Glückwunsch! Deutschland hat jetzt eine Digitale Agenda, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Dank ihr soll das Internet in Deutschland schöner, sicherer und schneller werden - vor allem auf dem Land. Markus Beckedahl ist netzpolitischer Aktivist und betreibt das Portal netzpolitik.org. Er beschäftigt sich schon länger mit der Digitalen Agenda und war heute bei der Pressekonferenz in Berlin dabei. Im Interview hat er uns verraten, was er von den Plänen der Bundesregierung hält.
PULS: Geht Deutschland - oder #neuland, wie es bei Twitter oft gehässig heißt - jetzt steil in Sachen Internet?Markus Beckedahl: Schön wär's! Auch 2014 sind wir noch nicht viel weiter. Man muss allerdings sagen, dass die Bundesregierung mittlerweile erkannt hat, dass das Internet da ist, da bleibt und man sich Gedanken darüber machen müsste. Leider ist man über den Status der Erkenntnis noch nicht hinweg gekommen. Die Regierung hat heute ein 40-seitiges Papier vorgelegt, die Digitale Agenda, aber da steht nur drin, dass man mal drüber nachdenken müsste, was man tun könnte. Was man tatsächlich tun müsste, steht aber nicht im Papier.
Welche Hauptkritikpunkte habt ihr als Netzaktivisten an der Digitalen Agenda?Es kommt zu spät, es ist viel zu wenig und das ganze Papier besteht nur aus Konjunktiven. Selbst wenn es etwas gibt, das man konkret machen möchte, ist unklar, wie viel und ob überhaupt Geld dafür ausgegeben werden soll. Außerdem werden Fragen zu einer Reform zum Urheberrecht und zur Absicherung der Netzneutralität nur ganz am Rande angesprochen. Es steht im Papier, dass diese Themen behandelt werden sollen, aber das sagt die Bundesregierung schon seit zehn Jahren. Und in einem Nebensatz steht auch noch, dass es viele Ausnahmen geben soll. Das hat zur Folge, dass das eigentlich Ziel - einen gleichberechtigter Zugang zu Information zu gewährleisten, so wie das Internet im Ursprung gedacht war - nur blumig umschrieben wird. Es fehlen konkrete Taten.
Netzpolitik.org hat bereits vor einigen Wochen den ersten Entwurf der Digitalen Agenda geleakt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière war davon ja nicht so begeistert...Ja, der hat sich groß und breit aufgeregt, dass "die Gier der Netzgemeinde nach Informationen" dazu führt, dass seine Entwürfe im Netz auftauchen würden. Aber wir haben nichts anderes gemacht, als viele andere Journalisten auch. Uns lag der Entwurf vor, wie vielen anderen auch. Allerdings haben wir ihn ins Internet gestellt, weil wir der Meinung waren, er sollte nicht nur uns vorliegen. Das fand Thomas de Maizière nicht so toll, aber damit muss er leben. Das ist nun mal so im Internetzeitalter - ins Internet kann man alles einstellen, da ist mehr Platz als früher in einer Zeitung.
Meinst du, es wird noch was mit #neuland und dem Internet?Es gibt die Befürchtung, dass die Bundesregierung die nächsten zwei Jahre nur weiter überlegen wird, was man denn machen könnte und dann wieder der nächste Wahlkampf anfängt. Und dann passiert wieder zwei Jahre nichts, weil ein Jahr Wahlkampf stattfindet und das zweite Jahr eine neue Regierung wieder erst das Internet neu entdeckt... Wir sind mittlerweile fast schon froh, wenn man keinen Schaden anrichtet. Diese Bundesregierung scheint es ernst zu meinen mit der Abschaffung der Anonymität im digitalen Raum - das macht uns sehr große Sorgen. Im analogen Raum haben wir verbürgte Grundrechte, die uns anonyme Kommunikation garantieren. Und im digitalen Raum soll das nicht gelten. Da fragen wir uns nur: Hallo?!