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Gründung in der Krise - Teil I: Die fünf Freund:innen vom Marktlokal

Das Gründer:innen-Team v. l. n. r.: Björn Persson, Florian Kawka, Thorge Henning, Nikola Henning, Niklas Krasenbrink, Foto: Marktlokal

Im Lockdown ein Lokal eröffnen? Ein riskantes Unterfangen, das von einigen mutigen Gastronom:innen unternommen wird. Wir stellen in den nächsten fünf Wochen fünf Gründer:innen vor, die aus der Krise eine Chance machen. Den Start macht das Marktlokal in der Berliner Markthalle Neun.


Mitte November haben das Ehepaar Nikola und Thorge Henning gemeinsam mit den Freunden Florian Kawka, Björn Persson und Niklas Krasenbrink ihr Marktlokal in der Berliner Markthalle 9 eröffnet – pünktlich zum Lockdown. Seitdem setzen sie auf to-go-Geschäft. Statt Hackbraten und hausgebrautem Bier am 13 Meter langen Holztresen gibt es derzeit Fish’n’Chips auf die Hand. Henning versucht die Krise auch als Chance zu sehen. Denn so habe das Team die Möglichkeit, Prozesse allmählich zu implementieren und sich auszuprobieren. „Wir können langsam Fahrt aufnehmen. Wenn wir von Null auf 100 losgelegt hätten, wäre das vielleicht auch ein bisschen chaotisch geworden.“, gibt Henning zu. Auf die Frage, woher er seinen Optimismus nehme, antwortet der Gastronom: „Wenn ich das anders sehen würde, ginge es mir nicht so gut. Ich muss mich dazu zwingen, das Ganze positiv zu sehen“.

Dabei hätten die fünf Gründer:innen vor einem Jahr noch nicht erahnt, dass sie die Location in der Markthalle 9 übernehmen würden. Denn zum Marktlokal kamen sie wie Maria zum Kinde: „Das Projekt hat uns gefunden und nicht andersherum.“, stellt Henning fest. Alles habe damit begonnen, dass die Freund:innen die Idee hatten, Pop-Up-Dinners zu veranstalten. Von Juni bis September 2020 setzten sie drei Veranstaltungen in verschiedenen Locations um – mit immer steigender Gästeanzahl. Das letzte Dinner fand im Marktlokal statt. Zuvor hätten die Eigentümer:innen das Team bereits darauf hingewiesen, dass sie neue Pächter:innen für das Objekt suchten. Also bewarben sie sich auf einen Zuschlag und hatten das Projekt kurze Zeit später in der Tasche. 


Unsichere Zeiten für Gastronom:innen: Wie lange geht der Lockdown?

Die Betreiberinnen freuen sich schon bald endlich Gste am 13 Meter langen Tresen bewirten zu knnen Foto Marktlokal

Die Betreiber:innen freuen sich schon, bald endlich Gäste am 13 Meter langen Tresen bewirten zu können, Foto: Marktlokal


Ursprünglich habe das Gründer-Team Mitte November eröffnen wollen. Doch etwa einen Monat vorher sei absehbar gewesen, dass das Corona-bedingt so nicht stattfinden würde. „Erstmal bestand die Herausforderung darin, einschätzen zu können, wie lange dieser Lockdown gehen wird. Das kann und konnte niemand absehen.“, sagt Henning. Von einer urplötzlichen Gastro-Schließung überrascht wurden die Betreiber bei ihrer Eröffnungsplanung jedoch nicht: „Wir waren ja noch in der Gründungsphase und konnten dieses Risiko einkalkulieren.“, sagt Henning ruhig. „Hätten wir kurz vor Corona, also Ende Februar 2020 eröffnet, wäre das natürlich eine ganz andere Situation.“, weiß der Betreiber. 

Von Vorteil sei für die fünf Freund:innen gewesen, dass sie einen bereits vorhandenen Betrieb übernommen haben: „Wir hatten also keine großen Investitionen bezüglich Umbaumaßnahmen.“ Das Wichtigste und gleichzeitig Herausforderndste an einer Gründung in der Krise sei die Motivation der Mitarbeiter:innen. „Tag ein, Tag aus wissen wir nicht, wie es weitergeht und man ist sehr eingeschränkt.“, beteuert Henning. Neben Kurzarbeitergeld hätte das Marktlokal keine weiteren Hilfen erhalten, da die Betreiber:innen kurz vor dem Lockdown gegründet haben.


Ganze zwei Tage geöffnet, seitdem to-go-Geschäft

FishnChips gibts im Marktlokal derzeit nur auf die Hand Foto Marktlokal

Fish’n’Chips gibt’s im Marktlokal derzeit nur auf die Hand, Foto: Marktlokal


„Zwei ganze Tage“ hätten die fünf Macher:innen den Laden in der Anfangsphase sogar regulär geöffnet, scherzt der Gastronom. Doch seit Mitte November betreibe das Marktlokal-Team ausschließlich to-go-Geschäft. „Bei uns heißt das „Auf die Hand”, denn das Essen ist unverpackt und kann direkt von der Hand gegessen werden.“, erklärt Henning. Auf das Ausliefern über bekannte Plattformen verzichtet das Team bewusst, denn die Qualität zwischen bestelltem Essen, das durch die halbe Stadt gekarrt werde, und frisch Serviertem sei riesengroß. 

Doch welche Art der Gastronomie möchten die Gründer:innen mitten im durchgentrifizierten Umfeld der Markthalle Neun bieten? Essen aus lokalen Produkten für lokal ansässige Leute – das stecke schon im Namen „Marktlokal“ drin, erklärt Henning, „und genau das wollen wir unseren Gästen bieten“. Auf den Tisch komme regionale, deutsche Küche mit schwedischem Einfluss, da Gründer Persson aus Schweden stammt und am Herd des Marktlokals steht. Von Trend-Gastronomie mit viel Chichi halten die Betreiber:innen nicht viel. Die Karte werde bei Normalbetrieb vor allem bodenständige Speisen bieten – für den kleinen und auch den etwas größeren Geldbeutel. Der Signature Dish? Hackbraten! Fleischlose und pflanzliche Kost ergänzen die Karte.

Die Hennings, Kawka, Krasenbrink und Persson freuen sich schon darauf, bald endlich Gäste in ihrem Marktlokal empfangen zu können und hoffen auf eine baldige Öffnung der Gastronomie: „Langfristig wollen wir das to-go-Geschäft auf fünf Prozent herunterfahren“.

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