Jean Pierre Hintze

freier Journalist, Autor und Sprecher, Lübeck

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Ein Toleranz-Mißverständnis

Ein Toleranz-Mißverständnis
In Neumünster beweisen die Freien Demokraten unerwartete Flexibilität, die nicht nur auf Begeisterung stößt. Zum Teil wird Rassismus beklagt, manche Lokalpolitiker rechnen sogar mit Protesten und Übergriffen. Und das alles nur wegen eines Wahlplakates.
Darauf präsentiert sich die FDP-Kandidatin des 6. Wahlkreises in Neumünster, Aygül Kilic, als selbstbewusste Muslima - unter einem Kopftuch. Für Fraktionschef Reinhard Ruge ein gelungenes Beispiel für Integration. Kilic selbst ist städtische Angestellte einer Kita und in verschiedenen Initiativen und Projekten äußerst aktiv und engagiert. Das verdient Respekt und Anerkennung. Und das Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur sozial und gemeinnützig aktiv sind, ist ein Zeichen für Normalität und gemeinsamer Werte.

Dass jedoch die Kandidatin eines öffentlichen Amtes unter einem Kopftuch für kontroverse Diskussionen sorgt und auch geschmacklose Proteste auslöst, verwundert jedoch nicht wirklich. Mag sein, dass die vermeintliche Toleranz der FDP-Fraktion tatsächlich wohlkalkulierte Provokation ist. Mag sein, dass die Beleidigungen und Diskrimierungen ebenso kalkuliert vom Wesentlichen ablenken und willkommene Argumente sind, sachliche Diskussionen und berechtigte Fragen im Keim ersticken.



Tatsächlich ist das Kopftuch kein „Kleidungsstil“, der zu individuellen "Kulturen, Religionen und Nationalitäten" gehört, wie Reinhard Ruge weismachen will. Das Kopftuch ist Symbol einer religiösen Grauzone zwischen einem konservativen Islam und einem fundamentalistischen Islamofaschismus, Das Kopftuch auf einem Wahlplakat, für das eine freiheitliche Partei um öffentliche Ämter wirbt, wirkt wie eine Kriegserklärung an die freie Gesellschaft. Es kann durchaus auf der einen Seite als Symbol vermeintlicher Toleranz, auf der anderen Seite als ein Ausdruck von unreflektierten Traditionen wahrgenommen werden. Es könnte aber auf jeden Fall auch als ein Etappensieg des Dschihad verstanden werden.

Besonders, wenn zu den „verschiedenen sozialen Projekten“ der besagten Kandidatin Aygül Kilic auch Veranstaltungen und Initiativen der DITIB Gemeinde zu Neumünster gehören. Und die DITIB, die türkisch-islamische Union der Religionsbehörde Diyanet mit Sitz in Ankara, ist als größter Moscheeverband in Deutschland direkt dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstellt. Der „verlängerte Arm Erdogan“, wie es die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen bezeichnet. Und die DITIB ist in der Vergangenheit nicht nur unter Spionageverdacht geraten, die türkische Regierung rief über ihre Religionsbehörde auch völlig offen dazu auf, auch in Deutschland Gülen-Anhänger zu ermitteln und zu melden. Und die deutsche Politik und Gesellschaft zu unterwandern. CDU-Mtglieder des Migranten-Netzwerks „Union der Vielfalt“ warnten in einem offenen Brief unlängst ihre Parteiführung vor einer Einflussnahme der türkischen Regierungspartei AKP.

Eine Warnung, die bisher in der FDP nicht angekommen scheint. Dabei forderte der FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubiki vor etwas über einem Jahr erst „konsequentes“ Vorgehen gegen die DITIB-Spionage. Und erst beim letzten Parteitag der FDP in Fellbach lehnte die säkulare Mehrheit der Delegierten einen Antrag für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen ab - schliesslich sei Religion „ein privates Hobby“ und für Orthodoxe und Buddhisten gebe es ja auch keinen Religionsunterricht. Fragt sich nur, wie die falsch verstandene Toleranz des Ortsvereins in Neumünster bei Wählern und Basis der FDP ankommt.

Aygül Kilic wird sich hoffentlich weiterhin gemeinschaftlich engagieren - mit oder ohne Kopftuch.
Als Kommunalpolitikerin jedoch, die für die Interesse einer gesamtgesellschaftlichen Gemeinschaft wirkt, sollte auf das Kopftuch verzichtet werden - und kritische Fragen erlaubt sein: Wie genau nämlich Kilic zur DITIB steht und ob sie nun eine freiheitliche Partei vertritt - oder aber die türkische AKP.

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