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Wir brauchen die QSM! Wie die Landesregierung die Hochschulen über den Tisch zieht

Für die Qualitätssicherungsmittel der Hochschulen

Das Abend­pro­gramm ver­schie­de­ner Stu­dis könnte oft unter­schied­li­cher nicht sein: Die einen besu­chen einen Vor­trag von "stu­dium gene­rale", andere tele­fo­nie­ren viel­leicht mit der Night­line und ein paar ganz Flei­ßige sit­zen die halbe Nacht in der UB. Nur eines haben diese drei Bei­spiele gemein­sam: Die Finan­zie­rung. Das Geld für unsere (neue) Uni­ver­si­täts­bi­blio­thek, für Pro­gramme wie "stu­dium gene­rale" und die Night­line kommt aus den soge­nann­ten QSM, den Qua­li­täts­si­che­rungs­mit­teln unse­rer Uni. Aber was ver­birgt sich hin­ter die­sen mys­te­riö­sen drei Buch­sta­ben, die in den letz­ten Wochen so häu­fig fallen?

Kon­kret ste­hen sie für 2.308.896,17 Euro. Über zwei Mil­lio­nen Euro, mit denen die Uni Frei­burg die Qua­li­tät von Stu­dium, Lehre und For­schung sichern soll. Und die­ses Geld möchte die Lan­des­re­gie­rung nun strei­chen - aus zwei­er­lei Grün­den ein Skan­dal. Das Beson­dere an den QS-Mitteln ist näm­lich, dass die Ver­tei­lung der Gel­der nicht, wie es in uni­ver­si­tä­ren Hier­ar­chien so häu­fig der Fall ist, von oben herab geschieht, son­dern im Ein­ver­neh­men zwi­schen Rek­to­rat und Stu­die­ren­den. "Das QSM-Vergabegremium ist das ein­zige in der gesam­ten Hoch­schul­po­li­tik, in der wir Stu­die­rende nicht über­stimmt wer­den kön­nen, son­dern den Pro­fes­so­ren gleich­be­rech­tigt sind", sagt Mat­thias Gor­nik, der im letz­ten Jahr zusam­men mit Rebekka Blum, Julian Zim­mer und Michael Agne vom Stu­die­ren­den­rat in das QSM-Gremium gewählt wurde. Dort sit­zen unsere vier Vertreter*innen zusam­men mit unse­rem Kanz­ler Mat­thias Sche­nek, mit Juliane Besters-Dilger, der Pro­rek­to­rin für Stu­dium und Lehre, und zwei gewähl­ten Studiendekan*innen an einem Tisch, momen­tan Diet­mar Neu­tatz aus der phi­lo­so­phi­schen Fakul­tät und Bet­tina War­scheid aus der Biologie-Fakultät.

Die grün-rote Lan­des­re­gie­rung plant nun, die ins­ge­samt 170 Mil­lio­nen Euro QSM, die sie allen baden-württembergischen Uni­ver­sti­tä­ten als Aus­gleichs­zah­lung für die Abschaf­fung der Stu­di­en­ge­büh­ren im Jahr 2011 jähr­lich zur Ver­fü­gung stellt, auf 20 Mil­lio­nen zu redu­zie­ren (das ist auf alle Unis gerech­net ein Witz - ich werde hier also wei­ter­hin von "Abschaf­fung" spre­chen) und dafür die Grund­fi­nan­zie­rung der Uni­ver­si­tä­ten um drei Pro­zent zu erhö­hen, was ange­sichts der Infla­ti­ons­rate und stei­gen­der Stu­die­ren­den­zah­len schon längst über­fäl­lig ist, wes­halb eigent­lich auch kaum von einer "Erhö­hung" gespro­chen wer­den kann, geschweige denn von einer "Über­füh­rung" der QSM in die Grund­fi­nan­zie­rung. Clau­dius Klue­ting, Vor­sit­zen­der des RCDS (Ring Christlich-Demokratischer Stu­den­ten) Frei­burg, spricht von einer "Mogel­pa­ckung". Die Lan­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin The­re­sia Bauer sor­tiere Geld "nur von der einen in die andere Tasche um und löst damit keine Pro­bleme, son­dern ver­la­gert sie nur." Clau­dius befürch­tet, dass das eigent­lich zweck­ge­bun­dene Geld nun "in den Ver­wal­tungs­kos­ten der Hoch­schu­len ver­si­chern" werde.

Viel schwe­rer als die finan­zi­el­len Ein­bu­ßen trifft unsere Sta­tus­gruppe jedoch der Weg­fall der stu­den­ti­schen Mit­be­stim­mung. Für Mat­thias Gor­nik war das QSM-Vergabegremium stets der gelebte Beweis dafür, "dass Zusam­men­ar­beit auf Augen­höhe funk­tio­niert und trotz­dem kein Chaos aus­bricht." Anfang die­ses Semes­ters haben Mat­thias, Rebekka, Julian und Michael bei­spiels­weise durch­set­zen kön­nen, dass die Uni­cards der neuen Ers­tis nicht von QS-Mitteln bezahlt wer­den - Uni­cards soll­ten ihrer Ansicht nach fes­ter Bestand­teil der Grund­fi­nan­zie­rung sein. Für Yves Heu­ser, Lan­des­ko­or­di­na­tor und Teil des Sprecher*innengremiums der Juso-HSG (Jung­so­zia­lis­ti­sche Hoch­schul­gruppe) Frei­burg habe diese Dis­kus­sion gezeigt, dass die QSM "ein wich­ti­ger Hebel" seien. "Der geht uns jetzt ver­lo­ren und was mit dem Geld pas­siert, ist unge­wiss. Pro­jekte, die gerade Stu­die­ren­den am Her­zen lie­gen, zum Bei­spiel E-Learning-Programme an man­chen Hoch­schu­len oder lange Öff­nungs­zei­ten von Semi­na­ren, sehen sich einer unge­wis­sen Zukunft gegen­über", sagt er.

Die QSM der Uni Frei­burg finan­zie­ren momen­tan vor allem den Neu­bau der UB mit 950.000 Euro und das Zen­trum für Schlüs­sel­qua­li­fi­ka­tio­nen mit 550.000 Euro, außer­dem das Rechen­zen­trum, den Hoch­schul­sport, das Uni­ver­sity Col­lege, "stu­dium gene­rale", BOK- und EPG-Kurse, die Night­line sowie die Miete für Semi­nar­räume im Brei­sacher Tor. Mit wel­chen Ein­bu­ßen wir durch die Abschaf­fung der QSM in Zukunft womög­lich rech­nen müs­sen, ist der­zeit noch unklar. Das Rek­to­rat habe sich dazu noch nicht geäu­ßert, sagt Mat­thias. Es habe nun natür­lich mehr Frei­hei­ten - gegen­über uns Stu­die­ren­den - dafür aber weni­ger Geld. Vor allem der Kanz­ler sehe das eben­falls kritisch.

Aljoscha Hart­mann, Vor­stand der Frei­bur­ger Stu­die­ren­den­ver­tre­tung, glaubt, dass durch öffent­li­chen Druck ein Teil des Gel­des geret­tet wer­den könnte. Aus die­sem Grund haben sich auch die Lan­des­stu­die­ren­den­ver­tre­tung von Baden-Württemberg und die vier gro­ßen Hoch­schul­grup­pen RCDS, Cam­pus­grün, Juso-HSG und LHG (Libe­rale Hoch­schul­gruppe) zu einer gemein­sa­men Pres­se­er­klä­rung ent­schlos­sen, in der sie die Lan­des­re­gie­rung dazu auf­for­dern, von dem geplan­ten Vor­ge­hen abzu­se­hen und mit ihnen in Ver­hand­lung zu tre­ten. Andern­falls for­dern die Jusos, dass stu­den­ti­sche Vertreter*innen als berich­tende, bera­tende oder sogar mit­be­stim­mende Mit­glie­der unter größt­mög­li­cher Trans­pa­renz in die Haus­halts­pla­nung ein­be­zo­gen wer­den. Außer­dem star­tete aus­ge­hend von Hei­del­berg das Bünd­nis "#Ich­Brauch­Die­QSM", das zu einer Peti­tion zum Erhalt zweck­ge­bun­de­ner Qua­li­täts­si­che­rungs­mit­tel bei stu­den­ti­scher Mit­be­stim­mung auf­rief und die auch unser Stu­die­ren­den­rat unter­stützt. Da bleibt nur zu hof­fen, dass unsere Lan­des­re­gie­rung wie­der zur Ver­nunft kommt, denn sonst steht eines fest: Die Qua­li­tät ist nicht mehr sicher.

Louisa The­resa Braun
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