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Reportage

Kampagne für Südostasien

Was sich der Zoo Landau 2012 vorgenommen hat
Von Sven Scherz-Schade

Landau – Orang-Utan, Tiger, Asiatischer Elefant, Nasenaffe... In Südostasien – in den sogenannten Tigerstaaten – sind viele der beliebtesten Zootierarten zu Hause. Doch auch weniger bekannte Arten stammen aus der Region zwischen Burma, Thailand und Indonesien. Dennoch ist dies kein Paradies für Tiere. Denn zahlreiche Tierarten sind in Südostasien vom Aussterben bedroht! Die passive und aktive Ausrottung hat Außmaße angenommen, die für viele in Deutschland unvorstell bar sind. Der Zoo Landau widmet 2012 deswegen seine Aufmerksamkeit den „Tierischen Juwelen Südostasiens“.


Irgendwas muss man tun. Davon sind alle Zoologischen Gärten überzeugt. Deshalb ruft der Zoo-Verband Europas regelmäßig eine Kampagne aus und setzt ein Jahresthema fest. Diesmal ist es Südostasien. „Da ist auch der Landauer Zoo mit dabei“, sagt Zoodirektor Jens Ove Heckel und verweist auf das Jahresprogramm, das mit öffentlichen Zooführungen, dem 20- jährigen Jubiläum der Zooschule und anderen Aktivit äten mehrfach auf die brisante Situation in Fernost aufmerksam machen wird. Heckel bezeichnet die Region Südostasien als einen „Hotspot der Biodiversität“, da sie eine der artenreichsten Regionen der Erde ist. Es ist zu dem auch die am dichtesten besiedelte Region.Von 7 Milliarden Menschen Erdbevölkerung leb en 3,5 Milliarden in den asiatischen Staaten. Insbesondere China ist derzeit von großem wirtschaftlichen Aufschwung geprägt. „Wahrscheinlich ist der zunehmende Wohlstand in die ser Region der größte Feind der Tiere“, sagt Heckel und gibt Beispiele, die einen schaudern lassen. „Die Jagd für die Herstellung von Pelzen ist zwar zurückgegangen“, sagt Heckel. „Aber für den Heimtierhandel werden Zierfische und Reptilien aus ihren natürlichen Lebensräumen gestohlen.“ In manchen Haushalten der südostasiatischen Länder gilt es als schick, einen Gibbon oder Orang-Utan als Haustier zu haben. „Das Muttertier wird getötet und das Junge entführt. Freiwillig würde ein Affe niemals seine Mutter verlassen“, so Heckel. Le ider könnten die Tiere „im Hausgebrauch“ nicht annähernd artgerecht gehalten w erden. „Anfangs sieht es süß aus, wenn die Jungtiere – angekleidet wie Püppchen – in der M enschenfamilien am Tisch sitzen“, sagt Heckel. Doch spätestens nach Geschlechtsreife würde n Orangs so kräftig, dass sie zur unberechenbaren Gefahr für den Menschen würden. Die Tiere würden dann meist an Ketten gelegt und in totaler Bewegungsarmut auf Hinterhöfe n dahin vegetieren. Der respektlose Umgang mit den Orangs sei pervers – sogar im wörtli chen Sinne. „Wir haben von Sodomie-Fällen gehört. Es gab rasierte Orang-Weibchen, die zur Prostitution angeboten wurden“, sagt Heckel. Die traurige Bilanz: Jährlich werden – laut WWF – 1.200 Orangs der Wildnis entnommen. Eine riesige Dimension der Artenausrottung erreicht in Südostasien der Handel mit Wildtierprodukten, die z.B. für die traditionelle c hinesische Medizin gebraucht werden. „Früher waren Mittel mit Tigerknochenpulver, Bärent atzen oder Schlangenhaut nur wenigen, reichen Aristokraten vorbehalten“, erklärt der Zood irektor. „Heute hat der Wohlstand einen massenweisen Bedarf ausgelöst. Es besteht ein weltw eiter Vertrieb für diese Art von Medizinprodukten. Es ist die größte Gefahr für die Wildbestände.“ Ist ein Jagdgebiet erschöpft, so dass etwa Schuppentiere in einer Fang region nicht mehr vorkommen, so weichen die vermeintlichen Medikamentenjäger auf an dere Arten wie z.B. das Stachelschwein aus. Heckel: „So werden immerzu neue Märkte erschlossen.“ Erst vor 15 Jahren entdeckte die Wissenschaft die A ntilopenart „Saola“, die in den Annamite Bergen von Laos/Vietnam beheimatet ist. Die Biologe n mussten damals der seltenen Art jedoch nicht nur deren Entdeckung, sondern zugleich deren Bedrohung attestieren. Vor allem die Abholzung der Regenwälder raubt der Antilope ih ren Lebensraum. Wenn noch rechtzeitig Wildschutzgebiete festgelegt würden, lässt sich Sao la retten. Dafür wirbt die Kampagne. Doch es braucht Geld, um vor Ort solche Schutzgebie te zu verwirklichen. „Das Ziel ist, Spenden zu sammeln und einen langfristigen Fonds mi t 750.000 Euro einzurichten“, sagt Heckel.

Der Zoo Landau geht hier mit gutem Beispiel voran. „Wir führen von unseren Eintritteinnahmen einen bestimmten Anteil für Proje kte der Umweltbildung ab“, sagt Heckel. Beim Einzeleintritt für Erwachsene zu 6,50 Euro sin d das 10 Cent, die z.B. der Saola in Fernost zu Gute kommen. Auch der Freundeskreis, der bereits 35 Jahre exisitert, sammelt erfolgreich Spenden, die nicht nur zweckgebunden fü r den Landauer Zoo wie beispielsweise die neue Dromedar-Anlage bestimmt sind. Der Freunde skreis setzt seine Gelder auch für die Artenvielfalt in Fernost ein. Die Ursachen der Artenbedrohung in Südostasien sind vielfältig. Die Zusammenhänge komplex. Was es mit der Gefahr durch „invasive Arte n“ auf sich hat, wenn also Arten anderer Kontinente einwandern und die einheimischen Populat ionen dezimieren – das lässt sich nicht in zwei, drei Sätzen erklären. Jens Ove Heckel gibt zu, dass die Vermittlung der zoologischen Bildung ein Problem ist. „Für Kinder und Jugendlich e ist hier die Zooschule hervorragend“, sagt Gudrun Hollstein, Leiterin der Zooschule: „Für Erwachsene bieten wir Schautafeln mit vielen Infos an.“ Doch gerade die Schautafeln werde n beim Zoobesuch leider oft überlesen. Denn wer mit seinen Kindern den Zoo besucht, findet leider nur selten Gelegenheit, sich wenigstens fünf Minuten auf den Infotext zu konzent rieren. Deshalb empfehlen Hollstein und Heckel die öffentlichen Führungen. Da dürfen Jung u nd Alt auch alle möglichen Fragen stellen. svs