Raum für Erinnerung – zwölf Stunden Gedenken an die Reichspogromnacht
Interreligiöser Dialog: In der Salzburger Kollegienkirche wird eine Nacht lang der Reichspogromnacht, die vor 80 Jahren stattfand, gedacht.
SALZBURG (eds-25. 10. 2018) / In der Nacht vom 9. auf den 10. November werden sich Juden und Christen, SchülerInnen und Studierende, KünstlerInnen und LehrerInnen in der Kollegienkirche zu einer interreligiösen Gemeinschaft versammeln und der Erinnerung an die Lebendigen und die Toten ein Gesicht geben.
Vielfältiges Programm
Das Gedenken wird um 19.00 Uhr mit einer Performance, Tanz, Musik – unter anderem einem vertonten Kaddisch (eines der wichtigsten Gebete im Judentum) von Salamone Rossi – und einer Lesung eröffnet: Marco Feingold, Erzbischof Franz Lackner und Landtagsabgeordneter Josef Schöchl werden anwesend sein. Um 23.00 Uhr werden biografische Erinnerungen an verfolgte Salzburger verlesen und Klaviermusik erklingen – beispielsweise „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ von Viktor Ullmann, der im Ghetto Theresienstadt weiter musikalisch aktiv blieb. Außerdem ist ein von Maurice Ravel vertontes Kaddisch zu hören. Abgerundet wird die Gedenknacht um 5.00 Uhr früh mit Orgelmusik. Es wirken unter anderem Julia Gschnitzer, Armin Eidherr, Hannes Eichmann, das BachWerkVokal, das Musische Gymnasium und das Mozart Musikgymnasium mit.
Installationen
Eine Installation von Oskar Stocker und Luis Rivera, deren zentraler Inhalt die geschriebene Form des Kaddisch ist, ist zehn Tage lang in der Kollegienkirche zu sehen. Verfolgung und Verachtung sind nie anonym, sondern treffen stets ein Du. Die heutige Fülle an Informationen kann unseren Blick auf die einzelnen Schicksale trüben. Dem möchten die beiden Künstler entgegentreten. Der Betrachter, die Betrachterin sind eingeladen, der eigenen Erinnerung Raum zu geben und sie in den Erinnerungsraum der Kollegienkirche einzufügen. Eine weitere Installation bildet ein Projekt von SchülerInnen des Musischen Gymnasiums, die sich im Kunstunterricht mit dem Thema „erinnern“ auseinandergesetzt haben. Steine aus der Salzach werden in Papier, auf das Erinnerungen geschrieben sind, eingewickelt und in der Kollegienkirche zu Boden gelegt. Auch hierbei werden die gedenkenden Menschen dazu einladen, sich aktiv zu beteiligen.
Geschichtliches
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 2018 jährt sich zum 80. Mal jene grausame Nacht, in der die jüdische Bevölkerung im Deutschen Reich für rechtlos erklärt wurde. Mit der vom NS-Regime im ganzen Reich organisierten Zerstörung jüdischer Synagogen und Häuser sowie der Misshandlung unzähliger jüdischer Mitmenschen beginnen jene Gräueltaten, die schlussendlich zur Ermordung und Vernichtung der Juden in Europa geführt haben.
Lebendige Erinnerung
Eine lebendige Erinnerung kann möglicherweise aufkeimenden Vorurteilen und Diskriminierungen entgegentreten. Im aktiven Dialog der Religionen und Weltanschauungen wird die Hoffnung auf den
Weltfrieden Gestalt annehmen. Im Gedenken an jenen grausamen November und achtsam für gegenwärtige Strömungen in der Gesellschaft wird in der Kollegienkirche ein Erinnerungsbogen vom Damals ins Heute gespannt. Wer sich erinnern möchte und ein Zeichen setzen will, ist herzlich eingeladen, in dieser Nacht in die Kollegienkirche zu kommen.