Ronja von Rönne war das It-Girl des literarischen Lebens, unperfekt, streitbar, strauchelnd, mit einer Anziehungskraft, die zum Fluch wurde. Jetzt hat sie ihren zweiten Roman veröffentlicht. Treffen mit einer, die dem Hype entwachsen will.
Ronja von Rönne öffnet die Haustür mit einem Lachen, sie hat gerade die erste Kritik über ihr neues Buch gelesen. Die Schriftstellerin hat in ihre Wohnung eingeladen, in der sie mit ihrem Mann lebt. Ins hübsche, ruhige Kreuzberg, nicht das laute, dreckige Kotti-Kreuzberg.
Normalerweise trifft man Journalisten lieber an einem weniger verräterischen Ort, zum Beispiel im Café, gerade wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Aber Rönne hat nie eine Grenze zwischen ihrer Autorenfigur und dem Privatleben gezogen, sie schreibt und postet stets persönlich, und dann ist sie einfach pragmatisch: "Ist doch gemütlicher hier." Stimmt. Kerzen brennen, ein großer Hund neben ihr, eine Katze streift über den knarzenden Dielenboden.
Rönnes altes Markenzeichen, der Bubikragen, fehlt, statt Hemd trägt sie einen weiten roten Pullover. Nur ihren Dutt bindet sie genauso unachtsam, wie man es aus den Bildern in der Zeitung, ihrer Moderatorenrolle bei Arte oder von Instagram kennt. Die Tage der Literaturszene-Provokateurin, die in einem Spiegel-Artikel"Schmollmundfatalistin" genannt wurde, die "halb Berlin-Mitte", vor allem aber den Autor verrückt zu machen schien, will sie jetzt hinter sich lassen, um sanftere Töne anzuschlagen. ...
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