Meinerzhagen. Atomausstieg und Energiewende. Ende gut, alles gut? Keineswegs. Das machte Klaus Brunsmeier in seinem Vortrag „Atomausstieg: Altlasten und neue Kosten - Konzepte für die Zukunft" im ev. Gemeindehaus am Inselweg deutlich. Der stellvertretende BUND-Vorsitzende ist Mitglied der Kommission, die der Bundestag eingesetzt hatte, um Vorschläge zur Standortfindung für ein Endlager zu machen.
„Die Komplexität ist kaum vermittelbar", machte Brunsmeier, der auf Einladung der Grünen nach Meinerzhagen gekommen war, deutlich. Der Umweltexperte schaffte es dennoch einen Eindruck von den Aufgaben zu vermitteln, um die es geht. Schnell wurde auch klar, die Probleme sind mit dem Abschalten der Atomkraftwerke nicht gelöst. Viele Fragen sind offen: Wohin mit den atomaren Abfällen? Wie könnten Lösungen aussehen? Sollen jetzt Entscheidungen getroffen, die spätere Generationen binden? Gibt es vielleicht irgendwann Technologien, mit denen der Müll besser beherrschbar ist?
Atommüll begleitet uns weiterhinKaum einer in der Runde wusste, dass allein in NRW Atommüll an sieben Standorten gelagert oder weiter verarbeitet wird. Schrott etwa wird solange „gestreckt", bis die Grenzwerte für Strahlungen unterschritten werden. Atommüll kommt so z. B. als Besteck wieder auf den Tisch. Klaus Brunsmeier machte deutlich, dass viele, auch ethische Fragen nicht gelöst sind. Bis es ein sicheres Endlager gibt, dürften noch etwa 80 Jahre ins Land gehen. Sicher ist auch, dass die Kosten nicht die Verursacher, also die Energiekonzerne tragen, sondern wir, die Steuerzahler oder Stromkunden. „Zahlen müssen wir eh", so Brunsmeiers Botschaft.
Aufgabe der Kommission, die Ende Juni ihren Bericht vorlegen soll, ist es nicht ein Endlager zu bestimmen, sondern den Suchprozess zu organisieren, Kriterien für die Suche festzulegen und Verfahren dafür zu skizzieren. Bisher, so Brunsmeier, sei nur nach Lagerstätten in Salz gesucht worden. „Es geht auch in Ton oder Granit". Der BUND-Experte geht davon, dass am Ende eines mehrstufigen Auswahlverfahrens „drei bis fünf Standorte" in die engere Wahl kommen. 2031 soll dann feststehen, welcher die „bestmögliche Sicherheit bietet". Was die Sicherheit angeht, vertraut Brunsmeier eher einer unterirdischen Lagerung. Die Geologie sei berechenbarer und zuverlässiger als der Mensch.
Kommission kann Erfolge vorweisenDie Arbeit der 2014 eingesetzten Kommission habe bisher dazu geführt, die Einlagerung des Atommülls als staatliche Aufgabe anzusehen und sie nicht mehr der Wirtschaft zu überlassen. Bei Entscheidungen über den Standort eines Endlagers soll es Rechtsschutz für die Betroffenen geben und es gibt ein Exportverbot für Atommüll. Er wird dort entsorgt, wo er anfällt. Wünschenswert wäre es den Atomausstieg ins Grundgesetz zu schreiben, damit der neuerliche Ausstieg aus dem Ausstieg nicht wieder durch Änderung der politischen Kräfteverhältnisse beschlossen werden kann.
Für künftige Technologien wie Gen- oder Nanotechnologie forderte Klaus Brunsmeier vor deren Einsatz eine Risikoabschätzung, um künftigen Generationen ein Dilemma wie mit der Atomenergie zu ersparen. Für den Ausstieg und die Entsorgung müsse weiter mobilisiert werden. Für die Beherrschung der Technologie brauche man auch künftig hochqualifizierte Fachkräfte. Und die brauchten für den schwierigen Job gesellschaftliche Wertschätzung und entsprechende Bezahlung. Vor dem Hintergrund der großen Aufgabe und der Unwägbarkeiten sei es unverständlich, dass Bundesbildungsministerin Wanka Forschungsmittel immer noch in die Erzeugung der Atomenergie statt in die Lösung der Entsorgungsprobleme stecke.
Aktion in FußgängerzoneDer Vortrag zum aktuellen Stand des Atomausstiegs und der Energiewende war Teil der Aktivitäten zur Nachhaltigkeitswoche, an der die Meinerzhagener Grünen sich beteiligen. Am Freitag, 3. Juni, geht es darum, Plastikabfall durch bewussteren Einkauf zu vermeiden. „Papier statt Plastik" ist dann Thema einer Aktion mit Gewinnspiel in der Meinerzhagener Fußgängerzone.