Wenn euch Massenschlachten im fernen Japan genauso stark interessieren wie ein Sack Reis, der in China umgefallen ist, dürfte Sengoku Basara: Samurai Warriors von Capcom auf euch besser wirken als jede Schlaftablette. Alle anderen bekommen eine knallbunte Schlachtplatte serviert.
Die Geschichte ist so epochal wie simpel: Im feudalen, ohne Realitätsanspruch zusammenfantastierten Japan wollen mehrere Samurai-Fraktionen die Herrschaft über den Inselstaat erlangen. Und auch in Sachen Spielmodi wurde sich auf das Wesentliche konzentriert: In "Schnelle Schlacht" geht es dem Namen entsprechend um ein fixes Scharmützel zwischendurch, die wirkliche Story entfaltet sich aber nur im "Heldengeschichte"-Modus. Hier wählt ihr erst mal eine Partei anhand ihres charismatischen Anführers.
Spätestens jetzt bemerkt man Capcoms Handschrift, immerhin durften die fernöstlichen Helden in Sengoku Basara X bereits in einem 2D-Beat'em-Up antreten. Die Charaktere sind allesamt in Kampfstil, Waffe und Persönlichkeit sehr individuell. Der klassische Samurai, unterkühlt und nur auf ehrenhafte Kämpfe mit seinem treuen Katana aus, ist ebenso vorhanden wie der wuchtige Minengefangene samt Eisenkugel oder die distanziert kühle Revolverheldin à la Bayonetta.
Vorsicht ist geboten, denn jeder Kämpfer ist verschieden schwer oder leicht zu beherrschen. Kuroda Kanbe bewegt sich förmlich in Zeitlupe über das Schlachtfeld, haut aber so saftig zu wie kein anderer, während Heißsporn Yukimura Sanada zwar flott mit seinen zwei Kurzschwertern herumwirbelt, aber vergleichweise wenig Schaden anrichtet.
Magie im Samurai-Alltag.
Damit sich das ändert und der favorisierte Recke an Erfahrung gewinnt, metzelt ihr euch Schlacht für Schlacht gegen die Kontrahenten durch das umkämpfte Nippon. Nach jeder Massenkeilerei tun sich zudem oft mehrere Routen auf, so dass ihr euren Kontrahenten samt Areal frei wählen dürft. Jedes Level ist mit eigenen Fallstricken versehen und ehe es an den eigentlichen Revierkampf geht, sollt ihr strategische Aufgaben lösen, zum Beispiel die Brücken zu einer Baumfestung herunterlassen, ein Schlachtschiff auf seinem Weg beschützen oder euch den Ausgang einer mit Geröll verschütteten Höhle freisprengen.
Das klingt komplizierter als es ist, erledigt wird es nämlich immer auf die gleiche Art: Stürmt von Stützpunkt zu Stützpunkt, fegt den jeweiligen Lagerhauptmann vom Podest und stürzt die Truppenführer - fertig.
Kleine Zwischensequenzen in Spielgrafik illustrieren die Levels und den finalen Endkampf, die meisten davon fallen allerdings etwas sehr Slapstick-orientiert aus. Da gibt es den tollpatschigen Vielfraß mit Dämonenbeschützer, der nur durch das Löschen der Kochflamme unter seinem Riesenkessel bezwungen werden kann, den greisen Feldherren mit den üblichen Rückenproblemen oder natürlich auch den sexuell unentschlossenen Typ mit tuffiger Attitüde. Japanophile kommen bei der Inszenierung voll auf ihre Kosten, denn zwischen den dramatisch-ernsten und absurd-komischen Extremen gibt es hier kaum etwas zu sehen.
Im Kampf stehen euch einige Spezialattacken zur Verfügung, neben den beiden durch Knöpfchengehämmer verkettbaren Standardangriffen. Durch steigende Erfahrung kommen zudem stärkere Special Moves hinzu, die auf die Schultertasten verteilt werden. Wird es dann mal besonders brenzlig, aktiviert man bei voller blauer Leiste den "Basara-Move", eine besonders mächtige Kombination, der gerne mal da Feld auf einen Schlag säubert und auch im chaotischsten Trubel für Ordnung sorgt. Der "Heldengang" dagegen versetzt die Gegner in Zeitlupe und lässt sich durch erfolgreich aufgereihte Niederschläge verlängern.
Spektakulär räumt man mit dieser Kugel die gegnerischen Reihen ab.
Jäger und Boni-SammlerIst der Boss dann bezwungen, wird abgerechnet. Die offen herumstehenden oder in kleinen Geheimgassen verborgenen Gegenstände füllen nicht nur Superkräfte und Energie auf, es gibt auch Geld und Gegenstände zu sammeln. Damit lässt sich zwischen den Schlachten neues Zubehör für die jeweiligen Waffen sammeln. Mehr Angriffs-, Defensivkraft oder verstärkte Elementarattacken - hier ist das Feld breit und dem Sammeltrieb keine Grenzen gesetzt. Durch besondere Leistungen, wie das Eliminieren aller feindlichen Truppen oder Aufspüren von Geheimnissen, füllen sich Geldbeutel und Erfahrungsleiste umso schneller.
Auf jeder Route lauern andere Gefahren, die die Truppen aufmischen.
Nach durchschnittlich rund sieben Kampfplätzen steht ihr dann auch dem finalen Gegner gegenüber, im Normalfall Faustkämpfer Ieyasu Tokugawa. Es gibt aber einige Alternativrouten und Verzweigungen, bei vielen geht man automatisch Bündnisse mit anderen Parteien ein oder gewinnt Gefährten, die auch direkt im Kampf helfend eingreifen. Ist die Schlacht entschieden, warten die anderen Wege auf Erkundung. Alle Extras und Moves schaltet ihr nur in einem Durchgang längst nicht frei: Wiederspielwert garantiert.
Same old: der Samurai-AlltagZu entdecken gibt es also Einiges. Und trotzdem stellt sich schnell Alltag ein. Bald hat man alle Areale gesehen, weiß genau, wie der Hase läuft und was zu tun ist. Die Monotonie ist der größte Feind dieses Genres und auch hier nicht völlig bezwungen. Ob man Sengoku Basara - Samurai Heroes nicht nach ein paar Tagen in die Ecke ballert, hängt ganz von der eigenen Affinität zu Genre und Charakteren ab.
Denn ehrlich: Die Präsentation lässt zu wünschen übrig. Gegenüber dem PlayStation-2-Vorgänger hat sich grafisch nur wenig getan, besonders die asynchronen Stimmen und ziemlich kantigen Rundungen lassen massig Spielraum nach oben. Die Filmsequenzen gehen zwar in Ordnung, aber mancher Konkurrenzprügler kommt denen bereits in seiner Spielgrafik fast gleich.
Die Musik erinnert in Glanzmomenten an epochale Soul Calibur-Fanfaren, dudelt aber oft in Rockdauerschleife ohne besondere Aufhorchmomente dahin. Das fällt einem besonders dann auf, wenn mal wieder eine präzise geplante Kombo ins Leere schießt, weil der träge Wahl-Samurai bei der Ausführung seiner Kampfkünste so stur nach vorne prescht, dass man die Soldatenhorden gerne mal größtenteils verfehlt.
Und wo zum Berg Fuji ist der Online-Modus? Das Fehlen schmerzt absolut, hier wären launige, weltweite Taktikschlachten sicher ein großes Highlight. Hoffentlich beim nächsten Mal.
Diese Schwächen und altbackene Technik beiseite gelassen, macht Sengoku Basara: Samurai Warriors Laune. Das liegt besonders am Suchtfaktor, denn schnell ist man gespannt, was für Extra-Moves, Zubehör und sogar Charaktere und Kostüme sich so freispielen lassen. Und außerdem ist es immer wieder ein Erfolgsgefühl, wenn ein Lagerhauptmann mit blitzendem "Basara-Move" zu Fall gebracht wird.
Auch wenn manche völlig überzogen inszenierte Figur schwer zu steuern ist, sind alle schnell ins Herz geschlossen und der "Schnapp sie dir alle"-Faktor setzt ein. Da rennt man gerne auch zum xten Mal das gleiche Areal ab. Die sympathischen Samurais verfehlen ihr Ziel gewiss nicht, besonders wenn mehrere Dutzend deppiger Fußsoldaten vor der blitzenden Klinge durch den von Kirschblüten durchfluteten Schlossgarten fliegen.
Pro:
- Toll ausgearbeitete Charaktere- Aberwitzige Zwischensequenzen
- Viele freispielbare Boni, Charaktere und Kostüme
- Unkompliziertes Kombosystem
- Für Anime-Anhänger ein gefundenes Fressen
Contra:
- Angestaubte Grafik- Manchem sicher zu sehr auf Klamauk angelegt
- Monotonie durch fehlenden Online-Modus
Fazit:
Diese liebenswerten Fernosthelden wissen, wie man für Chaos sorgt. Sengoku Basara: Samurai Warriors glänzt durch witzige Inszenierung und wuchtige Moves. Einige Alternativrouten und freispielbare Boni trösten über einen nicht vorhandenen Online-Modus hinweg, nicht aber über die von Gestern stammende Grafik. Trotzdem gibt es für japanophile Einzelspieler genug Stoff für viele Stunden aberwitziger Massenschlachten. Es fehlt noch der letzte Feinschliff, um die Klingen zu schärfen. So bleibt nur ein Spiel für Anime- und Prügel-Freunde, die schon an dem alten Power Stone Gefallen fanden. Doch die sollten die Inseleroberung ins Auge fassen.