Endlose Gänge, Beton, der in der Sonne erleuchtet und Zäune, die bedrohlich fernhalten, aber auch einsperren. Die Hochhaussiedlung in der neuen französischen Miniserie „Caïd (Gangsta)" ist für Außenstehende wie dem Musikvideo-Regisseur Franck (Sébastien Houbani) ein kaum verständliches Labyrinth. Für den Drogendealer Tony (Abdraman Diakite) wiederum ist es der Ort, wo jeder seinen Namen kennt. Gemeinsam mit seiner Drogenbande kontrolliert er das Viertel, muss es aber auch ständig verteidigen. Franck und Tony verbindet auf den ersten Blick nichts, vielmehr ist Franck ein Eindringling in ein sonst in sich geschlossenes System. Doch schnell stellt sich heraus, dass beide von einem sozialen Aufstieg träumen. Während Franck es satt hat, One-Hit-Wonder-Musiker zu filmen und sein Können lieber mit großen Filmprojekten verwirklichen will, strebt Tony eine Karriere als Rapper an.
Der erzählerische Reiz der Story liegt darin, dass beide Träume aussichtsreich sind. So hat Tony trotz vorheriger Gefängnisstrafe bereits einen Deal mit einem Plattenlabel in der Tasche. Noch interessanter wird das Ganze, weil der Aufstieg aus einer schwierigen Nachbarschaft zum Rapstar keine Fabel ist, sondern längst Teil der Realität. Ein Beispiel ist etwa das französische Rap-Duo PNL. In ihrem Streben nach mehr finden die Figuren zueinander. So soll Franck für das Plattenlabel ein besonderes Rap-Video drehen, in dem Tonys Alltag als Gangster hervorsticht - ganz im Sinne des medialen Kassenschlagers „Authentizität".
Dieses „echte" Erlebnis wollen auch die Serienmacher realisieren. Dafür nutzen die Regisseure Nicolás López und Ange Basterga, die den Stoff bereits 2017 als Low-Budget-Langfilm herausgebracht hatten, für ihre Erzählung die Found-Footage-Methode. Diese ist besonders im Horrorgenre bekannt durch Filme wie „Blair Witch Project (1999) und „Paranormal Activity" (2007). Die Filmaufnahmen werden dabei so inszeniert, dass sie wie Amateurfilm-Material aussehen. Dazu gehören verwackelte Bilder, harte Schnitte, ungewöhnliche Kameraeinstellungen, aber auch improvisierte Textzeilen....
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