STANDARD: In Österreich kommen seit einigen Jahren immer mehr Menschen in Facharztpraxen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht nicht wohlfühlen und es angleichen möchten. Woran liegt das?
Kaufmann: Das ist ein internationaler Trend. Durch die Medien insbesondere das Internet sind viel mehr Informationen über "transgender" verfügbar und die Hemmschwelle, sich zu outen ist gesunken. Begriffe wie "gender queer", "gender fluid", "non-binär" oder "pan-sexuell" sind seit einigen Jahren Teil des öffentlichen Diskurses. Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht oder dem dazugehörigen gesellschaftlichem Rollenbild, nicht identifizieren können, trauen sich nun öfter, das zu benennen.
Der Anstieg ist also eine positive Entwicklung?
Unsere Gesellschaft beruht nach wie vor auf der dichtotomen Struktur von Mann und Frau, biologisch als auch im sozialen Kontext. Da ist es mit der Toleranz und Akzeptanz von "Abweichungen" zwar nach wie vor oft schwierig, die Grenzen zwischen den Geschlechtern weichen jedoch immer mehr auf.
Kann der Behandlungsanstieg auch damit zusammenhängen, dass "transgender"- oder "non-binär"-sein in einigen Szenen mittlerweile cool ist und junge Menschen, die sich mit sich und ihrem Körper nicht wohlfühlen, hier eine Möglichkeit sehen, dazuzugehören? (...)
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