Sie geht durch das Konzentrationslager und findet es recht langweilig. Es lässt sie kalt, und überhaupt: Das mit dem Holocaust stimme doch eh nicht, wer bestimme denn, dass das alles so stattgefunden hat? Vor dem Schulausflug hatte ihr Vater sie noch zur Seite genommen: "Du musst nicht alles glauben, was die Lehrerin euch erzählt."
Wenn Heidi Benneckenstein heute davon berichtet, sieht man ihr die Scham an, die sie empfindet. Sie sitzt auf einer Parkbank in München, ihr kleiner Sohn auf dem Schoß. Es ist gerade Oktoberfest, die Leute laufen in Lederhosen und Dirndl durch die Stadt. Sie nicht. Sie wuchs im Dirndl auf. Ihre Eltern hatten sie dazu gezwungen.
Tracht und Zöpfe, eine kleine blonde Heidrun. Heidi war Nazi, wie ihre ganze Familie. Ihr Vater, ihre Mutter, ihre drei Schwestern. Und ihr heutiger Mann. Bis sie mit 19 Schluss machte und ausstieg. Jetzt ist sie 25 und hat ein Buch darüber geschrieben, es heißt "Ein deutsches Mädchen".
Benneckensteins Buch ist das Porträt einer Aussteigerin. Es zeigt, wie autoritäre Erziehung und Rassenideologie ein junges Mädchen zu einer überzeugten Nationalsozialistin machten, die nicht davor zurückschreckte, andere krankenhausreif zu prügeln.