Lutz Jäkel

Foto- und Videojournalist, Autor, Vortragsreferent, Berlin

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Jordanien: Beduinen, Monarchie und kein Wasser

Jordanien ist ein junger Staat. So wie alle Länder des Vorderen Orients. Die Briten hatten zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts den Arabern mit dem Sieg über die Türken ein unabhängiges arabisches Reich versprochen. Daraus wurde nichts, Briten und Franzosen hatten noch während der Kämpfe das osmanische Reich unter sich aufgeteilt, so entstand mit dem Lineal gezogen nicht nur Palästina, Syrien, Libanon und Irak, sondern auch das haschemitische Königreich. Es ist nur wenig größer als Bayern, und davon sind gut 80 Prozent Wüste. Im Gegensatz zu seinen Nachbarn hat es allerdings kein Erdöl, aber reichlich Phosphat, dessen Verarbeitung zu Dünger ist der bedeutendste Industriezweig. Und Jordanien bietet eine einzigartige touristische Vielfalt, sie ist neben dem Dienstleistungssektor der wichtigste Devisenbringer des Landes.

Obwohl das Königshaus nicht beduinischen Ursprungs ist, sondern die Haschemiten einst in Mekka Händler waren, wird die beduinische Tradition Jordaniens hoch gehalten. Die Wüstensteppe ist trocken, doch zartes Grün lassen die Böden als Weiden für Kamele und Schafe nutzen. Beduinen, die von Weide zu Weide ziehen, gibt es allerdings in Jordanien nur noch wenige. Mit dem Aufkommen der Nationalstaaten veränderte sich das Leben der Beduinen, plötzlich gab es Grenzen auf ihren Wanderungen, zudem hielt man ihre Wirtschaftsform für rückständig. Ein Teil von ihnen schaffte den Wechsel zu sesshafter Landwirtschaft, wo sie im Regenfeldbau Weizen und Gerste anbauen.

Wasser ist Mangelware in Jordanien. Nur am Rande des Jordans und in einigen Hochebenen ist Landwirtschaft möglich, dort gedeiht allerdings paradiesisches: Getreide, Wein und Oliven, Granatäpfel, Datteln und Feigen, Zitronen, Orangen und sogar Bananen. Doch womöglich nicht mehr lange. Mit dem Verlust des Westjordanlandes 1967 an Israel ist Jordanien auch die Kontrolle über den Jordan entglitten, Israel pumpt so viel Wasser auf ihre Felder in der Negevwüste, dass der Fluss nur noch ein Rinnsal ist.

Politisch kommt Jordanien eine Sonderrolle zu, denn etwa Zweidrittel der Bevölkerung sind palästinensischen Ursprungs, Flüchtlinge der verschiedenen israelisch-arabischen Kriege seit 1948. Daher ist die Stabilität zu seinem Nachbarn von großer Bedeutung. Der verstorbene König Hussein, der 1994 mit Israel einen Friedensvertrag schloss, beschrieb sein Land mal als „ein ruhiges Haus in einer lauten Nachbarschaft.“ Der heutige König Abdallah II. setzt mit seiner attraktiven Frau Rania (auch sie stammt aus Palästina) diese diplomatische Politik seit der Thronübernahme 1999 fort. Nicht uneigennützig, denn Jordanien hat zwar im arabischen Vergleich die bestausgebildete Bevölkerung, aber es ist stark von Zuschüssen, Krediten und Finanzspritzen aus dem Ausland abhängig.

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Dieser Text ist ein Auszug aus einem Lexikon-Artikel der Brockhaus-Reihe "Die Welt - Vorderasien"