Vor ein paar Wochen hat Christian Keller zum dritten Mal seinen Titel als Triathlet verteidigt. Für den ein oder anderen Freizeitsportler zählt bereits die Teilnahme an einem Marathon zu den ambitioniertesten Zielen seines Lebens. Marathon-Training und -Teilnahme dienten Keller mit dem Ende seiner professionellen Sportler-Karriere 2005 vor allem zum „Ausschleichen". Bevor es zu Missverständnissen kommt: Natürlich erlebt auch ein Sport-Profi eine solche Anstrengung trotz Karriere nicht als Spaziergang. Zur Begrifflichkeit: Beim Ausschleichen soll das Herzkreislaufsystem, das Nervensystem und die Muskulatur eines stark trainierten Sportlers genug Zeit bekommen, um wieder den Normalzustand zu erreichen. Doch dann nur mit Laufschuhen Distanz zu überwinden, passte Keller dann doch nicht so ganz: „Das ist, als ob eine Kuh Fahrrad fährt", vergleicht er im Interview mit unserer Autorin Wibke Roth. Nachdem er bei einem Marathon mit 3:48 Stunden unter der Vier-Stunden-Marke blieb, startete er mit dem Triathlon-Training, das er sich übrigens selbst konzipiert. Keller trug elf Jahre lang den Titel „schwimmender Bänker": Er hat schon während seiner Sportler-Karriere mit seiner Ausbildung zum Bankkaufmann an seine heutige Bankkarriere angeknüpft. Der 47-Jährige ist verheiratet und hat drei Kinder.
Herr Keller, wie viel Zeit nehmen Sie sich neben Ihrer Arbeit und neben Ihrer Familie regelmäßig, um Sport zu treiben?
Christian Keller: Sechs bis sieben Stunden pro Woche.
Sie ziehen morgens vor der Arbeit Ihre Bahnen im Essener Grugabad. Zumindest im Sommer. Wo schwimmen Sie im Winter?
Christian Keller: Im Leistungszentrum in Essen Rüttenscheid, mein altes Wohnzimmer zu Wettkampfzeiten.
Dort trainiert auch der SG-Essen. Wie ist Ihr Bezug zu diesem traditionellen Vereinszusammenschluss?
Christian Keller (lacht): Ich bin bekennender SG-Essen-Fan*. Ein toller Zusammenschluss der Essener Schwimmvereine.
Dabei können Sie doch bestimmt auch Feldrecherche für Ihre Arbeit als Kommentator machen, oder?
Christian Keller: Im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten beobachte ich die Trainingsarbeit und bin jedes Mal positiv beeindruckt.
Wie sieht es mit dem Olympia-Nachwuchs aus? Sehen wir einige der Schwimmer auch in Südkorea?
Auf welche Ergebnisse des SG-Essen sind Sie stolz?
Christian Keller: Die Nachwuchsarbeit und die Ergebnisse der Deutschen
Jugendmeisterschaften. Allerdings muss noch an der Drop-Out-Quote beim
Übergang von den Jugendlichen zu den Senioren gearbeitet werden. Die
Ausfallquote ist zu hoch.
Warum steigt der Nachwuchs genau hier aus?
Christian Keller: Weil dann die Jahrgänge wegfallen. Im Prinzip fallen die Schwimmer dann
in ein großes Haifischbecken. Plötzlich sind da nicht mehr sieben
Konkurrenten auf einer Disziplin, sondern mehr als 40 im offenen
Bereich.
Wie halten Sie sich neben dem Schwimmen fit?
Christian Keller: Generell mache ich für mein Stabi-Training Body-Weight-Übungen, also
Kraftübungen mit dem eigenen Körper, speziell für Bauch und Rücken.
Für Ihre aktuellen Triathlon-Erfolge haben Sie im Frühjahr mit dem
Training begonnen. Die Vorbereitungszeit kurz vor dem aktuellen
Wettkampf war schon von Hitze geprägt…
Christian Keller: …absolut. Da habe ich das Koppeltraining, also die Lauf- und
Fahrradeinheiten am Wochenende, in den frühen Morgen gelegt, um das
Herz-Kreislaufsystem zu entlasten. Um mich abzukühlen, bin ich bei
großer Hitze zum Beispiel morgens und abends geschwommen.
Welches Training mögen Sie gar nicht?
Christian Keller: Das Durationstraining – die Grundlagenausdauer.
Und wie motivieren Sie sich dazu? Oder was tun sie, dass sie Ihnen doch schmeckt?
Christian Keller: Dass ich mir meine Zeit so einteilen kann, dass ich regelmäßig morgens
ins glasklare Wasser springen und meine Bahnen ziehen darf, nachdem ich
meiner Frau ihren Kaffee ans Bett gebracht und meine Kinder zur Schule
gebracht habe. Das ist mir Belohnung genug.
Was nützt Ihnen Ihr Sportsgeist in Ihrem Beruf als Bankkaufmann?
Christian Keller (lacht): Wenn der Tiger einmal ins Herz gepflanzt wurde, bleibt er auch da.
Was zeichnet den Tiger aus?
Christian Keller: Ausdauer, Fokussiertheit und den Glauben an die eigene Schaffenskraft.
Eine große Zukunftsidee sind die Olympischen Spiele an Rhein-Ruhr im Jahr 2032.
Die Spiele sind noch Vision. Es gibt Förderungsmaßnahmen, die dazu
führen sollen, dass die Vision Realität wird. Apropos Vision: Welche
Rolle wünschen Sie sich für Olympia 2032?
Christian Keller: Ehrenamtlicher Olympia-Botschafter! Als Lokal-Patriot stelle ich mir die
Schwimm-Wettkämpfe natürlich in der Arena auf Schalke vor. Und vor
allem wünsche ich mir für meine Kinder, dass sie das hier vor Ort
erleben dürfen.
*Anmerkung der Redaktion: Keller hat in einem der Vereine - im Werdener TB - im Alter von fünf Jahren mit seinem Schwimm-Training begonnen.Bei der Schwimm-EM in Budapest war Christian Keller bereits in der 12. TV-Saison tätig.
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