Thomas Fritz

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Ralf Rangnick wird neuer Trainer von RB Leipzig

Lange hatte er es ausgeschlossen, nun übernimmt Sportdirektor Ralf Rangnick auch den Trainerposten bei Zweitligist RB Leipzig. Der 56-Jährige soll den Club in die Bundesliga führen. Aber ist er dem Druck auch gewachsen?  

Von Thomas Fritz

Leipzig. Es dauerte keine zwei Minuten, bis sich Oliver Mintzlaff, Vorstandsvorsitzender von RB Leipzig, bei der Pressekonferenz kamerawirksam eine Dose Red Bull reichen ließ und sie mit einem leisen Zischen öffnete. Vielleicht war Ralf Rangnicks Kehle einfach nicht so trocken, vielleicht hat er solche demonstrativen Werbebotschaften nicht nötig. Durstig nach Erfolg ist der 56-Jährige allemal: Der Sportdirektor wird RB Leipzig ab Juni auch als Cheftrainer betreuen. „Ich kann Ihnen die 1A-Lösung auf dem so wichtigen Trainerposten präsentieren“, hatte Mintzlaff zuvor verkündet.
Doch diese Aussage ist durchaus fragwürdig: Rangnick hatte in den vergangenen Monaten immer wieder sein Interesse dementiert, die Mannschaft übernehmen zu wollen. Die Absage von Wunschtrainer Thomas Tuchel, der bei Borussia Dortmund unterschrieb, und weiterer Kandidaten, hätten nun zu einem Umdenken geführt. Zuletzt waren der Leverkusener Sascha Lewandowski und Paderborns André Breitenreiter mit RB in Verbindung gebracht worden. „Ich habe mich nicht für die Ideallösung gehalten, denn es war als Sportdirektor nicht gerade langweilig“, sagte Rangnick. „Aber wir haben unsere Wunschtrainer nicht bekommen und wollten eine Lösung, mit der wir 100 Prozent zufrieden sind.“ Der Fußballlehrer wird den Posten zunächst für ein Jahr übernehmen. „Nach jetzigem Stand“, wie er betonte.
Durch sein Engagement erhofft sich Rangnick, der früher unter anderem den VfB Stuttgart, die TSG Hoffenheim und Schalke 04 betreute, auch eine wachsende Attraktivität des umstrittenen Clubs auf dem Transfermarkt: Mit dem U-21-Nationalspieler Willi Orban aus Kaiserslautern wurde nach dem Bremer 8-Millionen-Mann Davie Selke prompt der nächste Neuzugang verkündet. Orban entschied sich offenbar vor allem wegen Rangnick, dem ein gutes Händchen bei der Ausbildung junger Talente nachgesagt wird, für Leipzig. „Ich bin mir sicher, dass wir mit ihm auf der Bank einen ganz anderen Zugang zu neuen Spielern bekommen werden“, erklärte Mintzlaff zuversichtlich. Durch den kurzen Draht zum Sportdirektor rechne er mit schnellen Entscheidungen bei neuen Transfers, witzelte Rangnick über seine Doppelbesetzung. Er ist nun praktisch sein eigener Boss.

Entscheidung mit Familie abgesprochen

Doch es wurden auch Zweifel laut, warum sich Rangnick die Personalunion als Trainer und Sportdirektor überhaupt antut. 2011 hatte er sein zweites Engagement auf Schalke wegen eines Burnout-Syndroms nach wenigen Monaten abgebrochen – seine bisher letzte Trainerstation. Knapp ein Jahr später übernahm er die Stelle als Sportdirektor von Red Bull Salzburg und RB Leipzig. Ab der kommenden Saison wird er nur noch für die Sachsen zuständig sein. „Ich habe diese Entscheidung ausführlich mit meiner Familie besprochen und bin lange in mich gegangen“, sagte der Schwabe. Er werde bei seinen Aufgaben als Sportdirektor nun Unterstützung benötigen, die er im Club auch bekomme. Zugleich stellte er klar: „Es ist nicht einfach in diesem Geschäft gesund zu bleiben, aber ich habe gelernt, besser auf mich acht zu geben.“ Ob Rangnick künftig tatsächlich weniger zu tun bekommt als bisher, so seine Prognose, darf allerdings bezweifelt werden. Durch die neuen Aufgaben an der Seitenlinie dürfte sich der Druck vielmehr erhöhen: RB will in die 1. Bundesliga. Lieber früher als später, wenn es nach dem superehrgeizigen Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz geht.

Es kann nur eine Richtung geben

Schon in der Winterpause wurden mit Emil Forsberg und Omer Damari teure Neuzugänge für die stotternde Offensive verpflichtet – beide floppten. Cheftrainer Alexander Zorniger wurde im Februar ausgetauscht, sein Nachfolger Achim Beierlorzer konnte das Ruder mit Platz fünf auch nicht mehr herum reißen. Der dritte Aufstieg in drei Jahren misslang. Nun soll es Rangnick richten, mit Beierlorzer als Assistent. „Das Ziel ist, die Mannschaft in der täglichen Arbeit weiterzuentwickeln. Ich sage bewusst: weiterzuentwickeln“, betonte Rangnick, „und nicht nach zu oben bringen.“ Doch sein Unterstatement nahm ihm kaum einer ab. Mit einem vermutlich erstligareifen Etat, hochkarätigen Neuzugängen und einem erfahrenen Bundesligatrainer kann es nur eine Richtung geben – nach oben.
Vor drei Jahren wollte ihn Dietrich Mateschitz schon einmal als Trainer verpflichten. Rangnick lehnte ab, aber er betonte immer wieder: „Ich kehre irgendwann auf die Bank zurück.“ Nun hat er seine Ankündigung wahr gemacht.


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