Sie malen, machen Musik, schaffen Skulpturen, Fotografien, Kunstvideos, Installationen. Und manchmal eben, da setzen sie alles zu einem Gesamtkunstwerk zusammen und gehen damit auf die Bühne, etwa am Spektakel. Dann pilgert ihr treues Publikum mit Kind und Kegel herbei. Schon bald knistert es vor Vorfreude auf den neusten Streich des Zürcher Duos Lutz & Guggisberg.
Weil die beiden ihre Fans gerne etwas zappeln lassen, scheppert und rappelt es erst, bis sie auf die Bühne finden und das Licht auf allerlei Krimskrams fällt: auf weisse Gipsfiguren - Andres Lutz tauft sie "unsere charakteristischen Eier und Hupfe" -, auf grüne Einmachgläser, einen Hellraumprojektor, die grosse Leinwand, ein paar Skischuhe und überall diese Bezüge für Autositze mit den Holzkugeln, die, so heisst es, während der Fahrt den Rücken massieren. Rechts entdeckt man einen Laptop und die Gitarren von Anders Guggisberg, irgendwo links steht Lutz' Schlagzeug, zusammengeschustert aus Farbkübeln, Wasserflaschen, Blechrohren.
Überhaupt wird viel philosophiertZuerst gibts allerdings ein Ständchen für zittrige Blockflöte (gespielt von Emil Gut) und Melodica (gespielt von Anders Guggisberg, wem sonst?), bis eine silbern flirrende Traumgestalt unterbricht und ein bisschen über Gott und die Welt nachdenkt. Überhaupt wird viel philosophiert, häufig auch fabuliert, assoziiert, geschwatzt, geschwurbelt und geplappert. Lutz, der als schwadronierender Conférencier durch den Abend führt und dabei mit Texten und Dialekten jongliert, als habe er abwechselnd einen Clown oder Trudi Gerster verschluckt, drückt uns den roten Faden in die Hand: "Schöne Schäume verblasen" ist die Nacherzählung eines Traums, mal absurd, mal belustigend, mal verstörend.
Es geht um unsere Erinnerung und die Tendenz, das Denkvermögen dem Computer zu überlassen: "Sie tragen ihr Hirn in der Gesässtasche", bemerkt Lutz zwischen Gurken- und Gipfeligeschichten. Das ist alles höchst vergnüglich, sehr geistreich und gleichzeitig kolossaler Kokolores: todernst gemeint, doch am Schluss nur "Hans was Heiri". Oder wie wir gleich zweimal an diesem Abend hören: "Hohle Köpfe verseuchen die Welt - aber die anderen sind auch nicht besser."
(Tages-Anzeiger)
(Erstellt: 28.08.2014, 17:20 Uhr)