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Fünf Biosiegel im Vergleich: Was sind die Unterschiede?

Biosiegel gibt es so einige. Foto: Sarah Franke

Meist sind sie grün, oft prangen mehrere auf den Verpackungen von Lebensmitteln: Biosiegel gibt es so einige. Um Verbraucherinnen und Verbrauchern die Orientierung im Supermarkt zu erleichtern, wurde im Jahr 2001 das staatliche Bio-Siegel eingeführt. Mittlerweile tragen es mehr als 90.000 Produkte. Den 20. Geburtstag des sechseckigen Siegels würdigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft am Dienstagabend mit einer Feierstunde via Livestream.

Grundsätzlich gilt: Im Bereich der Lebensmittel sind die Begriffe „bio" und „öko" gesetzlich geschützt, informiert das Umweltbundesamt. Mindestens eine Kontrolle pro Jahr ist vorgeschrieben sowie weitere stichpunktartige Prüfungen. Dass ihre jeweils spezifischen Richtlinien eingehalten werden, kontrollieren Bioverbände wie Bioland, Naturland und Demeter zusätzlich.

Keine Gentechnik bei Bioerzeugnissen

Auf organisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und chemisch hergestellte Düngemittel wird beim Biolandbau verzichtet, informiert die Verbraucherzentrale. Die Verordnung der EU listet zugelassene Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Die Verbände Bioland, Naturland und Demeter schränken die erlaubten Dünge- und Pflanzenschutzmittel - und wie sie gebraucht werden dürfen - jeweils stärker ein. Gentechnik ist im Biolandbau tabu.

Doch welches Label steht darüber hinaus für welche Standards? Eine Übersicht.


Biosiegel der Europäischen Union

Trägt ein Produkt diese Logo, erfüllt es die EU-Rechtsvorschriften bezüglich der ökologischen Landwirtschaft. Das EU-Biosiegel ist quasi die Basis: Es legt EU-weit die Mindeststandards für ökologische Lebensmittel fest. Hersteller können zusätzlich noch andere Biosiegel anbringen, nach deren (teils strengeren) Anforderungen sie zertifiziert worden sind. Die EU-Vorgaben erfüllen aber alle als „bio" deklarierten Lebensmittel in jedem Fall.

Wie viel Bio im Produkt steckt: Egal ob Pizza, Kräuterquark oder Brotaufstrich: Besteht ein Lebensmittel aus mehreren Zutaten, müssen mindestens 95 Prozent davon aus dem ökologischen Landbau stammen. Bei den restlichen fünf Prozent sind Ausnahmen erlaubt - zum Beispiel dann, wenn es die Zutat in Bio-Qualität auf dem Markt nicht gibt.

Wie bio der ganze Betrieb ist: Das entscheidet der Inhaber.Betriebe dürfen parallel konventionell und bio produzieren, wenn sie die beiden Bereiche trennen. Außerdem darf nicht die gleiche Pflanzensorte oder die gleiche Tierrasse im selben Betrieb in Bio- und konventioneller Qualität vorhanden sein.

Tierhaltung: Landwirte sollen einheimische Rassen bevorzugen. Reichlich natürliche Belüftung und ausreichend Tageslicht sind in Ställen Pflicht. Sollen Schwänze kupiert, Schnäbel gestutzt oder Rinder enthornt werden, braucht es eine Genehmigung der zuständigen Behörde. Die gibt es beispielsweise dann, wenn solche Eingriffe der Sicherheit oder Gesundheit der Tiere dienen.

Vorbeugend chemisch-synthetische Medikamente zu geben ist nicht erlaubt. Ist ein Tier krank und andere Verfahren helfen ihm nicht, dürfen Medikamente wie Antibiotika eingesetzt werden. Passiert das öfter als drei Mal innerhalb von zwölf Monaten, gelten die mit und aus dem Tier produzierten Lebensmittel nicht mehr als bio.

Geflügel in Käfigen zu halten ist verboten. Auch, wie viel Platz ein Tier mindestens für sich haben sollte, schreibt die EU-Verordnung vor. So teilen sich etwa bis zu sechs Legehennen einen Quadratmeter. Je mehr Tiere in einem Stall wohnen, desto mehr Fläche fordert die Verordnung für jedes Tier. Außerdem regelt sie, wie viele Tiere welcher Art ein Betrieb maximal pro Hektar beherbergen darf - etwa 230 Legehennen oder 14 Mastschweine.

Kreislaufwirtschaft: Mindestens 60 Prozent des Futters für Pflanzenfresser und 20 Prozent der Nahrung für Schweine und Geflügel soll ein Biobetrieb selbst herstellen oder zumindest von einem anderen ökologischen Betrieb aus der Region beziehen. In einem Betrieb nur Tiere zu halten, ohne auch Pflanzen anzubauen, ist in der Regel nicht erlaubt. Die Ausnahme: Es gibt eine Vereinbarung mit einem anderen Biobetrieb, der den Mist der Tiere seines Kooperationspartners als Dünger verwertet.

Wo es noch mehr Infos gibt: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verlinkt hier auf die EU-Rechtsverordnungen.


Staatliches Biosiegel

Die Anforderungen des deutschen Siegels sind identisch mit denen des EU-Biosiegels. Der Unterschied: Das deutsche Biosiegel dürfen Hersteller zusätzlich freiwillig verwenden. Viele Unternehmen entscheiden sich dafür, weil es das Sechseck schon länger gibt und es dadurch bekannter ist.


Bioland

Wie viel Bio im Produkt steckt: In Produkten sollen nur Bioland-Zutaten stecken. Gibt es eine Zutat nicht oder nicht in ausreichender Menge in dieser Qualität, dürfen in begrenztem Umfang andere Bio-Zutaten verwendet werden. In Ausnahmefällen dürfen bis zu fünf Prozent des Produktes aus Zutaten konventioneller Herstellung bestehen.

Wie bio der ganze Betrieb ist: Der gesamte Betrieb muss zu 100 Prozent die Richtlinien von Bioland einhalten. Das heißt: konventionell und biologisch in einem Betrieb zu produzieren geht nicht. Ab 2022 verpflichtet der Verband seine Mitglieder, zusätzliche Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität umzusetzen.

Tierhaltung: Die geforderte Mindestfläche im Stall pro Tier deckt sich mit der EU-Verordnung. Pro Hektar ist das Halten von bis zu 140 Legehennen, zehn Mastschweinen oder zwei Milchkühen erlaubt. Der Verband schränkt die Verwendung zahlreicher Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen unter den Tierarzneimitteln ein, sofern es wirksame Alternativen gibt. Außerdem lässt Bioland das Tierwohl nach festgelegten Kriterien kontrollieren.

Bei Rindern und Schweinen dürfen Schwänze nicht kupiert werden. Das Stutzen von Schnäbeln ist verboten. Wiederkäuer zu enthornen soll vermieden werden.

Kreislaufwirtschaft: Wo die EU-Verordnung nur 20 Prozent Futter aus eigener Herstellung fordert, verlangt Bioland von seinen Mitgliedern, dass sie mindestens 50 Prozent ihres Tierfutters selbst anbauen. Alternativ darf es von einem Betrieb in bis zu 50 Kilometer Entfernung stammen. Außerdem fordert die Richtlinie, dass Betriebe mit Wasser ressourcenschonend umgehen sollen.

Wo es noch mehr Infos gibt: Bioland veröffentlicht seine Richtlinien auf der Webseite des Verbandes.


Naturland

Wie viel Bio im Produkt steckt: Naturland-Produkte sollen nur Zutaten enthalten, die nach den Richtlinien des Verbandes produziert worden sind. Ist die Zutat in Naturland-Qualität nicht zu bekommen, ist unter Auflagen das Verwenden von Biozutaten möglich, die mindestens das EU-Biosiegel tragen. Gibt es eine Zutat auf dem Markt gar nicht in Bioqualität, so dürfen nach Genehmigung von Naturland in Ausnahmefällen bis zu 5 Prozent des Produkts aus konventionellen Zutaten bestehen.

Wie bio der ganze Betrieb ist: Naturland-Betriebe dürfen genauso wie Bioland-Betriebe ausschließlich ökologisch produzieren. Die Richtlinien von Naturland decken darüber hinaus auch Bereiche ab, die in der EU-Verordnung nicht geregelt sind. Dazu zählen die ökologische Nutzung von Wäldern und das Herstellen von Textilien oder Kosmetika. Außerdem gibt es die Zusatzzertifizierung „Naturland fair", die das Einhalten bestimmter Sozialstandards bescheinigt.

Tierhaltung: Die geforderte Mindestfläche im Stall pro Tier entspricht der EU-Verordnung. Pro Hektar ist das Halten von bis zu 140 Legehennen, zehn Mastschweinen oder zwei Milchkühen erlaubt. Das Tierwohl lässt Naturland ebenso wie Bioland zusätzlich kontrollieren.

Die Regelungen zum Kupieren von Schwänzen oder dem Enthornen decken sich weitgehend mit der EU-Verordnung. In seinen Richtlinien weist Naturland explizit darauf hin, dass das Tierwohl über wirtschaftlichen Interessen stehen muss. Eine Behandlung darf beispielsweise nicht unterbleiben, weil sonst der Ökostatus des Tieres (siehe EU-Biosiegel) gefährdet wäre.

Kreislaufwirtschaft: Mindestens 50 Prozent des gesamten Futters muss vom eigenen Betrieb stammen. Alternativ muss dieses Futter zumindest durch eine Kooperation von einem Betrieb in der Nähe zugekauft werden, die Naturland genehmigt hat. In Regionen mit Wasserknappheit schreibt Naturland Gegenmaßnahmen wie das Erstellen eines Wassermanagementplans vor.

Wo es noch mehr Infos gibt: Naturland veröffentlicht seine Richtlinien auf der Webseite des Verbandes.


Demeter

Wie viel Bio im Produkt steckt: Mindestens 90 Prozent der Zutaten eines Produktes müssen Demeter-Kriterien entsprechen oder mit Ausnahmegenehmigung mindestens 66 Prozent, damit das Markenzeichen darauf abgebildet sein darf. Die restlichen 10 Prozent dürfen aus anderen Biozutaten bestehen - wenn es sie nicht in Demeter-Qualität auf dem Markt gibt. Bezüglich konventioneller Zutaten verweist Demeter auf die EU-Verordnung.

Wie bio der ganze Betrieb ist: „Der gesamte Betrieb wird nach den Demeter-Richtlinien bewirtschaftet", schreibt der Verband vor. Dem Betriebsleiter ist nicht erlaubt, einen anderen Betrieb konventionell zu führen. 10 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Betriebs müssen der Förderung von Biodiversität vorbehalten sein.

Tierhaltung: Demeter verbietet das Enthornen von Tieren. Schwänze dürfen nur kupiert werden, wenn ein Tierarzt dies für notwendig hält. Das Tierwohl lässt Demeter ebenso wie Bioland und Naturland zusätzlich kontrollieren.

Die geforderte Mindestfläche im Stall pro Tier entspricht größtenteils der EU-Verordnung - Demeter regelt die nötige Ausstattung für Geflügel allerdings um einiges umfassender. Pro Hektar ist das Halten von bis zu 140 Legehennen, zehn Mastschweinen oder zwei Milchkühen erlaubt.

Kreislaufwirtschaft: Mindestens 50 Prozent des Futters soll vom eigenen Betrieb oder einem kooperierenden Betrieb stammen. 70 Prozent des jährlich verabreichten Futters muss in der Regel Demeter-Kriterien entsprechen. Demeter-Bauern müssen mit sogenannten biodynamischen Präparaten arbeiten, wie in Kuhhörnern vergrabenem Mist oder Baldriansaft. Solche Präparate sollen laut der Richtlinien Boden, Pflanzen und Tiere „für die kosmischen und geistigen Kräfte" öffnen - und der Verbesserung der Qualität dienen.

Die Wirksamkeit dieser Präparate bezweifeln Kritiker immer wieder. Forschende des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) untersuchen in einem Langzeitprojekt seit 2002 unter anderem den Einfluss der Präparate. Bisher entdeckten sie in einzelnen Jahren einzelne Effekte, konnten aber keinen Einfluss auf den Ertrag feststellen.

Wo es noch mehr Infos gibt: Demeter veröffentlicht seine Richtlinien auf der Webseite des Verbandes.

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