graue Scheidung oder auch „Grey Divorce“ ist ein Phänomen, das auch in meinem Freundes- und Bekanntenkreis die große Runde macht. Viele der noch nicht getrennten Ehepaare warten nur darauf, dass die Kinder aus dem Haus sind, um sich, ohne großen Schaden anzurichten, trennen zu können. In den meisten Fällen scheint der schnelle Entschluss besser, als zu warten, bis dass der Tod sie scheidet. Das ist heute eine verdammt lange Zeit. Man überlege mal. Das können heute zusätzlich 30, manchmal 40 Jahre und mehr werden. Das muss man schon wollen.
Sind daran nur ihre Wechseljahre Schuld? NA JA, JAIN!
Für SIE gilt laut Studien vollkommen undramatisch:
In den Wechseljahren sinkt der Östrogenspiegel, im Gegenzug steigt das Testosteron, die Folge: Die Frauen werden durchsetzungsfähiger, sie sind entschlossener im Handeln. Sie setzen Prioritäten – und setzen sie auch durch."
Wenn man das so liest … Her mit dem Testosteron für Sie! Oder? Schon im Teenageralter. Dann kommt es gar nicht erst zu dem Frauchen-Fail. Alternativ sonst in der Menopause Östrogene einwerfen, um bestenfalls nichts mitzukriegen und so zu bleiben wie „frau“ ist (wortwörtlicher Rat meines Frauenarztes, den ich daraufhin nach 30 Jahren Treue wechselte).
Im Schattenreich dieses Statements finden mitunter familiäre Katastrophen, Depressionen, unsäglicher Ich-Verlust, würgende Sehnsüchte und je nach Veranlagung Erotik-Nullpunkt oder Sexsucht statt. Über Monate und Jahre hinweg.
Das, was einen überkommt, kann ein ganzer Tsunami sein, gebildet aus jahrzehntelangen unterdrückten Beben, die plötzlich aufbrechen und mit einer einzigen Welle eine unbescholtene Ehe überschwemmen, Sandkastenfreundschaften ertränken, Familienbande zerstückeln. Alles, weil die betroffene Frau recht plötzlich mehr als klarsieht und verschärft spürt, was sie bisher über sich hat ergehen lassen. Das kann schon mal zu krassen Entscheidungen führen. Wichtig ist hier wie überall: Nichts übereilen. Endgültige Entscheidungen haben hier noch nichts verloren. Hier ist erst einmal der eigene Wiederaufbau angesagt.
WIR SIND HEUTE MIT 50 "JÜNGER" ALS ES UNSERE MÜTTER MIT 35 WAREN
Es stehen einer 50jährigen beruflich heute noch so viele Türen offen und Portale ohne Ende für neue Beziehungen oder einfach nur One-Night-Stands. Für Hobbys und Freizeit gibt es weder körperliche noch geistige Einschränkungen (Undenkbar früher als ich im Teenager-Alter war: meine Eltern im selben Club, damals "Disco" genannt, wie ich. Oder nur: meine Eltern hören dieselbe Musik wie ich. Oder: Meine Eltern schicken mit 50 noch Bewerbungen raus. Oder: Der Lebenslauf hat mehr als fünf Etappen, oder Eltern powern sich im Fitnessstudio aus, wahahahaha …) Ihr wisst was ich meine. Bei denen war mit 50 kurz vor Feierabend. Sie wussten da noch nicht, dass ihre Lebenserwartung nicht nur sie selbst überraschen würde.
Heute ist eine Frau mit 50 nicht nur in der Mitte ihres Lebens oder in der zweiten Lebenshälfte angelangt. Sie hat mit 50 ein Leben gelebt und ist gleichzeitig wieder ganz am Anfang. Ein zweites, neues Leben bietet sich jeder Frau an, die um diesen Altersgrat herumwandert und winkt mit der verführerischen Vorstellung vom Erwachen in frischgewaschenen, gestärkten Laken. Es lodert das so lange entbehrte Feuer der Sehnsucht nach Erfüllung. Dies kann Selbstverwirklichung auf unterschiedlichsten Ebenen sein, eine neue Liebe, eine berufliche Herausforderung oder einfach nur die Erkenntnis, dass die alte Partnerschaft nie gut für sie war und die Trennung die Erfüllung ist. Aber Vorsicht! Entbehrungen gibt es überall. Will sagen, schlummernde Sehnsüchte, die hat jede von uns, weil wir nun mal nicht alles haben konnten auf unserem bisherigen Weg. Normal.
Wenn die Sehnsucht in der Perimenopause ausbricht, kann es leicht passieren, dass sie sich prominenter macht als sie ist. Und dann kann sie dich ganz schön irreführen, weil sie auf der Stelle erhört werden will. Da gibt es so manche Kurzschlussreaktionen, Entscheidungen die versprechen, schnell zum Ziel zu führen. So passiert es, dass du einen Last-Minute-Flug findest, der dich in lang ersehnte Gefilde bringen soll und landet mit dir nach strapaziösen Zwischenlandungen mit Wartezeiten und auf Umwegen direkt vor deiner eigenen Haustür. Tue nichts überstürzt. Das Wegwerfen braucht in unserer Zeit einzig einen Recycling-Gedanken und schon wirkt er voll berechtigt. Die Freiheit, in der wir leben, ist eine große Verführung und begünstigt mit ihrer Toleranz und ihren Möglichkeiten mitunter ein überstürztes Buchen von Never-Come-Back-Lines.
ALLES AUF ANFANG?
„Nullpunkt“, "Neuanfang", "Reset", ... alles meiner Meinung nach recht optimistisch gewählte Bezeichnungen für einen längst geschlüpften Schmetterling mit Ikarus-Komplex. Während Pubertierende mit ihrem Hormonumsturz noch ein komplettes Leben inklusive Familienplanung vor sich haben, ist man um die 50 mit einer Prägung versorgt: einem Riesenpaket an Erinnerungen an ein bereits gelebtes Leben und (Ehr)furcht vor falschen Entscheidungen.
HELFER: MEINE DREI WICHTIGSTEN INSTRUMENTE FÜR DAS ICH-REMAKE
Bevor ich zu den Lösungswegen komme, die mir geholfen haben, ist es ganz wichtig noch einmal festzuhalten, dass ich mir die volle Dröhnung gegeben habe. Angefangen damit, dass die Perimenopause bei mir kurz nach meinem Rauchstopp (nach 35 Jahren) einsetzte, ich jedwede Art von Hormonersatz verweigere und extrem auf Hormonschwankungen reagiere. Es muss bei euch also bei Weitem nicht so dramatisch kommen, wie ich es schildere. Andererseits hat mir die Intensität der Erfahrung erlaubt, alle Veränderungen bewusst zu erleben und sie waren so präsent, dass sie sich meiner Beobachtung gar nicht entziehen konnten. Und bevor ich die Lösungen für mich hatte, hatte ich nur das. Die Gewissheit, dass alles aus dem Ruder läuft. Und ich habe es aus dem Ruder laufen lassen. Das gehört leider auch dazu.
Während all der Zeit habe ich Tagebuch geführt und habe dabei festgestellt, dass ich trotz oder gerade wegen der ganzen Misere erstaunlich ehrlich zu mir war. Das war nicht immer schön. Es betraf sowohl meine eigenen Unzulänglichkeiten als auch die anderer. Ein gesundes Abwägen, wann die Wahrheit ans Licht muss und wann sie lieber ruht, stellt sich erst mit ein bisschen Übung ein. Man schraubt auch irgendwann den Twightlight-Filter vor dem Objektiv wieder ab.
Seit einigen Monaten bin ich "wieder da". Ich fühle mich der Erde verbunden, in meinem Körper wieder zuhause, den Menschen wohlgesonnen und statt mich morgens zu fragen, wofür ich eigentlich aufstehen soll, freue ich mich auf den neuen Tag und kann mich für so vieles begeistern, dass ich nicht mehr weiß, wann ich mich über all das freuen kann. Es ist wie ein wiedergewonnenes Leben und zugleich ein Neuanfang.
Es ist anders als vorher. Man fing sich zwischendurch, kriegte sich wieder ein, dachte `Jetzt komme ich da raus, jetzt wird es klappen.´ Und dann doch nicht. Dann wieder. Und wieder nicht geschafft ... Das Ich-Remake braucht mehrere Anläufe, bevor es mit der Umsetzung klappt. Also nicht gleich frustriert sein. Man nähert sich der Selbstveränderung am besten in kleinen Schritten und findet für sich währenddessen die beste Methode heraus. Die ersten gescheiterten Versuche sind kein Scheitern, sie sind als Annäherung an das Ziel zu sehen.
Da ich mich selbst gecoacht habe, sind die entwickelten Methoden sehr individuell und beruhen auf meinen subjektiven Erfahrungen:
SPORT UND FRISCHE LUFT
Ihr erinnert euch an meinen ersten Satz ganz oben mit dem "Luft rauben"? Da holt ihr sie euch wieder. Beim Spazierengehen, Wandern, Walken, Laufen, Fahrradfahren. Wichtig ist, ihr atmet sie in vollen Zügen ein. Dazu ist nun mal eine gewisse körperliche Anstrengung beim Inhalieren notwendig. Nur so tankt ihr auf Vorrat davon. Es gab Walks, da bin ich je nach Musikstück euphorisch losgerannt, um dann bei einem traurigen Stück zu verlangsamen und einfach mal auf einem Baumstumpf zu sitzen und loszuheulen. Ich brauchte das. Und das Alleinsein dort auch.
Andererseits habe ich für mich das Wandern entdeckt. Vorher eine schöne Wanderroute aussuchen, am besten bereits im Vorfeld abchecken, welche Einkehrmöglichkeit am Ende der Route vorhanden ist. Mit Freundinnen über 10 bis 20 Kilometer durch die Landschaft ziehen, im Ernst gemeinsam quatschen oder ausgelassen lachen, danach schön einkehren und sich ein wohlverdientes Mahl oder/und Bierchen gönnen. Das ist ein sehr kostengünstiger und nachhaltiger Kurzurlaub von allen Sorgen.
Man kann noch mehr für seine Ausgeglichenheit tun. Ich mache noch zusätzlich Yoga und Zumba. Yoga gewährleistet auf eine relativ entspannte Weise die Muskelstärkung in Rücken, Beckenboden, Bauch und Armen und sorgt gleichzeitig für Entspannung, Biegsamkeit und Konzentration. Bei Zumba kann ich mich richtig auspowern. Weil mir Tanzen wahnsinnig viel Spaß macht, merke ich die Anstrengung fast überhaupt nicht.
Bei jedem ist es anders und man muss für sich selbst herausfinden, was die beste Mischung ist. Wenn Spazierengehen reicht, auch gut. Nur passiv bleiben darf man nicht.
TAGEBUCH UND SELBSTGESPRÄCHE
Die Kunst dabei ist es, sich selbst loszulassen und von außen zuzusehen. Setz dich hin, nimm den Stift in die Hand und schreib von mir aus, was du gerade tust. Denk nicht nach, sondern schreib! Angenommen du setzt das in die Tat um, könnte das so aussehen:
Jetzt sitze ich hier mit dem verdammten Stift in der Hand, genauso wie die das empfohlen hat, und versuche nicht nachzudenken über den Vorfall eben auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt ... wieso muss ich jetzt daran denken? Blöde Kuh, die mir mit dem Einkaufswagen in die Hacken gefahren ist und dann abgedampft ist, ohne eine Entschuldigung oder auch nur einem "huch" ...
Und schon bist du da, wo du hin musst, um dir deine Katharsis zu verschaffen. Was war da los? Warum hat dich das geärgert? Wieso hast du so und nicht anders reagiert? Versuch nicht zu denken "Beim nächsten Mal ..." oder "Hätte ich doch ...", sondern bleib bei dem, was war bzw. ist. Bleib bei dir und finde heraus, warum du mit deiner Reaktion oder dem Verlauf der Aktion nicht zufrieden bist. Bleib ehrlich zu dir selbst, aber verurteile niemanden und nichts, sondern erfühle im Nachgang noch einmal bewusst und langsam, was du bei der Aktion gefühlt hast. Schreib es auf. Warum hat die nicht mal Entschuldigung gesagt? Blöde Kuh! Ja, du darfst ruhig Klartext sprechen. Es ist dein Tagebuch. Und es ist etwas, das uns irgendwie abhanden gekommen ist: Handfeste Reaktionen. Tut gut. Oder? Möglich, dass diese gedachten Reaktionen bald im Alltag wirklich werden. Man darf und muss in manchen Situationen seinen Standpunkt beziehen und klar machen.
Fang an, Selbstgespräche zu führen. Artikuliere, was du denkst. Hinterfrage was du gerade gesagt hast und antworte darauf. Du trainierst auf diese Weise eine gewisse Eloquenz, wenn es dann mal in die Wirklichkeit geht.
Natürlich bediene ich mich jetzt eines profanen Beispiels, ich packe jetzt nichts tiefer Gehendes aus. Aber bei allem anderen funktioniert es nicht anders. Und wenn du irgendwann mehr oder weniger versehentlich einfach aussprichst, dass du nicht einverstanden bist, hast du deine ersten Schritte in die Freiheit getan.
Ich habe zum Beispiel auf diese Weise, nach mehreren Einträgen dieser Art, endlich kapiert, dass ich meine Leben lang geglaubt habe, dass ich "über den Dingen stehen" muss. Wie lächerlich das ist, ABER auch wie anmaßend von mir (über anderen stehen zu wollen)! Das ist eine Sache. Wie schädlich für jedes Miteinander und wie schlecht für die Gesundheit, ist die viel gravierendere.
Was immer deine Schwäche ist, du kannst ihr auf diese Weise gut auf die Schliche kommen und deinen eigenen Plan erarbeiten, damit umzugehen. Eine Veränderung bleibt dann nicht aus.
LEBEN, ZIELE, KÖRPER, SPASS - BITTE EINMAL NEU SORTIEREN
Als alter Prokrastinierer hatte ich es immer mit ellenlangen und never-ever zu bewältigenden To-Do-Listen und der daraus folgenden Unzufriedenheit zu tun, einem ständig latent vorhandenen schlechten Gewissen sowie einer dumpfen beängstigenden Vorstellung. Nämlich der, dass das die Belastung durch das von mir hinterlassene Chaos und die gigantische Ansammlung an noch zu gebrauchendem Zeug nach meinem Ableben mehr Genervtsein als Traurigkeit bei den Hinterbliebenen produziert.
Wenn du das alles so nicht kennst, dann bist du vielleicht super organisiert, aber kannst nicht gut einschlafen, weil dir ständig im Kopf rumgeht, was noch zu tun ist, damit es so bleibt, was zu erledigen ist, Termine, Einkäufe und und und ... Oder du wachst mit diesen Gedanken morgens viel zu früh auf. Dann bist du ein anderer Typ, aber genauso wie ich bist du gebeutelt von der Erledigungspanik.
Es gibt eine wunderbare Methode, diese stressgebenden Momente zu minimieren. Ich habe sie für mich in Form des "Bullet Journal" entdeckt und benutze außerdem eine Wiedervorlage-Mappe, in die ich selbsterklärende Pflichten, die in Papierform reinschneien, einerseits so verteilen kann, dass sie rechtzeitig bearbeitet werden können und andererseits nicht in Vergessenheit geraten.
Zum Bullet Journal gibt es so viele Beiträge im Netz und so viele verschiedene Möglichkeiten "how to bullet-journal", dass es überflüssig wäre, das Phänomen hier auch noch in allen Details zu erklären. Aufs Minimum gebracht: Es ist ein Heft, ein Block oder bereits ein Kalender (ohne Inhalt), den du zu deinem persönlichen Ziele-Kalender gestalten kannst. Das erinnert zunächst einmal an des Kaisers neue Kleider, ja. Und ehrlich gesagt, habe ich diesen Trend erst entdeckt, nachdem ich bereits so etwas in der Art für mich selbst erfunden hatte. Allerdings brauchte ich einen elektronischen Kalender, einen Kalender mit Tagesansicht, ein Tagebuch, einen weiteren Block für die Wochen- und Einzeltagesplanung sowie ein Tagebuch dafür.
Ich hatte zunächst spontan angefangen, meine Tätigkeiten im elektronischen Kalender festzuhalten, nach Themen zu sortieren und farblich zu markieren. Super umständlich. Es war als wollte mein Unterbewusstsein mich mit dieser sinnlos scheinenden Beschäftigung darauf stoßen, dass meine vermeintlich bequeme Situation gar keine solche ist.
Später erfuhr ich, dass das eine Methode beim bullet-journal ist, die sich "habit-tracking" nennt. So habe ich zunächst überrascht festgestellt, dass ich für einen 20-Stunden-Job bei einer Verteilung auf fünf Tage zusätzlich 50% für das Drum und Dran aufwende und viel zu wenig kopffrei habe. So erkennst man, dass die vermeintliche Komfortzone eine Falle war. Ergo: Ich habe mir schleunigst einen Job gesucht, bei dem ich statt 5x 4 Stunden an drei Tagen 20 Stunden arbeiten kann und spätestens zur normalen Feierabendzeit damit durch bin. Seitdem habe ich von Donnerstag an "Wochenende" und Zeit am Stück, mich den wichtigen Sachen zu widmen. Nur so als Beispiel. Es gibt aber auch andere schlechte Angewohnheiten und ihre Ursachen, denen man auf diese Weise auf die Schliche kommen kann und plötzlich klarer sieht und zu ändern bereit ist.


Du kannst dir selbst überlegen, ob du dir für den Tag, für die Woche, den Monat, das Quartal oder Jahr Ziele setzt. Ich hatte mit Monatszielen begonnen, hatte jedoch bereits ein übergeordnetes Halbjahresziel im Kopf. Schnell hat sich in den ersten zwei Monaten herauskristallisiert, dass es für mich besser ist, meine Monatsziele auf Wochen zu vierteln, damit sie mir immer vor Augen sind und ich dran bleibe.
Von da aus hatte ich sie besser unter Kontrolle und vernachlässige nichts. Dabei ist das eine mehr Arbeiten, das andere mehr Vergnügen. Man hat die Mischung selber in der Hand. Wichtig ist dabei die bald gelernte Zuversicht, dass alles von dir bewältigt werden kann und alles läuft. Das ist als hätte dem Sisyphos endlich mal jemand den blöden Stein abgenommen und einen Luftballon in die Hand gedrückt.
Nicht Alltagsbewältigung, sondern Befreiung von schlechtem Gewissen und Selbstverwirklichung stehen hier auf dem Tapet.
BUCHTIPP
Naturgegeben gibt es viele Frauen in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, die sich für das Thema brennend interessieren und mich aus Ermangelung an bereitwilligen Informationen durch die Medien bereits fragen, wann ich den Beitrag endlich fertig haben werde.

Kurz vor der Fertigstellung meines Artikels fand meine Schwester ein Buch, das mich endlich - und in diesem Maße völlig unerwartet - in allem bestätigt und mir gleichzeitig die größte Unsicherheit meines Lebens erspart hätte, wäre es mir rechtzeitig in die Hände gefallen. Dr. med. Christiane Northrops Werk "Weisheit der Wechseljahre" ist aus der ganzheitlichen Sicht einer Gynäkologin, Mutter und Ehefrau innerhalb unserer Gesellschaft geschrieben und in jeder Hinsicht höchst aufschlussreich. Ein unglaublicher Helfer, auch für noch nicht Betroffene.
KRANKHEITEN VERMEIDEN
Auch unter den Noch-Nicht-Betroffenen gibt es in meinem Freundeskreis extreme Unterschiede, was die Bereitschaft angeht, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Von einer Freundin um die 50 wurde ich gebeten, das Thema mit ihr nicht zu besprechen, weil sie zu viel Angst vor dem Phänomen bekommen würde. Eine 30jährige freut sich auf diesen Artikel, weil sie ihrer Mutter helfen möchte, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, aber auch gerne vorbereitet sein will. Genau wie man einer Noch-Nicht-Mama die Verwandlung während der Schwangerschaft und vor allem nach der Geburt des ersten Kindes wenig nahe bringen kann, so lässt sich die Verwandlung während der Wechseljahre vorab kaum erklären.
Es ist aber wichtig zu wissen, dass eine fehlende Auseinandersetzung mit dem Thema und mit sich selbst, anders als beim Thema Geburt, gefährliche Krankheiten nach sich zieht. Dies hätte ich als Behauptung als intuitiver Mensch, der ich bin, so stehen lassen müssen. Aber nun kann ich Frau Northrup in diesem Zusammenhang zitieren:
"Sehr oft ist das, was nachgibt, die Gesundheit der Frau, und das Ergebnis ist eine der "großen drei" Krankheiten von Frauen in den Wechseljahren: Herzerkrankung, Depressionen und Brustkrebs (manchmal sogar in Kombination)".
DER STEINIGE WEG KOMMT WIE IMMER MIT EINER BELOHNUNG DAHER
Auch hier danke ich für die Bestätigung meiner Bauch-Überzeugung der Wissenschaft und Forschung, die ich in "Weisheit der Wechseljahre" fand und damit kein besseres Ende für meine wichtigste Aussage hier treffen konnte:
"Nach einer Gallup-Umfrage aus dem Jahre 1998, die auf dem Jahrestreffen der North American Menopause Society vorgestellt wurde, fühlen sich mehr als die Hälfte aller Nordamerikanerinnen zwischen 50 und 65 Jahren in diesem Stadium ihres Lebens am glücklichsten und ausgefülltesten. Verglichen mit der Zeit, als sie in ihren Zwanzigern, Dreißigern und Vierzigern waren, hatten sie das Gefühl, ihr Leben habe sich in vieler Hinsicht verbessert ... Mit anderen Worten, die konventionelle Sicht der Wechseljahre als ein furchteinflößender Übergang, der den Anfang vom Ende ankündigt, könnte falscher nicht sein."
ES LIEGT WIRKLICH NUR AN DIR, WAS DU DARAUS MACHST

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