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Herr Hoffmann, Jugendliche verhalten sich manchmal schwierig. Woran können Eltern bemerken, dass ihr Verhalten mehr als nur pubertär ist?
Für Eltern ist es oft nicht ganz einfach, ein normales, altersgerechtes Verhalten ihrer Kinder von einem krankhaften Verhalten abzugrenzen. Wenn die Eltern aber merken, dass sie nicht mehr an ihr Kind herankommen, sollten sie sich dringend an einen Kindertherapeuten oder eine Beratungsstelle wenden. Mit dieser Hilfe kann genauer abgeklärt werden, ob es sich um ein pubertäres Verhalten handelt oder das eigene Kind sich krankhaft verhält. Dann kann dagegen etwas unternommen werden.
Was sind für Sie als Kindertherapeut sichtbare Anzeichen für ein nicht normales Verhalten?
Wenn ein Kind sich massiv zurückzieht, sodass es für seine Eltern gar nicht mehr erreichbar ist oder sich in Beziehungen flüchtet, bei denen man den Eindruck hat, dass der oder die Jugendliche sich damit selbst schadet, sind das oft ein Anzeichen. Natürlich auch, wenn das Kind in selbstschadendes Verhalten abgleitet, sich selbst verletzt oder magersüchtig wird. Das sind deutliche Zeichen, dass die Grenzen zur Krankheit überschritten sind.
Vorbeugen können Eltern nur in der Beziehung zu ihrem Kind. Jemand hat mal gesagt: Vor jeder Erziehung kommt Beziehung. Das heißt, wenn man eine einigermaßen verlässliche und stabile Beziehung hinkriegt, dann hat man das Beste gemacht, was man als Vorbeugung tun kann.
Das fängt natürlich schon bei der Geburt an. Es ist wichtig, dass Eltern die Bedürfnisse des Kindes erkennen und aufnehmen und dem Kind entsprechend zurück spiegeln. Das heißt nicht, dass Eltern alles machen sollen, was das Kind will. Da muss man unterscheiden zwischen dem, was altersgemäß richtig ist und was man kann und nicht kann. Und wenn das Kind die Grenzen der Eltern missachtet, muss man versuchen die Regeln stabil zu halten.
Dass Kinder von zu Hause abhauen, ohne dass die Eltern wissen, wo sie sind, ist der Albtraum vieler Eltern.Was sind Anzeichen dafür, dass Kinder ein Ausreißen planen?
Kinder laufen weg, wenn sie das Gefühl haben, dass es überall besser ist als bei ihnen zu Hause. Eltern sollten daher im Familienalltag versuchen zu verhindern, dass so ein Bild entsteht. Denn damit sinkt das Risiko, dass die Kinder einfach weglaufen. Was Eltern nicht immer verhindern können, ist, dass Kinder meinen, sie sollten ihren Willen durchsetzen und auch gegen das Verbot der Eltern beispielsweise am Abend in die Stadt gehen. Das werden Eltern nicht immer verhindern können. Jugendliche sind schlau genug, um sich auch mal heimlich aus dem Haus zu stehlen. Anschließend ist es wichtig, dass die Eltern das Problem offen ansprechen und den Kindern erklären, dass ihr Verhalten so nicht funktioniert.
Wie muss ich als Elternteil reagieren, wenn ich merke, mein Kind ist lieber woanders als zu Hause und will abhauen?
Einsperren hilft nicht. Es geht immer um Beziehungen. Wichtig ist, dass die Eltern das Verhalten der Kinder offen ansprechen, sobald sie etwas bemerkt haben. Es gibt Kinder, mit denen kann man darüber reden. Andere Jugendliche wollen mit ihren Eltern aber nicht sprechen. Dann wäre es wichtig, dafür zu sorgen, dass die Kinder einen anderen Ansprechpartner haben, mit dem sie reden können. Das kann jemand aus dem Verwandten- oder Freundeskreis sein, aber auch professionelle Hilfe.
Genau. Sie müssen dem Kind zeigen, dass sie Interesse an ihm haben, seine Sorgen verstehen und helfen wollen.