Juli Katz

Journalistin, Lektorin, MV

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Artikel

Die Existenzkrise des Meerschweinchens

Die mittlerweile verstorbene DDR-Dompteurin Ursula Böttcher war nicht böse, als Löwe Royal ihr mit seiner Pranke die Pulsader zerriss. Royal wollte sich nur für das Fleischstück bedanken, das Böttcher ihm zur Belohnung in der Manege überreicht hatte; der darauf folgende Prankenhieb ist eine bekannte Dankesgeste unter Raubkatzen. Royal hätte sich wahrscheinlich noch mehr erschrocken als sie selbst, meinte sie beim Verlassen des Krankenhauses. Davon erzählt Helmut Höge, Soziologe und Aushilfshausmeister der taz. Er fragt sich, was wir ohne Abeitstiere wären.


Arbeitstiere, genau: nicht diese besonders enthusiastischen Kolleginnen und Kollegen, die ohne Mucken und Murren jedweden Job ausführen, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Sondern „Tiere-Tiere" - im Zoo, in der Landwirtschaft, im Zirkus oder Kinderzimmer. Schimpansen, an denen Aidsversuche ausgeführt werden zum Beispiel. Meerschweinchen, deren „Existenzkrise" - wie Höge es nennt - durch Diphtherietests bedingt sein kann. Oder Cell Dogs - Hunde, die in US-Gefängnissen mit Insassen die Zellen teilen und zu Wachhunden ausgebildet werden sollen, mit ausreichend „Disziplin und Gehorsam" auf dem Weg zur Freiheit, wie Höge sagt.

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