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Kolumne

Auf ein Wort: Schürfwunde

Kürzlich habe ich mir an einer Rolltreppe wehgetan. An deren unterem Ende bin ich im Vorübergehen für einen Moment mit dem rechten Knie an den Handlauf geraten. Das hat genügt, um mir drei Zentimeter weit die Haut abzuschürfen.

Es hat kaum geschmerzt, und ich habe mich zunächst bloß veranlasst gesehen, einen hellen Streifen auf der schwarzen Jeanshose wegzuwischen. Es ist wirklich nur eine oberflächliche Abschürfung, Erosion genannt, die heilen dürfte, ohne auch nur eine Narbe zu hinterlassen. Inzwischen, eine halbe Woche ist vergangen und ich habe das antibakterielle Ersthilfepflaster weggenommen, nimmt immerhin die Entzündung ihren Lauf: eine viel deutlichere Rötung der Wunde als am ersten Tag ist eingetreten.

Sehr schnell werde ich also diese leichte Verletzung nicht los. Das Infektionsrisiko dürfte weiterhin bestehen. Ein erneutes Pflaster kann also nicht schaden. Wenn's weiter nichts ist, kann ich mich glücklich schätzen, in Jahren und Jahrzehnten höchstens von derart harmlosen Verwundungen heimgesucht worden zu sein, die wahrhaftig kein Grund zum Wehklagen sind.

Arthur Schopenhauer (1788-1860), der die Verminderung des Leidens in der Welt für das anspruchsvollste Projekt der Menschheit hielt, das verfolgt werden sollte, kann ich nur beipflichten: Wenn es allen Lebewesen so "schlecht" ginge wie mir mit meinen bisherigen Wehwehchen – und ich bin schon so alt wie Schopenhauer in seinem letzten Lebensjahr –, dann hätten wir gewiss die beste aller Welten, die man mit einem Mindestmaß an Kompromissbereitschaft wollen und sich vorstellen kann.

QUELLEN
Schopenhauer (1819): Die Welt als Wille und Vorstellung
Wikipedia (10.1.2014): Schürfwunde