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Junges Deutschland (1830-1835): Ein literarischer Protest

Das Junge Deutschland protestierte gegen die Politik. | Foto: gemeinfrei


Literatur ist immer ein Spiegel ihrer Zeit. Selten aber war Literatur so politisch wie es die Literatur der Bewegung Junges Deutschland war. Wir haben die wichtigsten Infos über diese literarische Strömung und ihre geschichtlichen Hintergründe im Überblick.

Junges Deutschland: Protest gegen die Politik

Jung und kein Interesse an Politik? Dieses Vorurteil hat die Fridays-for-Future-Bewegung längst widerlegt. Und auch ein Blick in die Geschichte zeigt: Es gab einige Generationen, die gegen Politik und gesellschaftliche Missstände demonstriert haben. Eine junge Protestbewegung war die literarische Strömung Junges Deutschland im 19. Jahrhundert. Wir erklären dir, was sich dahinter verbirgt, warum sie sich gegen die damalige Politik wandte und wie sie ihren Protest in der Literatur zum Ausdruck brachte.

"Bücher sind nicht Denkmäler der Vergangenheit, sondern Waffen der Gegenwart." (Heinrich Laube, deutscher Schriftsteller und Wortführer des Jungen Deutschland) Inhaltsverzeichnis Junges Deutschland: Definition

Junges Deutschland ist eine literarische Bewegung in der Epoche des und gehört zur Literatur der Restaurationsepoche (1815-1848). Im Jungen Deutschland schlossen sich junge, liberal gesinnte Autoren und Autorinnen zusammen und prangerten die sozialen Missstände der Zeit an. Wegen ihrer Forderungen nach einer neuen, demokratischen Ordnung wurde die Bewegung verboten. Somit ist das Junge Deutschland nur eine recht kurze Strömung, die von 1830 bis 1835 dauerte. Ihre Ideen wurden jedoch von einem immer radikaler werdenden Vormärz weitergetragen.

Anders als viele andere Epochen, die ihren Namen erst im Nachhinein erhielten, wählten die Vertreterinnen und Vertreter des Jungen Deutschland diese Bezeichnung selbst. Mit diesem Namen verbanden sie die Hoffnung, dass die freiheitlichen Ideen einer jungen Generation die rückständigen Zustände der Restaurationszeit überwinden würden.

Zeitgeschichtliche Einordnung

Der Wiener Kongress in den Jahren 1814/15 beschloss die Restauration des politischen Systems. Das bedeutet, dass die politische und gesellschaftliche Ordnung wieder so hergestellt werden sollte, wie sie vor der Französischen Revolution 1789 gewesen war. Die Zeit von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongress war von vielen Unruhen und den Koalitionskriegen (1792-1815) geprägt. Deswegen wollte auch die Mehrheit der Bevölkerung die Monarchie zurück.

Dennoch gab es Protest. Es waren vor allem junge Leute, die gegen die Restauration waren. Sie hielten an den Ideen der Aufklärung fest und forderten Demokratie und Gleichberechtigung. Durch die Karlsbader Beschlüsse (1819) kam es zur Zensur von Büchern und Zeitungen. Gleichzeitig entwickelte sich eine Massenarmut, der sogenannte Pauperismus. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege hatte es in Deutschland eine regelrechte Bevölkerungsexplosion gegeben. Jedoch gab es zu wenig Arbeitsplätze. Die Menschen auf dem Land verarmten und gingen in die Städte. Die ab 1830 einsetzende Industrialisierung verschlimmerte diese Situation noch mehr.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die deutsche Gesellschaft in zwei Lager gespalten: die Befürworter der Restauration und die Befürworter der Demokratie. Wegen dieser Spaltung verliefen zu dieser Zeit mehrere Literaturepochen parallel. Der Biedermeier akzeptierte die konservativ-restaurativen Ideen der Wiederherstellungspolitik, Junges Deutschland und Vormärz protestierten gegen die Obrigkeit und forderten ein neues politisches System. Ihre Unzufriedenheit entlud sich 1848 in der Märzrevolution.

Junges Deutschland: Das sind die Merkmale

Das Junge Deutschland war sehr politisch. Entsprechend politisch war auch die Literatur dieser Zeit. Es ging nicht um schöne Worte, sondern um Kritik an System und Politik.

Die Merkmale im Überblick:

Junge Autorinnen und Autoren Politisierung der Literatur Skepsis gegenüber der Politik Kritik an Ständegesellschaft und Fürstenherrschaft Liberalismus

Die politisch-liberale Ausrichtung des Jungen Deutschland führte dazu, dass die Bewegung 1835 vom Deutschen Bundestag mit einem Publikationsverbot belegt wurde. Man sah in den Schriften des Jungen Deutschland einen Angriff auf Zucht, Sittlichkeit und die christliche Religion sowie eine Herabwürdigung der sozialen Verhältnisse.

Unterschiede zu Vormärz und Biedermeier

Durch ihren politischen Charakter unterscheidet sich die Bewegung Junges Deutschland grundlegend von den zu der Zeit dominierenden Ideen des Biedermeier. Die Mehrheit der Bevölkerung zog es vor, sich ins Private zurückzuziehen, die politische Situation zu ignorieren und sich mit sich selbst zu beschäftigen.

Dem resigniert-passivem und konservativem Biedermeier stand der aktiv fordernde Vormärz gegenüber. Dieser weigerte sich, die politischen und gesellschaftlichen Begebenheiten zu akzeptieren. Vormärz und Junges Deutschland sind sich in ihrer Ausrichtung somit sehr ähnlich. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden besteht darin, dass die Autoren und Autorinnen des Jungen Deutschland versuchten, beim Schreiben die Zensur zu umgehen. Sie forderten keinen konkreten Umsturz des politischen Systems. Das tat erst der Vormärz, der nach dem Verbot des Jungen Deutschland deutlich radikaler wurde. Auch deswegen gibt es Definitionen, die davon ausgehen, dass der eigentliche Vormärz erst begann, nachdem das Junge Deutschland verboten worden war.

Literatur von Junges Deutschland

Entsprechend ihren Forderungen nach Demokratie und Gleichberechtigung war die Literatur des Jungen Deutschland hochpolitisch. Damit war sie nicht nur ein Gegensatz zu den harmonischen Werken des Biedermeier, sondern richtete sich auch gegen den verklärenden Idealismus der (1795-1835) und die unpolitische Weimarer Klassik, die 1832 mit Goethes Tod endete. Die Vertreterinnen und Vertreter des Jungen Deutschland verstanden sich als Überwinder der Romantik und Erben der Aufklärung.

Literatur musste, so die Vorstellungen des Jungen Deutschland, auf gesellschaftliche und politische Missstände hinweisen und diese anprangern. Folglich konzentrierten sich die Anhänger und Anhängerinnen dieser Strömung in ihren Werken auf die Gegenwart. Der Literat war für sie kein realitätsferner Poet, sondern jemand, der sich mit aktuellen Themen und dem wirklichen Leben auseinandersetzte.

Junges Deutschland war keine Gruppe, sondern ein loser Zusammenschluss von Autoren und Autorinnen. Verbunden waren sie durch ihr liberales Denken. Lyrik

Die Lyrik war die bevorzugte literarische Gattung der Autoren und Autorinnen des Jungen Deutschland. Vor allem lyrische Kleinformen wie das Lied ermöglichten es, den Moment einzufangen und so auf die Missstände in Politik und Gesellschaft hinzuweisen.

An der Politisierung der Lyrik gab es allerdings auch Kritik. So bezeichnete etwa Heinrich Heine diese Werke als "gehaltlose Tendenzliteratur", obwohl er ebenfalls politische Lyrik im Sinne des Jungen Deutschland verfasste. So heißt es beispielsweise in Heines "Deutschland. Ein Wintermärchen":

Wir wollen auf Erden glücklich sein, Und wollen nicht mehr darben; Verschlemmen soll nicht der faule Bauch, Was fleißige Hände erwarben. Es wächst hienieden Brot genug Für alle Menschenkinder, Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust, Und Zuckererbsen nicht minder.

Epik

In der Epik war der Reisebericht die vorherrschende Literaturform. In ihm konnten die Autoren und Autorinnen die Realität abbilden und ihre eigenen Eindrücke festhalten. Insbesondere Heinrich Heine verfasste zahlreiche Reiseberichte, in denen er die Umstände der Zeit schilderte und mit seiner ironischen, oft satirischen Sprache auf die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse hinwies. Je größer die Unzufriedenheit mit der Politik wurde, desto mehr verfassten die Literaten und Literatinnen außerdem Broschüren, Flugblätter und Pamphlete. Pamphlete sind Schmäh- oder Streitschriften, in denen sich die Autoren und Autorinnen des Jungen Deutschland kritisch zu den politischen und sozialen Verhältnissen äußerten.

Neben den Reiseberichten waren vor allem Novellen und Romane beliebt. Als bedeutendster Roman des Jungen Deutschland gilt "Wally, die Zweiflerin" (1835) von Karl Gutzkow. Er wurde als pornografisch und blasphemisch befunden und nicht nur verboten, sondern auch als Grundlage dafür verwendet, Junges Deutschland zu verbieten. Gutzkow musste außerdem für drei Monate ins Gefängnis.

Dramatik

Das wesentliche Merkmal des Dramas ist ebenfalls die Zeitkritik. Allerdings nutzten nur wenige Autorinnen und Autoren der jungdeutschen Bewegung diese Literaturform. Wichtigste Vertreter sind Christian Dietrich Grabbe mit seinem Geschichtsdrama "Napoleon oder Die Hundert Tage" und Georg Büchner mit "Dantons Tod". Büchner weist allerdings nur inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Jungen Deutschland auf. Er selbst distanzierte sich von der Bewegung. Dennoch wird gerade in seinem Werk "Woyzeck" das Thema der Erneuerung sehr deutlich.

Wichtige Autoren und Werke

Christian Dietrich Grabbe (1801-1836), z.B. "Napoleon oder Die hundert Tage" Karl Gutzkow (1811-1878), z.B. "Wally, die Zweiflerin" Heinrich Laube (1806-1884), z.B. "Das junge Europa" Heinrich Heine (1797-1856), z.B. "Reisebilder"

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Junges Deutschland im Überblick:

Junges Deutschland ist eine Bewegung zur Zeit des Vormärz. Es gehört zur Literatur der Restaurationsepoche. Die Autorinnen und Autoren lehnten den Idealismus von Romantik und Klassik ab. Sie forderten Demokratie und Gleichberechtigung. Anders als der Vormärz forderte das Junge Deutschland noch keinen politischen Umsturz, sondern eine neue, liberale Gesellschaft. Reiseberichte und Lied waren die bevorzugten literarischen Formen. Teste dein Wissen rund um Junges Deutschland

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Weitere Literaturepochen:

Bildnachweise: Aufmacher: Unknown, Maerz1848 berlin, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

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