Sigmaringen sz Mit mäßigem aber freundlichem Applaus hat das Sigmaringer Publikum am Mittwoch Abend Deborah Sasson und ihre Kollegen vom „Phantom der Oper" verabschiedet. Wer in die Stadthalle gekommen war, um das bekannte Musical „Phantom der Oper" zu sehen und dabei vor allem die weltbekannte Version von Andrew Lloyd Webber im Blick hatte, der wurde enttäuscht.
Zwar ging es in der Tourproduktion, die in der Sigmaringer Stadthalle halt machte, auch um die Geschichte dieses Phantoms der Oper - eines entstellten Mannes, der seine große Liebe, die Opernsängerin Christine aus den Händen ihres Liebhabers Raoul in die Katakomben unter der Pariser Oper entführt, dafür über Leichen geht, um dann am Schluss von seiner Traumfrau verlassen zu werden - doch die Inszenierung konnte nicht mit dem großen Vorbild mithalten.
An den Nebendarstellern lag dies aber nicht: Sie begeisterten die Zuschauer vor allem mit ihren raumfüllenden Stimmen. Axel Olzinger als Phantom stellte den gebrochenen Mann Eric, das Phantom, mit wirklicher Tragik dar. Auch die beiden Opern-Direktoren, dargestellt von Nils Schwarzenberg und Robert Schwarts, hatten mit ihrer an Slapstick grenzenden Darstellung viele Lacher auf ihrer Seite.
Die Bühnenbilder der Inszenierung, die durch Projektionen auf mehrlagige, halb-durchsichtige Vorhänge die Bühne in die prachtvolle Pariser Oper oder eine dunkle Tropfsteinhöhle in 3D-Optik verwandelten, waren ebenfalls sehenswert.
Folie für den gesanglichen Auftritt des StarsWas vor allem an dieser Version von „Phantom der Oper" störte, waren die eher plumpen Texte, die einfallslose Musik und die zu sehr auf den Star der Aufführung, Deborah Sasson, gemünzte Darstellung. Sasson beeindruckte natürlich mit ihrer klassischen Opernstimme, die bestimmt auch ohne Verstärkung die gesamte Stadthalle problemlos ausgefüllt hätte. Jedoch waren die zum Teil wahllos eingestreuten Stücke aus klassischen Opern, wie zum Beispiel eine Arie aus Puccinis Oper „Gianni Schicchi", vor allem dafür da, Sasson eine weitere Bühne zu geben. Die anderen Hauptdarsteller der Inszenierung verkamen dabei zum Chor, der im Hintergrund die Aufführung der Star-Sängerin noch weiter unterstreichen sollte.
Die Musik, die Sasson selbst geschrieben hat, schaffte es, sogar tragische Momente lächerlich wirken zu lassen. Beim verzweifelten letzten Auftritt des Phantoms, das einsehen muss, dass seine geliebte Christine mehr Angst vor ihm, als Liebe für ihn empfindet, löst sich die Melodie am Schluss in einem fröhlich klingenden Akkord auf. Und die Texte von Liebhaber Raoul, gespielt vom gesanglich großartigen Jochen Sautter, lassen sich praktisch in einem Satz zusammenfassen: „Ich liebe dich, Christine, und dafür renne ich auch in meinen Tod."
Hin und wieder wurde dann doch versucht, an das große Webber Musical anzuknüpfen. So fuhr auch in dieser Aufführung kurz das Phantom mit seiner Christine in einem Boot über die Bühne. Und natürlich fiel auch hier der Lüster von der Decke der Oper. Insgesamt schienen diese Elemente jedoch nur als kleine Zugeständnisse an die Zuschauer, die wegen des Webber-Musicals in diese Aufführung gekommen waren.
Dem Applaus, der schon wärend des Stückes eher selten aufkam, war herauszuhören, dass das Publikum in der Stadthalle nicht übermäßig begeistert von dieser Version vom „Phantom der Oper" war.
Daran hinderte auch die Zugabe von Deborah Sasson als Carmen nichts mehr, die vom Publikum nicht gefordert, aber trotzdem aufgeführt wurde. Die Stühle im Saal leerten sich nach dieser unfreiwilligen Verlängerung der Aufführung dann auch schnell. Jeder war wohl froh, nach zweineinhalb Stunden dem Phantom entkommen zu sein.