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Pelzhaltung im Schrank wenig artgerecht

Pelzhaltung im Schrank wenig artgerecht

Anke Windmann pflegt ein altes Handwerk. Die Kürschnerin arbeitet alte Pelze zu neuen Lieblingsstücken auf. Sie nennt den Grund, warum sie das tut.

In etlichen Kleiderschränken schlummern sie noch wohlbehütet – Pelzmäntel aus längst vergangenen Tagen. Soll und darf Mann oder Frau das noch tragen? „Das Thema Pelz ist schon negativ besetzt“, weiß Kürschnermeisterin Anke Windmann. Sie findet es jedoch wenig artgerecht, wenn Pelze nur im Kleiderschrank gehalten werden.

Umarbeiten – oder modern ausgedrückt Re-Design – im Kundenauftrag ist ihr Thema. „Ich kaufe nichts neu und nichts auf“, erklärt die Löhnerin. Pelze, die Jahrzehnte lang im Kleiderschrank ein tristes Dasein gefristet haben, sind ihr Material.

Im Lübbecker Land gibt es schon lange keinen Kürschner mehr. Deshalb möchte Anke Windmann bekannter machen, wie sich aus alten Pelzen neue Lieblingsstücke nähen lassen.

„Oft sind es Erbstücke, die aufbewahrt werden“, weiß Anke Windmann. Zum Teil aus schlechtem Gewissen. „Die Stücke haben einen materiellen Wert, aber oft auch einen großen Erinnerungswert. Manchmal riechen sie noch nach Mutter oder Oma.“ Wer sich frage, was er damit anstellen soll, dem könne geholfen werden. „Mitbringen, am liebsten alles“, betont die Kürschnermeisterin.

„Ich schaue mir die Stücke an, mache Vorschläge und überlege gemeinsam mit den Kunden, was daraus Zeitgemäßes entstehen kann“, sagt Anke Windmann. Dazu hat sie fertige Decken, Taschen, Schlüsselanhänger, Kissen oder Westen als Muster. „Viele haben Angst, Pelz zu tragen, weil sie befürchten angepöbelt zu werden“, weiß die Kürschnermeisterin. Ihr sei das nur einmal passiert, und das sei schon 35 Jahre her. Sie habe eher gegenteilige Erfahrungen gemacht und werde oft auf ihre schöne Tasche angesprochen.

„Es gibt genügend Pelz, den wir guten Gewissens verarbeiten können“, verdeutlicht Anke Windmann und nennt Beispiele. „Kaninchen wird häufig in Katzenfutter verarbeitet. Katzen sind nun mal keine Vegetarier.“ Oder Bisamratten. „Sie vermehren sich sehr schnell und unterhöhlen Dämme und Deiche. Deshalb müssen sie gejagt werden.“

Beide Tierarten hätten schöne Felle. „Meiner Meinung nach, muss das nicht weggeworfen werden“, erklärt Anke Windmann. So könne sie weiter aufzählen. Das Leben sei nicht nur schwarz oder weiß. Es gebe viele Grautöne dazwischen.

„Es gibt kaum ein Material, das nachhaltiger ist als Pelz“, merkt die Löhnerin an. „Ein Pelz wird bis zu 70 oder 80 Jahre alt und zerfällt dann zu Staub. In der Zeit kann er immer wieder umgearbeitet und modernisiert werden“, verdeutlicht sie.

Manchmal kann jedoch auch Anke Windmann nichts mehr machen und der Pelz ist nur noch ein Fall für die Mülltonne. „Entweder weil er wirklich zu alt ist, falsch gelagert wurde oder die Motten einfach schneller waren.“

Gern verlässt die Kürschnermeisterin ihre Werkstatt für Ausstellungen und andere Veranstaltungen. Dann nimmt sie ihre rund 120 Jahre alte Pelznähmaschine mit. „Sie sieht komplett anders aus als eine normale Nähmaschine. Das macht die Leute neugierig. So komme ich mit ihnen ins Gespräch“, sagt die Löhnerin, die sich auch über Besuche in ihrem Atelier freut.

Kürschnerei erfordert sehr viel Präzision

Kürschnerin ist Anke Windmann durch Zufall geworden. „Ich habe schon mit acht Jahren für meine Puppen gehäkelt und gestrickt. Nach der Schule wollte ich Schneiderin werden – im Handwerk, nicht in der Industrie.“ Damals habe es nur einen Betrieb in Bad Oeynhausen gegeben, der ausbildete und der hatte schon jemanden.

Auf dem Arbeitsamt habe sie den Hinweis bekommen, doch Kürschnerin zu werden. „Das ist doch fast das gleiche wie Schneiderin, hat der Berater zu mir gesagt“, erinnert sich die Löhnerin. In Minden habe sie einen Betrieb zum Probearbeiten gefunden. „Ich wusste nicht, worauf ich mich einlasse. Am Ende war ich jedoch total begeistert und wollte nichts anderes mehr werden.“ Das sei 1978 gewesen. „Zu der Zeit wurden tatsächlich mehr Kürschner als Schneider im Handwerk ausgebildet“, erzählt Anke Windmann. Seit 1985 ist sie Meisterin.

Kürschnerei ist ein Präzisionshandwerk mit viel Verantwortung. Inzwischen ist das Handwerk vom Aussterben bedroht. 2022 und in den beiden Jahren davor gab es jeweils nur drei neue Auszubildende. „Diejenigen, die den Beruf heute noch ergreifen, sind Leute, deren Eltern ein entsprechendes Geschäft haben“, weiß die Kürschnermeisterin. Auch ohne familiäre Vorbelastung liebe sie den Beruf bis heute. „Er ist für mich genau das Richtige“, betont Anke Windmann.