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MDR will Neonazi-Doku nun doch zeigen

Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) verhandelt nun doch über die Ausstrahlung der Neonazi-Doku „Blut muss fließen". Zuvor hatten die Verantwortlichen wenig Interesse gezeigt - obwohl der Film insbesondere das MDR-Sendegebiet betrifft.

Von Thomas Schuler


Der Chefredakteur des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), Stefan Raue, hat sich persönlich an den Journalisten gewandt, der sich Thomas Kuban nennt, und Interesse gezeigt an einer Ausstrahlung des Dokumentarfilmes „Blut muss fließen" über Kubans verdeckte Recherchen unter Neonazis. Das ist eine überraschende Wendung. Bislang hat es der MDR abgelehnt, den Film zu zeigen.

Raue bestätigt, er habe Kontakt zu Kuban aufgenommen, „um die Möglichkeiten einer Ausstrahlung seines Films im MDR-Fernsehprogramm auszuloten". In den nächsten Tagen werde die zuständige Redaktion mit Filmemacher Peter Ohlendorf die Konditionen klären. Raue betont: „Ich habe den Kontakt zu Herrn Kuban gesucht, weil ich den Eindruck hatte, dass der Weg über eine mögliche Kooperation mit anderen Sendern zu langsam und unergiebig sein könnte."

Widersprüche beim MDR

Diese Aussage überrascht, weil es bislang so schien, als habe der MDR kein Interesse. Der NDR ist derzeit auf der Suche nach einer Käufergemeinschaft innerhalb der ARD. Die Redakteurin Barbara Denz bestätigte, dass der MDR ihr eine Absage erteilt hat. Über die widersprüchliche Haltung hat die Berliner Zeitung am 6. Februar berichtet: Kuban hat ab 2003 vor allem im Sendegebiet des MDR gedreht, von insgesamt 90 Drehs fanden 41 dort statt. Doch ausgerechnet an den MDR habe er „keine einzige Sekunde" verkaufen können, sagte Kuban. Fernsehdirektor Wolf-Dieter Jacobi schrieb: „Der Film von Peter Ohlendorf und Thomas Kuban wurde dem MDR nicht angeboten, er konnte also auch nicht abgelehnt werden." Doch der Sender selbst widersprach Jacobi, indem er bestätigte, den Film gemeinsam mit Arte für einen Themenabend zum Rechtsextremismus gesichtet und sich für andere Produktionen entschieden zu haben.

Raue bleibt dabei, es habe „bisher keine Absage des MDR gegenüber Herrn Kuban" gegeben. Das ist formal richtig, weil Kuban gar nicht über eine Ausstrahlung verhandelt, sondern Produzent Ohlendorf, und weil außerdem die Absage für den MDR von Arte erfolgte. Raue verteidigt diese Entscheidung: „Ich persönlich kann die Entscheidung der Redaktionen, für den Themenabend eher analytische und aktuell-politische Zugänge zu wählen, sehr gut nachvollziehen. Der gesamte NSU-Komplex enthält ja, wie nicht zuletzt die Untersuchungsausschüsse der Parlamente deutlich machen, so viele noch offene hochpolitische Fragen, dass wir als MDR in den vergangenen 13 Monaten besonderes Gewicht auf eine intensive Hintergrundberichterstattung für MDR und ARD gelegt haben."

Einfache Rahmenhandlung

Arte hatte die Ablehnung auch mit der Form des Films begründet und wünschte eine andere Dramaturgie. Natürlich kann man dem Film die einfache Rahmenhandlung vorwerfen, die sich an Kubans Reise bei seiner Undercover-Recherche orientiert. Stichhaltig aber ist dieses Argument nicht. Denn kein Sender hat die Produktion unterstützt.

Raue hat das offenbar erkannt. Der Film habe als Dokumentation einer abgeschotteten „Jugendkultur" einen eigenen Wert und eine ganz eigene Ebene, schreibt er. „Der Film erklärt nicht, wie es zur NSU kommen konnte und warum die deutschen Sicherheitsbehörden in allen Phasen der ,NSU-Geschichte' so skandalös versagt haben. Er gewährt aber einen tiefen Einblick in eine gewaltbereite rechtsextreme Szene, der auch zu wichtigen politischen Diskussionen anregen kann. Kurz: Was für einen Arte-Themenabend unter dem o.g. Aspekt als nicht so geeignet bewertet wird, kann für ein anderes Programmumfeld durchaus ein sinnvolles und interessantes Angebot sein."

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