Jonas Wagner

Journalist, Frankfurt am Main

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Artikel

Thüringer Nachbeben im Kalbacher Ortsbeirat

Die SPD im Ortsbeirat 12 kritisiert den Frankfurter FDP-Chef Thorsten Lieb für seine Glückwünsche zum Wahlsieg von Thomas Kemmerich. Der Liberale möchte sein Amt im Stadtteilgremium nicht aufgeben.

Der Neujahrsempfang des Ortsbeirats 12 am vergangenen Freitag begann mit einem Paukenschlag. Denn auch an dem eher beschaulichen Frankfurter Randbezirk Kalbach-Riedberg, ist die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten mit Hilfe der AfD nicht spurlos vorbeigegangen. Und so sah sich Thorsten Lieb, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Ortsbeirat 12 und Chef der Frankfurter FDP, am Freitag unter Zugzwang.

Denn Lieb hatte Kemmerich Anfang Februar in einem Interview mit der FR zu dessen Wahlsieg gratuliert. Nicht ohne Folgen: Die SPD-Fraktion des Ortsbeirats 12 forderte postwendend, Lieb solle sein Amt als Frankfurter FDP-Chef und sein Mandat im Stadtteilgremium niederlegen. Der Politiker distanziere sich „nicht von Faschisten und Nazis, sondern nimmt die Unterstützung billigend in Kauf", begründete Sozialdemokrat Sven Moulden die Forderung seiner Partei in einer entsprechenden Verlautbarung. In dem Schreiben der SPD ist auch von einem „Dammbruch" in Thüringen die Rede, den CDU und FDP mit ihrem Vorgehen ausgelöst hätten.

Am Freitag wies Lieb die Vorwürfe zurück. Er habe Kemmerich gratuliert, weil er mit diesem befreundet sei, beteuerte er. Doch mit der AfD gemeinsame Sache zu machen, sei alles andere als liberal, weswegen Lieb in besagtem Interview auch eine klare Ablehnung jeglicher inhaltlicher Zusammenarbeit mit der AfD von Kemmerich forderte.

Zweifel an Grundhaltung

„Wir werden das selbstkritisch aufarbeiten", kündigte Lieb in der Sitzung des Ortsbeirats das weitere Vorgehen der Frankfurter Freidemokraten an. „Ich kann hier und heute nur versprechen, dass es mit mir irgendeine Form von Kooperation, politische Projekte oder sonstige Zusammenarbeit mit der AfD nicht geben wird." Gleichzeitig sah Lieb sich von den Sozialdemokraten zu Unrecht an den Pranger gestellt: „Diese Vorwürfe haben mich persönlich tief getroffen", so der Freidemokrat. Schließlich widerspreche die Zusammenarbeit mit Rechtsradikalen und Faschisten seinen liberalen Ansichten. Lieb kündigte an, sein Ortsbeiratsmandat nicht niederzulegen.

Bei der SPD-Fraktion verstand man die Aufregung nicht. „Das ist unglaublich", war als Gemurmel während der Rede des FDP-Fraktionsvorsitzenden von Seiten der Sozialdemokraten zu vernehmen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Susanne Kassold wies im Anschluss darauf hin, dass man sich lediglich auf Äußerungen Liebs aus dem FR-Interview bezogen habe: „Es war nicht mehr und nicht weniger, was wir zitiert haben."

Allerdings habe der FDP-Chef auf die Frage, wie gut er den Thüringer FDP-Mann Kemmerich kenne, mit Glückwünschen zu dessen Wahl als thüringischem Ministerpräsidenten geantwortet - obwohl dies nur mit den Stimmen der AfD, die im Freistaat vom rechtsradikalen Björn Höcke geführt wird, möglich war. „Uns lässt das an der Grundhaltung der FDP zweifeln", fuhr Kassold fort.

Ortsvorsteherin Carolin Friedrich (CDU) machte in ihrer Neujahrsansprache klar, dass das Thema Verkehr in Kalbach-Riedberg in diesem Jahr weiter eine große Rolle spielen werde.

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