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Erziehung: Jeder Schlag hat Konsequenzen

Gewalt ist in der Erziehung verboten. Dazu zählt auch der scheinbar harmlose Klaps auf den Po. Manche Eltern halten ihn in Ausnahmen dennoch für angebracht – sie irren.

Eigentlich wollte Jana Becker* ihrer Tochter Amy nur die Windeln wechseln. Doch das Kind ließ sich kaum anfassen und schrie ununterbrochen. Und plötzlich, ohne groß darüber nachzudenken, schlug Becker zu. Nicht fest, aber doch so doll, dass Amy kurz innehielt, ihre Mutter verdutzt anschaute, um dann noch heftiger zu weinen. Als Becker klar wurde, was sie da gerade getan hatte, brach auch sie in Tränen aus.

Gut 15 Jahre ist das mittlerweile her. Becker war damals 36, Tochter Amy gerade mal zwei. Als ihr Mann abends von der Arbeit nach Hause kam, erzählte Becker ihm nicht, was passiert war. "Ich habe mich einfach zu sehr geschämt", erinnert sie sich. Doch sie schwor sich: "So etwas passiert mir nie wieder."

Dass sie sich mit dem Schlag strafbar gemacht hatte, war Becker nicht klar. Bis in die späten Neunzigerjahre hinein waren Ohrfeigen und eine Tracht Prügel tatsächlich nicht nur gesellschaftlich anerkannt, sie waren auch gesetzlich erlaubt. Im Jahr 2000 verbot der Gesetzgeber diese Züchtigung allerdings. Seitdem haben Kinder laut Paragraf 1631 II des Bürgerlichen Gesetzbuches das "Recht auf eine gewaltfreie Erziehung". Schlagen Eltern ihre Kinder doch, können sie nach Paragraf 223 des Strafgesetzbuches wegen Körperverletzung belangt werden.

Hat die Änderung dazu geführt, dass Eltern ihre Söhne und Töchter heute weniger schlagen als zuvor? Welche Auswirkungen haben Schläge auf ein Kind? Und welchen Unterschied macht es, ob es um Verwahrlosung, schwere Misshandlung, gar sexuellen Missbrauch geht oder um eine "Backpfeife" sowie den vermeintlich harmlosen "Klaps auf den Po"?

"Als Erziehungsmethode werden körperliche Maßnahmen tatsächlich zunehmend weniger eingesetzt", sagt Thorsten Andersohn, seit beinahe 30 Jahren Familientherapeut und Erziehungsberater in Berlin. Vollkommen verschwunden aber seien Schläge aus dem Alltag nicht. (...)



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