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Warum ich auf Airbnb verzichten kann

Erlebe einen Ort, als ob du dort wohnen würdest." Das verspricht uns Airbnb und lockt mit Bildern von schicken Altbauwohnungen, urbanen Dach-Ausblicken in Sepia und überaus glücklich wirkenden Menschen. Für mich ist Airbnb aber das Gegenteil vom alternativen Reisen, der beigefarbene Spießer-Tourist unter allen Urlaubern.

Airbnb bietet den Komfort der eigenen Wohnung, heißt es. Ich will auf Reisen mein Wohngefühl nicht mitnehmen. Sonst würde ich ja zu Hause bleiben. Was bringt mir ein Kingsize-Bett, ein Fernseher und im Bad eine Körperwaage, wenn ich doch eigentlich raus in die Welt will - ohne Gefahr zu laufen, mal wieder vor meinem Laptop zu versacken?

Nein, Bequemlichkeit und Abenteuer lassen sich ebenso wenig verbinden wie Segways und Bungee-Jumping. Gut, eine Küche mit Kühlschrank kann auch für Abenteurer ganz nützlich sein, aber die gehört meistens zur Standardeinrichtung von Hostels dazu. Daneben brauche ich nicht viel mehr - und will es auch nicht.

Mit Airbnb lernst du eine Stadt und ihre Leute richtig kennen? Könnte man denken, aber tatsächlich sind die meisten Anbieter nicht primär daran interessiert, neue Freunde zu finden. Sie wollen einfach Geld. Gerade bei den steigenden Mietpreisen in Städten wie Paris oder London ist das verständlich, manche sind auf die Extra-Einnahmen durch die gelegentlichen Besucher angewiesen, um die eigene Miete bezahlen zu können.

Aber die Erwartung, mit heimischen Speisen bekocht zu werden und die Vormittage gemeinsam mit Tandem-Sprachkursen, die Abende in den Lieblingskneipen der Gastgeber zu verbringen, wird wahrscheinlich enttäuscht.

Das sagt nicht nur meine Erfahrung, das sagt auch die durchschnittliche Airbnb-Anzeige, die mit Waschmaschine, Wifi und Mietfahrrädern wirbt. Die ursprüngliche Idee, bei Fremden zu schlafen und bei Freunden aufzuwachen, ist der kommerziellen Nutzung gewichen. Ich habe nichts von einheimischen Gastgebern, wenn ich sie nur bei der Schlüsselübergabe zu Gesicht bekomme.

Airbnb bedeutet alternatives Reisen? Wenn man es für alternativ hält, als Tourist Einheimische an den Stadtrand zu drängen, dann auf jeden Fall. Natürlich bist du nicht direkt daran Schuld, dass akuter Wohnungsmangel und gleichzeitig ein immer verrückterer Mietspiegel ärmere Bevölkerungsschichten aus den schönen Vierteln vertreibt.

In der Slideshow: Ehrliche Reisewerbung

Aber wenn du für vier Nächte ein Zimmer buchst, was sonst eine Studentin für drei Jahre beziehen könnte, dann machst du mit bei der Gentrifizierung. Mit unserer Nachfrage sorgen wir dafür, dass sich Mieter ihre Wohnung mit Urlaubern finanzieren oder sogar mehrere Apartments mit Airbnb unterhalten. Am Ende leben wir in toten Städten voller Ferienwohnungen. Für mich ist das Tourismus, der zerstört.

Was also tun? Seit ein paar Wochen hängen in Berlin große Plakate mit dem charakteristisch geschwungenen Airbnb-A und Sprüchen wie "Stop milking it!" oder "Castrate Gentrification!" - eine Guerrilla-Kampagne gegen die Wohnungsplattform.

Eine handfeste Alternative: Wenn man Lust auf spannende Begegnungen, lange Nächte und wackelige Hochbetten hat, dann kann man von Hostel zu Hostel hoppen.

Ansonsten gibt es Couchsurfing, die unkommerzielle Variante, wo man bei den Anbietern für lau ein paar Tage verbringt und dafür gemeinsame Momente teilt. Vielleicht mit weniger Komfort, mit Luftmatratze statt Kingsize-Bett, aber dafür mit gutem Gewissen und echtem Abenteuer.

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