Konzertkritik – Tom Hengst
Für gewöhnlich funktionieren Rapkonzerte so: Zu Beginn spielt der Künstler zwei, drei aktuelle Hits, heizt das Publikum auf, das sich von Moshpit zu Moshpit durch den Abend tanzt. Bei diesem werden in der Menge Flächen freigeblockt, in die die Fans reinspringen. So hatte es sich wohl auch der junge, aufstrebende Rapper Tom Hengst vorgestellt.
Die Bedingungen im Ampere waren perfekt. Ein kleine, enge Halle, in der die Bässe wummern. 500 junge Menschen, die schon eine halbe Stunde vor Beginn eng an eng stehen und auf Hengst warten, der mit seinen Texten über das Aufwachsen in Armut und Kriminalität elektrisiert.
Seit Wochen war die Show ausverkauft, schließlich gehört Hengst zu den Deutschrap-Newcomern. Er gibt an diesem Abend alles und rapt ohne Backup, also ohne einen Nebenkünstler, der bei Atempausen aushilft. Das Bühnenbild zeigt eine Hamburger Szenekneipe im Laternenlicht. Der Norddeutsche tritt mit Sonnenbrille, Burberry-Kappe und weitgeschnittener Kleidung auf. Hengst tigert über die Bühne, will das Publikum motivieren. Doch der Funke springt nicht über. Von der Intimität alter HipHop-Konzerte bleibt so wenig.
Hengst macht das schnell wett, wenn er sauber die Beats trifft und mehrere Verse durchrapt, als würde das für Normalsterbliche nicht akute Atemnot bedeuten. Aber auch er verliert irgendwann die Geduld. Einen der letzten Songs bricht Hengst in der Mitte ab, um zu seiner Zugabe zu kommen. Zwei Lieder, die das Ampere kennt und die endlich für das erhoffte Gefühl sorgen. Moshpits gehen auf, T-Shirts kleben, alles hüpft. Eine kleine Kostprobe, wie es sein könnte. Dann ist die Show vorbei.
erschienen im Münchner Merkur vom 08. März 2024