An dem Tag, der seinen Körper, sein Denken, sein Leben verändert hat, sollte Wolfgang Breuer* die Fassade eines Autohauses streichen. Es war der 10. September 2015, Arbeit auf einem Baugerüst in , Routine. Breuer ging auf dem Gerüst die dritte Etage seitwärts entlang und klebte Fenster ab. Deshalb übersah er die offene Luke im Boden des Gerüsts, jemand musste vergessen haben, sie zu schließen. Breuer stürzte zwei Meter tief, bis sich sein Arbeitsschuh in einer Sprosse verfing. Er hing kopfüber an der Leiter und blickte auf einen Betonboden in über sechs Meter Tiefe, die Brille rutschte ihm vom Gesicht, er hörte Leute schreien. "Ich habe den Tod gesehen", sagt er heute.
Wäre Breuer nicht mit dem Fuß hängen geblieben, hätte er den Sturz wahrscheinlich nicht überlebt. Glück gehabt, könnte man sagen, aber nicht Breuer. Für ihn begann an diesem Tag seine persönliche Hölle.
Mit seiner Frau Janina sitzt er knapp sieben Jahre später in der Praxis seines Psychotherapeuten Rainer Rothe. Der Raum ist im vierten Stock eines Hochhauses, mit Blick über die Dächer Berlins, doch genau das will Breuer nicht sehen. Er setzt sich auf den Stuhl, der am weitesten vom Fenster entfernt ist, nur das Bücherregal spiegelt sich für ihn in den Scheiben.