Michael Schophaus

Reporter, freier Journalist & Textchef, Hamburg

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Feature

Glaube. Liebe. Hoffnung!

Es gab Tage, da kam die Hoffnung durch die Tür. Sie sprach sehr sanft und trug einen weißen Kittel, aber der kranke Junge fand sie richtig doof. Oft hatte er sogar Angst vor ihr. Weil sie ihm weh tun musste. Weil sie ihn aus seiner Kindheit riss. Weil sie mit ihm Sachen machte, die er nicht verstand. Dann brüllte er die Hoffnung an und beschoss sie mit Stöpseln, die er sich vorher auf Spritzen steckte. Der kranke Junge brauchte sehr lange, bis er sich an die Hoffnung gewöhnte. Irgendwann merkte er doch, wie gut sie es mit ihm meinte. Dass sie sein Aua verscheuchte. Dass er sich auf sie verlassen
konnte. Irgendwann war auch bei ihm die Hoffnung angekommen, als die Tür aufging. Er spürte, dass sie nicht nur seine Verbände wechseln wollte. Oder das Gift seiner Chemotherapie. Er spürte, dass sie auch die Wunden seiner kleinen Seele pflegte. Wenigstens für ein paar Stunden des Glücks. Komm her, sagte er. Und sie kam.
Die Hoffung war eine junge Ärztin. Sie arbeitete in einem Hamburger Krankenhaus und kümmerte sich um Kinder, die Krebs hatten. Sie hielt ihnen die Schale hin, wenn sie sich übergeben mussten. Sie küsste sie auf die Stirn, wenn die Haare ausfielen. Sie pumpte ihnen Trost in die Venen, wenn die Schmerzen zu stark wurden. Sie lachte, sie weinte mit ihnen. Sie ließ sie das Leben wieder schmecken; und erst wenn sie alles, wirklich alles, versucht hatte, streichelte sie einige der Kinder in den Tod.