Seit Grönland fährt sie nur noch Fahrrad. Oder Bus und Bahn. In Neukirchen-Vluyn, einer Stadt am Niederrhein mit knapp 29.000 Einwohnern, in der Ploenes lebt, ist das Land platt. Eigentlich fährt es sich gut mit dem Rad. Aber es schränkt das Leben auch ein.
Mobilität ist aber nicht das Einzige, wobei die Rentnerin für das Klima zurücksteckt. Sie isst kaum Fleisch. Vor allem Obst und Gemüse. " Hier aus der Region."
"Wenn ich an die Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder denke, könnte ich heulen." Elke Ploenes, Bürgerin von Neukirchen-Vluyn Klimaschutz hängt vom Geldbeutel abElke Ploenes ist auch bei Social Media aktiv - dort schreibt sie über das Klima; sogar die BBC folgt ihr. Sie redet im Café darüber und sie lebt klimafreundlich. Zumindest so gut sie kann. Der Realitätscheck zeigt: Selbst bei überzeugten Menschen wie Ploenes gibt es ein Problem. Klimaschutz hört da auf, wo der Geldbeutel ins Spiel kommt.
Ploenes bekommt Grundsicherung. Sie lebt in einer Etagenwohnung. Altbau. Nachtspeicherheizung. 400 Euro Kaltmiete, 223 Euro Strom, 80 Euro sonstige Nebenkosten. Nachhaltig heizen? Ist hier nicht drin, alternativ dreht sie die Heizung runter. Nur das Wohnzimmer hat 20 Grad. "Ich brauche einen warmen Raum in der Wohnung", sagt Ploenes.
Der Vermieter wolle nicht investieren - zumindest noch nicht. Nicht in eine neue Heizung und auch nicht in Photovoltaik. Gegenüber sehe es da schon anders aus, sagt Ploenes und zeigt auf den Garagenhof auf der anderen Straßenseite. " Da sind auf allen Garagen PV-Anlagen drauf", sagt sie.
PV-Anlage auf dem Dach, E-Auto vor der TürAm anderen Ende der Stadt wohnt Familie Röhder - in einem Reihen-Eckhaus. Vater Matthias Röhder hat 2018 die Ortsgruppe Parents for Future Neukirchen-Vluyn gegründet.
Eigentlich habe er seiner damals 15-jährigen Tochter helfen wollen, die sich bei Fridays for Future engagiert. " Ich wollte Tipps geben", erzählt er. Die Tochter wollte keine Tipps vom Vater. Sie sagte:
"Ihr habt das die letzten 40 Jahre verkackt. Mach deine eigene Gruppe." Tochter von Matthias RöhderDanach, sagt Matthias Röhder, habe er sich " erst mal in die Schmollecke verkrochen". Dann sei er dem Rat der Tochter gefolgt. Manchmal werde er als Gutmensch beschimpft, manchmal als Öko, sagt Matthias Röhder. Das pralle an ihm ab. Natürlich könne der Einzelne nichts bewegen. Aber es brauche Vorbilder, auch deshalb gehe er auf die Straße - und helfe anderen.
Als der Strom teuer wurde, kamen die FragenAnders als Elke Ploenes leben die Röhders in einem Haus, das ihnen gehört. Deshalb konnten sie es dämmen und eine PV-Anlage aufs Dach setzen. Zwischen Garage und Hauseingang lädt das E-Auto. Am Anfang hätten manche Nachbarn die PV-Anlage auf dem Dach kritisch beäugt. Dann kam der Ukraine-Krieg, Strom wurde teuer - und die Leute suchten das Gespräch. Wo ist die Anlage her? Wie viel Strom produziert sie? Was ist besser - mieten oder kaufen?
Die Röhders haben ihre PV-Anlage gemietet. "Wir würden das auch wieder tun", sagt Matthias Röhder. Sein Tipp für Menschen, die sich auch für eine PV-Anlage interessieren: " viele Angebote einholen, viel vergleichen".
Auch Elke Ploenes hat schon von Matthias Röhder gehört. Sie würde ihn gerne kennenlernen, zu den gemeinsamen Treffen von Parents for Future in die Kulturhalle von Neukirchen-Vluyn kommen. Aber die Treffen sind abends - und bald wird es wieder früh dunkel. Im Dunkeln noch mit dem Rad durch die Stadt? " Das ist mir nicht geheuer", sagt sie.