Der Bundesgrenzschutz gibt sich unbürokratisch: Bei "unseren Studenten", so die Beamten, drücke man schon mal ein Auge zu. Für den kleinen Grenzverkehr des akademischen Nachwuchses zwischen Frankfurt (Oder) und der polnischen Partnerstadt Slubice reicht der Studentenausweis aus. Eigens wurde eine "Studentenspur" eingerichtet. Rund 550 Polen studieren derzeit an der Viadrina. Die meisten leben jedoch auf der anderen Seite der Oder, in polnischen Studentenheimen. Sie müssen jeden Tag mindestens zweimal die Grenze passieren. In ihrem Heimatland zahlen sie rund 60 Mark Miete, in Frankfurt (Oder) wäre diese zwei- bis dreimal so hoch. Und das bei einem durchschnittlichen Stipendium von 300 Mark."Die Stipendienhöhe liegt am unteren erträglichen Rand", sagt Krzysztof Wojeiechowski, Verwaltungsleiter des Collegiums Polonicum. Dieses Lehr- und Forschungsinstitut soll als gemeinsame Einrichtung der Viadrina und der Adam-Mickiewicz-Universität Posen (Poznan) in Slubice entstehen. Damit wird die Europa-Universität im Nachbarland nicht mehr nur mit Studentenwohnheimen vertreten sein.Die Häuser des Collegiums existieren bereits als Holzmodell: ein Hauptgebäude mit rund 19 000 Quadratmeter Nutzfläche, wovon allein ein Viertel für die Bibliothek, der Rest für Hörsäle, Seminar- und Verwaltungsräume vorgesehen ist. Dazu ein Wohnheim für 750 Studenten, das bis Oktober nächsten Jahres fertig sein soll. Später kommen weitere 240 Wohnheimplätze hinzu. Etwa 1 500 bis 2 000 Studenten sollen später die Angebote nutzen, sei es nun, daß sie ihr gesamtes Studium dort verbringen oder auch nur einen Kurs belegen. Die Schwerpunkte von Lehre und Forschung liegen in der Vermittlung polnischer Sprache, Kultur und Geschichte. Ein Lehrstuhl für deutsche Kultur und Literatur wird für die Weiterbildung polnischer Deutschlehrer zuständig sein. Und auf die Vermittlung von Wirtschaftskontakten hofft gerade die polnische Seite auch ein wenig.Das Personal - insgesamt 21 Wissenschaftler und rund 15 Verwaltungsmitarbeiter - erhält sein Geld vom Land Brandenburg. "Jedes Jahr soll eine weitere Professur hinzukommen", sagt Krzysztof Wojeiechowski. Zur Jahrtausendwende werden den Plänen nach alle sieben Lehrstühle besetzt sein, vier davon zeitlich befristet. Der Bau des Hauptgebäudes beginnt in diesem Jahr, wurde jetzt beschlossen.Völkerrechtliche Grundlage für das gemeinsame Vorhaben ist ein Staatsvertrag zwischen dem Land Brandenburg und Polen, dessen Entwurf die deutsch-polnische Kommission des Collegiums in diesem Monat beraten hat. Danach soll das Collegium nach polnischem Recht und gleichzeitig als zentrale Einrichtung der Viadrina nach brandenburgischem Recht errichtet werden. Auch an ein deutsch-polnisches Kultur- und Begegnungszentrum wird gedacht. Waldemar Pfeiffer, akademischer Leiter des Collegiums: "Wir brauchen den Dialog jeden Tag."
Klaus Martin Höfer
Hörfunkjournalist, Zeitschriftenredakteur, Fotoreporter, Hochschuldozent, Autor
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