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Die Uni und das liebe Geld: Aktionstag zur Hochschulfinanzierung

Gemeinsame Demo von Studis und Rektorat

Wenn Rek­to­rat und Stu­die­rende sich ver­ei­nen, wenn von den Profs über die Ange­stell­ten der Uni­ver­si­tät bis hin zum gemei­nen Studi alle Sta­tus­grup­pen der Uni Uni zusam­men auf die Straße gehen, wenn das ganze Spek­trum (partei-)politischer Hoch­schul­grup­pen Seite an Seite für ein gemein­sa­mes Ziel kämpft - dann scheint wirk­lich Krieg zu dro­hen. Oder es geht ums Geld. Was die Lan­des­re­gie­rung verzapft

Diese schein­bar unna­tür­li­che Zusam­men­ar­beit ließ sich beim lan­des­wei­ten Akti­ons­tag Hoch­schul­fi­nan­zie­rung im Som­mer­se­mes­ter 2014 auf dem Platz der alten Syn­agoge beob­ach­ten. Anlass der gemein­sa­men Kund­ge­bung von Rek­to­rat, Per­so­nal­rat und Stu­die­ren­den­ver­tre­tung: Zum 01. Januar 2015 lief der Soli­dar­pakt II aus, durch den die neun baden-württembergischen Unis sich momen­tan noch mehr schlecht als recht finan­zie­ren. 2007 zwi­schen Land und Hoch­schu­len ver­ein­bart, um qua­li­fi­zierte und for­schungs­ba­sierte Lehre zu gewähr­leis­ten und „Pla­nungs­si­cher­heit" zu bie­ten, wird der Pakt sowohl den gestie­ge­nen Stu­die­ren­den­zah­len als auch den wach­sen­den Aus­ga­ben schon lange nicht mehr gerecht. Im Gegen­teil: Inzwi­schen kos­tet er unsere Uni schon 52 Mil­lio­nen Euro im Jahr. Rek­tor Hans-Jochen Schie­wer stellt des­we­gen klar: „Die Grund­fi­nan­zie­rung muss signi­fi­kant erhöht wer­den!" Wenn die Lan­des­re­gie­rung in den nächs­ten Wochen die Grund­züge eines neuen Soli­dar­pak­tes fest­legt und ihre Spar­po­li­tik fort­setzt, dro­hen unse­rer Uni emp­find­li­che Ein­schnitte. „Es ist fünf vor zwölf", betont Schie­wer. Gefähr­det seien zum Bei­spiel die Aus­stat­tung unse­rer neuen UB mit Tischen und Stüh­len oder Ange­bote wie „stu­dium gene­rale". Dass Schie­wer als Vor­sit­zen­der der Lan­des­rek­to­ren­kon­fe­renz alle Sta­tus­grup­pen zum Streik auf­ruft, um poli­ti­schen Druck aus­zu­üben, zeugt vom Ernst der Lage - und sorgt bei der Stu­die­ren­den­ver­tre­tung trotz­dem für Belus­ti­gung. „Die Uni bedient sich der­sel­ben Mit­tel wie wir", sagt Julian Zim­mer, Vor­stand der Stu­die­ren­den­ver­tre­tung, und erin­nert in einer nicht unpro­vo­ka­ti­ven Rede daran, dass die Stu­die­ren­den schon 2010 dahin­ter gekom­men sind, dass die Gel­der des Lan­des nie­mals rei­chen kön­nen, der Bil­dungs­streik damals aber kei­ner­lei Unter­stüt­zung der Uni­ver­si­tät erhielt. Für die Zukunft hoffe er des­we­gen auf „pro­duk­tive Zusammenarbeit".

Auch Horst Hipp­ler, Prä­si­dent der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz, und Hel­mut Wal­ler, der stell­ver­tre­tende Vor­sit­zende des Per­so­nal­ra­tes, klin­ken sich ein. Ers­te­rer will die Albert-Ludwigs-Universität als attrak­ti­ven inter­na­tio­na­len Aus­bil­dungs­stand­ort erhal­ten, letz­te­rer rich­tet das Augen­merk auf die Beschäf­tig­ten der Uni. Mehr als vier­zig Pro­zent von ihnen hät­ten nur befris­tete Ver­träge und seien wegen ihrer pre­kä­ren Beschäf­ti­gungs­si­tua­tion psy­chisch stark belas­tet. „Ein Kahl­schlag mit Haus­halts­sense zur Rett­tung­der Schul­den­bremse", das ist für Hipp­ler der Solidarpakt.

Was die Stu­dis bewegt

Tat­säch­lich schei­nen den Ange­stell­ten der Uni die Ver­hand­lun­gen mit der Lan­des­re­gie­rung das größte Anlie­gen zu sein. Der Groß­teil der Demons­trie­ren­den ist über drei­ßig. Von Sei­ten der Stu­die­ren­den­ver­tre­tung wurde erst kurz­fris­tig für den Streik gewor­ben und nicht alle Stu­dis konn­ten sich von ihren Ver­an­stal­tun­gen befreien (ver­be­am­tete Dozent*innen dür­fen eigent­lich nicht strei­ken und daher auch keine Kurse aus­fal­len las­sen). Die Moti­va­tion der demons­trie­ren­den Stu­die­ren­den reicht von rei­ner Neu­gierde bis zum hand­fes­ten poli­ti­schen Ziel. David Tref­zer, der im zwei­ten Semes­ter Che­mie stu­diert, schaut zum Bei­spiel ein­fach mal vor­bei, weil in sei­ner Vor­le­sung für die Kund­ge­bung gewor­ben wurde. „Wir haben zu wenig Geld", sagt er. „Und eine grö­ßere Demo hat mehr Poten­zial, das zu ändern." Das hofft auch Max Wohlt­mann, Geschichts­stu­dent im vier­ten Semes­ter. Er zeigt sich „bewegt von den Wor­ten der Her­ren Hipp­ler und Schie­wer," von den For­de­run­gen der Stu­die­ren­den­ver­tre­tung sowieso. Des­halb unter­schreibt er auch eine ihrer Post­kar­ten, auf denen diese for­mu­liert sind und die der Bil­dungs­mi­nis­te­rin The­re­sia Bauer geschickt werden.

Was die Hoch­schul­grup­pen fordern

Die For­de­run­gen der Uni­ver­si­tät an die Lan­des­re­gie­rung sind den Jusos lange noch nicht weit­rei­chend genug. Char­lotte Groß­mann, Spre­che­rin der Juso-Hochschulgruppe, sieht das Pro­blem in der Struk­tur unse­res Bil­dungs­sys­tems, genauer: im Koope­ra­ti­ons­ver­bot, gemäß dem Hoch­schu­len nicht vom Bund unter­stützt wer­den dür­fen. „Es wäre viel gerech­ter, wenn die Finan­zie­rung zen­tral lau­fen würde", sagt sie. „Es ist echt schade, dass das Rek­to­rat sich die­ser For­de­rung nicht anschließt." Simon Hart­mann, Vor­sit­zen­der der Libe­ra­len Hoch­schul­gruppe, fin­det die Kund­ge­bung „wun­der­bar" und ist „sehr begeis­tert, dass wir alle gemein­sam demonstrieren."

Was die Zukunft bringt?

Ein his­to­ri­sches Ereig­nis: Professor*innen gehen auf die Bar­ri­ka­den, das Rek­to­rat erklärt der Lan­des­re­gie­rung den Krieg und Stu­die­rende sor­gen sich um ihre finan­zi­elle Situa­tion. Hof­fen wir, dass diese denk­wür­dige Inter­es­sen­ver­schrän­kung end­lich etwas ändern wird und wir uns auf das Ergeb­nis der Ver­hand­lun­gen zum Soli­dar­pakt III freuen können.

Louisa The­resa Braun
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