Jonas Wagner

Journalist, Frankfurt am Main

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Artikel

Ortspolitikerin über Telefonterror und Schmierereien: „Man will mich einschüchtern"

Die Kalbacher Linke-Politikerin Filiz Akbas erhält immer wieder nächtliche Anrufe, regelmäßig ist ihr Klingelschild verschmiert. Im Ortsbeirat macht sie sich für mehr Rechte für Migrantinnen und Migranten stark.

In Frankfurt-Kalbach klagt die Linke-Politikerin Filiz Akbas über Einschüchterungsversuche. Die Politikerin aus Frankfurt-Kalbach wird nachts angerufen, ihr Klingelschild beschmiert. „Man will mich einschüchtern", sagt Filiz Akbas.

Frankfurt - „Rassismus und Diskriminierung spürt man als Migrantin ständig im alltäglichen Leben", sagt Filiz Akbas. Die 54-Jährige vertritt die Linkspartei im Ortsbeirat 12 ( Kalbach, Riedberg). Erst vor kurzem hatten Unbekannte ihr Klingelschild mit Filzstiftkreuzen markiert - es ist nicht der erste Einschüchterungsversuch.

Bereits nach ihrem Einzug in den Ortsbeirat 2016 kam es zu ähnlichen Ereignissen. „Man hat mein Namensschild demoliert", berichtete die türkischstämmige Lokalpolitikerin der FR. „Dass es irgendein Neonazi war, war mir klar." Zur Polizei wollte sie damals nicht gehen, doch das „grummelige Gefühl" blieb.

Frankfurt-Kalbach: Filiz Akbas klagt über anonyme Anrufe und Schmiererein

Zudem bekam Akbas über Wochen anonyme Anrufe, mitten in der Nacht. „Manche Anrufer haben einfach gestöhnt, andere waren ganz still." Irgendwann habe sie die nächtlichen Störungen ignoriert, nach einiger Zeit habe es dann aufgehört. Was blieb, war die Angst.

Der Attentäter von #Hanau ist nach @fr-Recherchen schon vor seinem Anschlag als gefährlicher Waffennarr aufgefallen. Möglicherweise hat er sogar 2018 Jugendliche mit einem Gewehr bedroht. https://t.co/dD8AU5yCf8 #RechterTerror

- Hanning Voigts (@hanvoi) May 7, 2020

„Man will mich einschüchtern", sagt Akbas. Im Ortsbeirat hat sie von den Geschehnissen erzählt, beiläufig, während einer Gedenkrede für die Opfer des rechten Attentats von Hanau.

Die Presse berichtete davon - kurz darauf ist Akbas' Klingelschild erneut verschmiert. Die von ihr gerufenen Polizisten hätten gesagt, man könnte ihre Anzeige wegen Bedrohung aufnehmen, heraus käme aber nichts, berichtet Akbas.

Frankfurt-Kalbach: Polizei kann keine Straftat erkennen

Ein Sprecher der Polizei erklärt: „Bei den Markierungen handelte es sich nicht um verbotene Zeichen oder Symbole, welche auf einen politisch motivierten Hintergrund, egal aus welcher Richtung, hindeuteten." Das für Staatsschutzdelikte zuständige Fachkommissariat der Kriminalpolizei habe ebenfalls „keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat" erkennen können.

„ Rassismus und Hass sind ein Gift, und dieses Gift existiert in unserer Gesellschaft", hatte Akbas nach dem Attentat von Hanau in der Ortsbeiratssitzung gesagt. Parteien wie die AfD trügen dazu bei, dass dieses Gift zunehmend in die Gesellschaft einsickere, erklärt sie wenige Tage später der FR.

Frankfurter Politikerin Filiz Akbas: Rechtsextremisten nicht unterstützen

Man dürfe Rassisten nicht die Diskurshoheit überlassen, findet Akbas. „Die Medien sollten mehr betonen, dass verschiedene Kulturen eine Bereicherung sind." Und Rechtsextremisten dürften weder politisch noch medial unterstützt werden.

„Mein Wunsch wäre, dass wir die Menschen so akzeptieren, wie sie sind", fährt die Linke-Politikerin fort. Das heißt für sie auch, Migrantinnen und Migranten aktiv einzubeziehen und teilhaben zu lassen.

Filiz Akbas aus Frankfurt: Wahlrecht für Migranten liegt ihr am Herzen

Akbas selbst kam 1977 im Alter von zwölf Jahren mit ihrer Familie von der Türkei nach Deutschland, seit 23 Jahren wohnt sie in Kalbach.

Ein Thema liegt der Lokalpolitikerin besonders am Herzen: „Das Wahlrecht ist sehr wichtig für Migranten, damit sie etwas verändern können." Filiz Akbas fordert, alle Menschen an Wahlen teilnehmen zu lassen, die bereits eine bestimmte Zeit lang in Deutschland leben - und nicht nur EU-Staatsangehörige. „Damit diese Menschen auch ernst genommen werden."

Von Jonas Wagner

Für Diskriminierung soll in Kalbach-Riedberg kein Platz sein. An jedem Tagungsort soll künftig während der Sitzung ein „Respekt"-Schild aufgehängt werden.

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