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Wo Werders Rasen wächst

Sebastian Breuing (Greenkeeper Bremen) weiß, worauf es beim Rasen ankommt. Hier zeigt er das Grün im Trainingslager im Zillertal. © nordphoto

Ein Paradies für Greenkeeper aus der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga aus ganz Deutschland: Sie tasten, fühlen und streicheln den Rasen auf den Flächen der Deutschen Saatveredelung AG (DSV) auf dem Hof Steimke. Anlass zu dem Treffen der Greenkeeper in Asendorf: die Wahl zum „Pitch of the Year“ in Bremen, also dem besten und gepflegtesten Stadionrasen. Bei diesem Greenkeeping-Award holte Werder Bremen den vierten Platz.

Clubs wie der HSV, der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach, Paderborn, Greuter Fürth und Werder Bremen sind beim Rasentreffen in Asendorf vertreten. Weitere reisen erst später zur Wahl in Bremen an.

Tourguide Cord Schumann von der Deutschen Saatveredelung freut sich über den „Bus voller Praktiker“, die nach Asendorf gekommen sind – und von denen er erfahren kann, welchen Aspruch sie an das Grün im Stadion stellen.

"Deutsches Weidelgras" überwiegend im Stadion genutzt

Im Umkreis von zehn Kilometern liegen die Versuchs-Rasenflächen. Beim ersten Halt gibt es sage und schreibe 50 000 verschiedene Pflanzen zu sehen. 20 000 davon sind laut Schumann „Deutsches Weidelgras“, das überwiegend im Stadion genutzt wird. Die Entwicklung einer einzigen Sorte dauert bis zu 15 Jahren. Ein mühsames Geschäft: „Unter 20 000 Einzelpflanzen gibt es vielleicht eine richtig gute Sorte“, so Schumann.

Er sieht sich als Trainer, der aus den besten Pflanzen sein „Team“ zusammenstellt. Manche kommen in die Bundesliga, und die allerbesten sind dann „Championsleague-Niveau“. Die Sorte „Eurodiamond“ zählt definitiv zur Championsleague, bestätigt Schumann.

Das „Diamanten-Gras“ sei auf allen europäischen Listen die Topmarke. „Das ist etwas richtig Robustes und nicht so Feines wie zum Beispiel Zierrasen“, erklärt Schumann. Besonders ein schneller Lückenschluss, die Narbendichte und die mittelgrüne Farbe machen die Sorte aus. Fast die Hälfte der Premier-League-Vereine in Großbritannien säen sie.

Monatlich wird Rasenqualität bewertet

Auch Gattungen wie „Eurosport“ oder „Beckham“ – in Anlehnung an den englischen Fußballprofi – sind als Sportrasen geeignet. Die zweite Grasart im Sportbereich sei die Wiesenrispe, die Astrid Schiene (DSV) vorstellt. Sie präsentiert ein „Prachtexemplar“. Vor allem die Narbendichte und die Blattfeine seien wirklich toll. Zweite Station der Tour: die Rasen-Parzellen. Quadratmeter für Quadratmeter sind 10 000 Sorten auf dieser Fläche gepflanzt. Monatlich wird die Rasenqualität bewertet. Wie schafft man es, einen Rasen so zu strapazieren, wie es auch bei einem Spiel der Fall ist? Cord Schumann verweist auf die sogenannte Stollenwalze: „Viermal am Tag rollt sie über den Rasen, das simuliert vier Bundesligaspiele.“

Seit diesem Jahr greift auch das Weserstadion in Bremen bei der Mischung der Rasensamen auf Sorten der DSV zurück. Sebastian Breuing, seit 2014 Greenkeeper bei Werder Bremen, wohnt nur 35 Minuten Fahrtweg von Asendorf entfernt. „Ich habe von meinen Kollegen in England immer wieder etwas von der Sorte ‚Eurodiamond‘ gehört. Da muss ich erst nach Manchester fahren, obwohl ich fast nebenan wohne“, lacht er. Und stellt klar: Ein Rasen in der Bundesliga setzt sich nie aus nur einer Sorte, sondern immer aus vielen unterschiedlichen zusammen. Die gewünschten „Zutaten“ kann der Greenkeeper angeben und bekommt dann seine fertige Mischung zur Aussaat.

Neunköpfiges Team prüft Rasen des Weserstadions

Die DSV liefert mit ihren Samen Bestandteile für eine solche Mischung an Händler, von denen die Vereine das fertige Produkt kaufen. Lars Obernolte von der DSV: „Entweder haben wir Glück und alles ist von der DSV – oder gar nichts“, erklärt . Bei 60 Prozent Marktanteil des deutschen Gräsermarktes liege die Wahrscheinlichkeit aber recht hoch.

Vor allem die Krankheitsresistenz ist laut Sebastian Breuing ein wichtiger Faktor beim Rasen. Täglich geht er mit seinem neunköpfigen Team über das Grün im Weserstadion und prüft es unter anderem auf Krankheiten, Wurzeltiefe und Feuchtigkeit. Gemäht wird zwischen zwei und sieben Mal die Woche, hierfür stehen sechs Handrasenmäher bereit. Denn die üben durch das geringe Gewicht weniger Druck aus, erklärt Breuing. Durch das regelmäßige Mähen des Rasens würde dieser dichter.

Auch seien das Ballrollverhalten und die Ballgeschwindigkeit bei einem entsprechenden Schnitt besser. Durch Anfeuchten des Rasens könne ebenfalls ein guter Effekt erzielt werden: „Das ist wie beim Flitschen eines Steins über einen See.“ Schließlich erklärt er: „Der Rasen ist ein Lebewesen, das immer Höchstleistungen erbringen muss.“ Er könne nicht wie ein Turnierpferd von einem Wettkampf ausgeschlossen werden. Daher sei eine besondere Pflege enorm wichtig. Und die DSV sei auf diesem Gebiet ein „wahrer Diamant“.


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