Das Rote Kloster ist ein rotes Villengebäude in der Leipziger Tieckstraße. Der Name ist Programm - dort bildet die DDR ab Anfang der 1950er Jahre junge Studenten zu linientreuen Journalisten aus. Gegründet wird das Institut 1954, mit offiziellem Namen Fakultät für Journalistik. Der ehemalige Weltbühne-Chefredakteur Hermann Budzislawski übernimmt die Leitung des Instituts als Dekan.
Karl-Heinz Röhr stammt aus einfachen Verhältnissen und tritt 1949 eine Lehre im Braunkohlewerk an. Er ist Mitglied in Gewerkschaft und Freier Deutscher Jugend (FDJ). Seine Artikel in der Betriebszeitung über das Leben von Jugendlichen machen die Genossen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) auf ihn aufmerksam.
Nach einem Lehrgang und einem Volontariat beim Neuen Deutschland wird er zum Abitur an eine Arbeiter- und Bauernfakultät delegiert. Dort können Kinder von Arbeitern und Bauern Abitur machen. Seine Eintrittskarte für die Universität.
1960 hat Röhr das Diplom in der Tasche und kehrt drei Jahre später als Lehrender an die Universität Leipzig zurück.
1978 wird Röhr Parteisekretär und hält die politischen Fäden der Sektion Journalismus in der Hand. Auf der einen Seite gelten an der Fakultät die Regeln der Wissenschaft, auf der anderen Seite die Regeln der Partei. Die fachliche Journalistenausbildung hat ein hohes Niveau.
Der Junge aus einfachen Verhältnissen arbeitet sich vom wissenschaftlichen Assistenten über den Fachbereichsleiter Journalistische Methodik zum Professor hoch. Den Titel bekommt er 1989. Kurz danach endet die Karriere, denn das Institut wird abgewickelt.
Röhr verweigert sich und geht 1992 in den Ruhestand. Vom frisch gebackenen Professor zum Frühpensionär, das ist nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein sozialer Abstieg für den damals 57-Jährigen.
Nach der Wende engagiert er sich als Geschäftsführer eines Journalisten- und Presseclubs, später wird er Leiter der Seniorengruppe des Roten Klosters. Viele der Ehemaligen sind mittlerweile über 80 Jahre alt. Karl-Heinz Röhr, heute 84, ist einer der letzten Zeitzeugen: Er war Teil der DDR, vom ersten bis zum letzten Tag.
Max Gilbert, Paula Lochte und Vanessa Materla wurden alle drei nach 1989 geboren. Sie besuchen die Deutsche Journalistenschule in München. Karl-Heinz Röhr trafen sie 2018 in Leipzig im Rahmen der Konferenz Bildkorrekturen, auf der junge Journalistinnen und Journalisten mit Gästen zu wechselnden Themen diskutierten.
Zuletzt aktualisiert: 29. Oktober 2019, 13:22 Uhr