Zwei Jahre ist es her, dass sich die Schülerin Amina Filali nach einer Vergewaltigung das Leben nahm und damit die marokkanische Gesellschaft erschütterte. Der Grund für ihren Selbstmord war nicht die Tat selbst, sondern das, was daraus folgte: Das 16-jährige Mädchen wurde mit ihrem Peiniger verheiratet. Zur Anwendung kam dabei Artikel 475 des marokkanischen Strafgesetzbuchs von 1963, der die Ehe zwischen Täter und minderjährigem Opfer von sexueller Gewalt als Möglichkeit der "Wiedergutmachung" vorsah - und dem Täter so das Gefängnis ersparte. Acht Monate darauf schluckte Amina Filali Rattengift und starb.