Vor der Wohnungstür in der zweiten Etage eines Mehrparteienhauses in Bruchhausen-Vilsen steht ein kräftiger Mann. Das ist nicht Nino de Angelo. Es ist sein Manager Michael Sommer. Er bittet hinein. Ein Blick in das Wohnzimmer dahinter offenbart eine Mischung aus Moderne und Rock. Etliche gerahmte Schallplatten zieren die Wände, dazu gesellen sich ein künstlicher, silberner Gnu-Schädel und große Gemälde. Auch thront Papiertüte „Rudi" auf einem Regal. Sie erinnert daran, dass der Bewohner einst bei der Show mitgemacht hat. Was fehlt, ist der Schlagersänger.Hinter einer Tür erklingt ein Pfeifen, es folgt das Herunterdrücken der Klinke. Nino de Angelo steht dahinter. Unerwartet klein mit seinen rund 170 Zentimetern. In seinem Outfit sieht der 53-Jährige aus wie ein Rockstar. Er trägt ein graues T-Shirt, eine Jeans und silbernen Schmuck an Armen, Hals und Händen sowie eine getönte Brille. „Wollen wir raus gehen?", fragt er und geht vor. Raus auf den kleinen Balkon, auf dem zwei graue Rattansessel mit schwarzen Polster-Auflagen platziert sind. Raus in die kühle Luft, die durch ein seichtes Plätschern eines dort platzierten Zierbrunnens untermalt wird. Raus aus den vier Wänden, in denen der Künstler seit dem 11. Februar wohnt.
Was verschlägt einen italienischen Schlagerstar nach Bruchhausen-Vilsen?Das ist ganz simpel: Mein Büro und Management sind hier angesiedelt, die Familie Sommer. Als ich mich entschlossen habe, aus Hamburg wegzuziehen, war der erste Gedanke: Warum ziehst du nicht nach Bruchhausen-Vilsen? Dann habe ich dieses Haus gesehen, mir diese Wohnung angeguckt und gesagt, die nehme ich. Die Großstadt ist für mich nicht mehr so relevant, wie sie es früher mal war. Ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe.
Haben Sie hier einen Lieblingsort gefunden?Ja, habe ich. Das Restaurant Italia von Lionello Brandolino. Das ist mein Freund und auch mein Stammitaliener. Bei Lionello bin ich quasi zu Hause.
Was bestellt ein Italiener beim Italiener?Ich gehe einfach in die Küche und sage, was ich essen will. Ich bin einer, der nicht oft von der Karte isst, und beim Italiener schon mal gar nicht, weil ich die italienische Küche natürlich durch meine Wurzeln kenne.
Werden Sie in Bruchhausen-Vilsen auf der Straße erkannt?Ja, aber ich werde in Ruhe gelassen. Ab und zu klingelt mal jemand hier, meistens Frauen, die angetüddelt sind. Die Leute sind alle sehr, sehr freundlich. Ich glaube, dass sie sich überwiegend freuen, dass ich hier bin. Wo hätte man sonst die Chance, Nino de Angelo morgens beim Bäcker zu sehen? (lacht) Das ist für die Leute schon ein Erlebnis. Hier mache ich schon mal Selfies im Supermarkt.
Was machen Sie, um abzuschalten?Spazieren gehen, Rad fahren, angeln im Angelpark in Weseloh. Ich habe auch schon einige Fische gefangen, die bringe ich meistens zu Lionello und lasse sie mir da zubereiten. Ansonsten: hier sitzen, Brunnen anmachen, lesen, planen. Ich kann hier hervorragend arbeiten. Ich glaube, ich habe hier schon zehn bis 20 Texte geschrieben.
Wann wird es den ersten in Bruchhausen-Vilsen entstandenen Text zu hören geben?Ich schätze mal innerhalb des nächsten halben Jahres.
Zumindest Ihre alten Texte gibt es beim Brokser Markt zu hören. Was verbinden Sie mit dem Fest?Noch gar nichts. Lionello hat sich gewünscht, dass ich im Flamingo-Zelt auftrete. (Lionello Brandolino betreibt das Zelt, Anm. d. Red.) Doch ganz alleine wollte ich das auch nicht, also habe ich Freunde aus Hamburg zur Verstärkung mit reingenommen. Das ist „Biggs B Sonic", eine Rock 'n' Roll-Band. Und außerdem habe ich meine Freundin und Kollegin Jenny van Bree dabei. Dann werde ich eine Stunde Gas geben. Der Auftritt steht unter dem Titel „Nino de Angelo and Friends", und ich hoffe, dass wir die Leute richtig begeistern können.
Im Programm fehlt sicher auch nicht „Jenseits von Eden", Ihr größter Hit. Können Sie den Song noch hören?Natürlich. Das ist ja mein absoluter Glücksbringer gewesen. Ich habe diesem Titel sehr viel zu verdanken. Er sorgt dafür, dass ich immer noch sehr bekannt und beliebt bin. Wenn man an Nino de Angelo denkt, denkt man an diesen Song. Die Leute singen das von alleine, eigentlich bräuchte ich gar nicht mitsingen. So einen Hit hat man nur einmal. Und man sollte nicht versuchen, ihn zu toppen, denn dann läuft man ständig gegen eine Wand. Man sollte sich als Künstler weiterentwickeln, so wie ich das getan habe.
Sie können also noch immer von der Musik leben?
Ich habe noch nie was anderes gemacht. Ich habe zwei linke Hände. Das einzige, was ich kann, ist, ein Mikrofon halten.
Sie starten bald die „Mr. Jenseits von Eden"-Tour.
Am 3. September startet die Tour in Graz. Das ist quasi die Generalprobe für Deutschland (lacht). Die Tour zieht sich bis in den Dezember rein.
Ist eine neue CD geplant?Welches ist das Neueste?
Der Totenkopf am Finger.
Was bedeutet der?Vieles. Das fängt mit dem Privatleben an. Ich denke, dass man privat glücklich sein muss, um auch im Leben etwas zu erreichen. Die letzten fünf Jahre waren nicht so einfach für mich, überwiegend auch beziehungstechnisch. Immer ein dauerndes Hin und Her. Und irgendwann muss man einsehen, dass es nicht mehr geht. Dann muss man was ändern.
Seit 2014 sind Sie zum vierten Mal verheiratet. Haben Sie und Ihre Frau Larissa sich ausgesprochen?Ich hätte das gerne getan, aber sie nicht. Sie blockiert. Sie redet lieber im Fernsehen und mit der Bild-Zeitung. Dann kann ich auch nichts machen. Sich auszusprechen und zusammen zu sagen „Das hat doch keinen Sinn", hätte sich gehört, wenn man fünf Jahre zusammen ist. Aber gut, es ist nicht so schlimm. Ich wünsche ihr wirklich nur das Beste und dass sie glücklich wird. Sie lebt auch in Bruchhausen.
Wie kam es dazu, dass sie auch hier lebt?Ich lebte als Erster hier und habe sie zu mir genommen. Wir wollten es noch mal probieren, aber es hat leider nicht lange gehalten. Sie hat hier sechs Wochen gewohnt, und dann ist sie ausgezogen. Die Ehe hat sich ja dann in der berühmten Polizei-Video-Nacht erledigt.
Gibt es etwas, was Sie in Ihrem Leben bereuen?Ich würde mich nie wieder betrunken hinters Steuer setzen. Weil es einfach zu gefährlich ist. Natürlich, wenn man was getrunken hat, ist es schwierig, noch zu entscheiden: Ist es das Richtige, was ich jetzt tue? Aber im klaren Kopf wäre dieses Video nicht entstanden. Es besteht einfach zu viel Gefahr, dass man Unschuldige da mit reinreißt. Da danke ich auch Gott, dass nichts passiert ist. Schrottauto - ist doch wurscht. Führerschein weg, ist auch wurscht.
In dem Zuge haben Sie betont, dass Sie niemals alkoholsüchtig waren.Ich war noch nie alkoholsüchtig.
Dieses Video und der Post sind bei Facebook gelöscht.Ich löschte das nur, weil ich diese dummen Kommentare dazu nicht mehr sehen konnte. Ich hab das eine Weile so stehen lassen. Meine Noch-Ehefrau hat sich ja auch entschieden, ihre ganzen Posts rauszunehmen, und darauf habe ich reagiert und auch meine rausgenommen. Damit Frieden ist. Weder sie braucht Hasskommentare noch ich. Eigentlich gehört die ganze Geschichte nicht in die Öffentlichkeit. Es ist auch blöd, sich über Facebook quasi zu unterhalten. Aber wenn die Frau, die fünf Jahre mit mir zusammen war, sich entschließt, überall alles zu blockieren - ich kann nicht mehr anrufen, sie redet nicht mit mir - dann kann man ja auch nicht normal reden. Aber da sieht man, es ist infantiles Verhalten, das finde ich nicht gut. Eigentlich sollte sie erwachsen sein.
Bereuen Sie die Teilnahme an einem TV-Format wie „Big Brother"?Nee, „Big Brother" bereue ich nicht. Wenn ich mir das heute angucke, muss ich sagen, ich habe einen verdammt guten Job gemacht. Das war eine schauspielerische Hochleistung. Man polarisiert natürlich. Ich glaube, so eine erfolgreiche Staffel werden sie nicht noch einmal kriegen ohne mich. (lacht)
Zurück nach Bruchhausen-Vilsen: Hier ist jetzt Ihr Lebensmittelpunkt?Hier ist mein Lebensmittelpunkt. Ich fühle mich hier sehr wohl, ich habe mein Team hier, ich habe meinen Lieblingsitaliener und Freund Lionello, ich engagiere mich für den Spielkreis „Rabenhöhle" als Schirmherr und werde dem Team finanziell ein bisschen unter die Arme greifen.