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Sozialarbeiter: "So viel Geld bleibt bei meinem Lebensstil nicht übrig"

In der Serie "Kontoauszug" stellen wir regelmäßig Menschen vor, die erzählen, wie viel sie verdienen, wofür sie ihr Geld ausgeben - und wie viel sie in Zeiten hoher Inflation zurücklegen können. Hier berichtet der Sozialarbeiter Robert Klos*, 27, aus Nordrhein-Westfalen.


Mein Job

Beruf: Ich arbeite als Sozialarbeiter in einer Einrichtung für Menschen, die psychisch erkrankt sind. Dort leben vor allem ältere Menschen, die ich im Alltag begleite und unterstütze, wenn sie dazu allein nicht mehr in der Lage sind. Das reicht von Einkäufen und Arztbesuchen über die Körperpflege bis hin zu Gruppenausflügen und Gesprächen. Man kann sich das ein bisschen wie eine große WG vorstellen, in der ich die Bewohnerinnen und Bewohner unterstütze. 

In dieser Einrichtung arbeiten wir multidisziplinär, wir haben neben Pädagoginnen und Sozialarbeitern auch Heilerziehungspfleger und Altenpflegerinnen im Team. Im Idealfall kann jeder von uns jede Aufgabe übernehmen, auch wenn wir alle Fachgebiete haben. Üblicherweise bin ich mit ein bis zwei Kolleginnen und Kollegen für rund 25 Menschen zuständig. Aber auch wir leiden unter dem Fachkräftemangel, es kann vorkommen, dass ich einen solchen Dienst allein machen muss, weil die anderen ausfallen.


Als Sozialarbeiter soll ich beratend pädagogisch tätig sein. Es geht in meinem Job allerdings nicht darum, den Menschen Aufgaben abzunehmen, sondern darum, sie zu aktivieren, damit sie weiterhin so selbstständig wie möglich leben. Sie haben eine jahrzehntelange Krankheitsgeschichte, die manchmal schon in der Kindheit angefangen hat. Bei vielen handelt es sich um eine paranoide Schizophrenie. Früher hat man diese Menschen aus der Gesellschaft ausgeschlossen und weggesperrt. Heute sollen sie am Alltag teilhaben können – trotz oder besser gerade mit ihren Eigenheiten und den Auswirkungen der Erkrankungen.


Mir fällt diese Arbeit relativ leicht. Was mir gefällt, sind die Gespräche und Interaktionen mit den Menschen. Das umfasst oft ganz banale Dinge: gemeinsam im Garten sitzen, kochen, Karten spielen, putzen, Außer-Haus-Aktivitäten. Dabei merke ich oft, wie wichtig den Menschen die Gemeinschaft ist.

Weniger einfach sind die Erfahrungen im Umgang mit Sterben und Tod, allerdings bin ich mir meiner Rolle bewusst und kann mich dadurch gut abgrenzen. Eine Belastung ist die enge Personallage: Sie führt häufig dazu, dass wir unter hohem Druck arbeiten. Dadurch fällt Zeit für die oder den Einzelnen hinten runter.  


Ausbildung: Nach dem Abitur habe ich meinen Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht. Während des Studiums legte ich meinen Schwerpunkt auf die Arbeit mit älteren Menschen, weil ich diese Lebenszeit interessant finde und das Thema in unserer alternden Gesellschaft immer wichtiger wird. Und generell verstehe ich mich gut mit älteren Leuten. Mit dem Bachelor bin ich 2019 fertig geworden. Dann habe ich den Master begonnen. 

Während der zwei Masterjahre arbeitete ich in Teilzeit als Sozialarbeiter mit wohnungslosen Menschen. Das war noch vielfältiger, weil ich mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun hatte. Alter, Vorerfahrungen, Schulden, Suchterkrankungen, Jobprobleme – das volle Programm. Ich war aber mit der Organisation nicht zufrieden. Ich hatte das Gefühl, wir seien eine Verwahrstation für die wohnungslosen Menschen und können nichts nachhaltig bewirken. Außerdem arbeitete ich in dieser Zeit ehrenamtlich als Seniorenbegleiter, das hat mir Spaß gemacht: Ich hatte Zeit, um die älteren Menschen in vielen Bereichen zu unterstützen. Wir übten mit dem Computer oder Smartphone und somit daran, dass Senioren am digitalen Leben teilnehmen können. Ich übernahm Handgriffe im Haushalt und war Gesprächspartner, auch bei Sorgen, Ängsten und Einsamkeit. 

Mit diesen Erfahrungen wechselte ich nach dem Abschluss des Masters in meine jetzige Stelle. Der Master war für mich eine Art Zukunftsinvestition. Durch diesen Abschluss bekomme ich allerdings nicht mehr Geld, für die meisten Stellen als Sozialarbeiter ist der Bachelor ausreichend. Aber wenn ich promovieren oder mich auf eine höhere Stelle bewerben will, habe ich gute Voraussetzungen. Der Master hält mir potenzielle Karrierewege offen.


Außerdem habe ich im Herbst eine Weiterbildung zum psychotherapeutischen Tanztherapeuten begonnen. Das mache ich privat, unabhängig von meiner Arbeit. Das Curriculum ist eine Mischung aus Unterrichtswochenenden vor Ort und Selbststudium. Die Ausbildung dauert vier Jahre. Manchmal denke ich, dass ich den Beruf, den ich mache, mit Schichtdienst und den Belastungen vielleicht nicht 40 Jahre lang ausüben kann. Dann ist es gut, Alternativen zu haben. Und ich interessiere mich sehr fürs Tanzen als künstlerische und körperliche Ausdrucksform.


Arbeitszeit: Wenn ich Frühschicht habe, fange ich um sechs Uhr morgens an, in der Spätschicht ist Dienstbeginn um 11.30 Uhr. Auch am Wochenende arbeite ich regelmäßig. Weil die Arbeit im Schichtdienst anstrengend ist, aber auch weil ich jenseits der Arbeit viele Interessen habe, habe ich eine 75-Prozent-Stelle. Ich kann mir nicht vorstellen, in naher Zukunft Vollzeit zu arbeiten. Vertraglich arbeite ich 30 Stunden in der Woche. Meistens ist es auch nicht mehr, außer es passiert ein Notfall und ich muss einspringen.


Meine Einnahmen

Bruttoeinkommen: Mein Einkommen schwankt immer etwas. Das liegt an Wochenendzulagen und den Schichten. Meistens liege ich bei rund 3.000 Euro brutto.


Nettoeinkommen: Mir bleiben davon rund 2.000 Euro. 


Sonstige Einkünfte: Aktuell habe ich keine sonstigen Einnahmen, das kam aber auch schon vor. Ich habe Lehraufträge übernommen oder im vergangenen Jahr als Zensusbeauftragter für eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes Menschen interviewt. Dann hatte ich ein etwas höheres Einkommen.


Wie mich die Inflation betrifft: Die gestiegenen Energiepreise habe ich weniger stark gespürt als die höheren Preise im Supermarkt. Ich kompensiere das dadurch, dass ich verstärkt auf Rabattaktionen achte. So muss ich auf nichts verzichten. 


Meine Ausgaben

Wohnen: Ich wohne in einer 33 Quadratmeter großen 1,5-Zimmerwohnung. Das Haus ist schon ziemlich alt, die Wohnung wird wohl auch renoviert werden, wenn ich ausziehe. Trotzdem ist die Miete im oberen Bereich meines Budgets: 660 Euro warm zahle ich monatlich. Das ist für mich gerade noch stemmbar.


Lebensmittel: Für Lebensmitteleinkäufe gebe ich pro Monat rund 150 Euro aus. Zusätzlich zahle ich 50 Euro als Monatsbeitrag für ein solidarisches Landwirtschaftsprojekt. Diesen Betrag kann man selbst bestimmen, dafür bekomme ich wöchentlich eine Kiste mit saisonalem und regionalem Gemüse. Daran richte ich aus, was ich koche. Ich bereite Gerichte vor, koche die verderblichen Sachen zuerst und esse das über mehrere Tage verteilt oder friere es ein. Auswärts esse ich bestimmt einmal pro Woche. Rechne ich noch dazu, dass ich mich gelegentlich mit Freunden in einer Bar auf ein Glas Wein treffe, sind das noch einmal 150 Euro. Zusammengerechnet macht das also 350 Euro.


Hygieneprodukte: Hier kaufe ich nur Alltagsprodukte und auch die nur unregelmäßig. Ich bin alle sechs Wochen beim Friseur, das kostet dann 20 Euro. Im Winter gehe ich ab und zu in die Sauna. Im Durchschnitt komme ich auf geschätzt 30 Euro im Monat.   


Kleidung: Kleidung ist mein guilty pleasure. Es ist nicht so, dass ich ständig neue Sachen brauche. Aber wenn ich Geld übrig habe, gebe ich das gerne für Kleidungsstücke aus, von denen ich glaube, dass sie mir gut stehen. Das sind dann Sachen, die nachhaltig produziert sind und dadurch ihren Preis haben. So können gut und gerne mal 200 Euro pro Monat zusammenkommen. Es gibt aber auch Zeiten, in denen das nicht drin ist. Im Durchschnitt schätze ich, dass ich 100 bis 150 Euro im Monat für Kleidung ausgebe. Dabei bin ich mir bewusst, dass es eine ambivalente Geschichte ist: Auf der einen Seite sollten wir unseren Konsum einschränken. Auf der anderen Seite drückt ein Kleidungsstil für mich ein Stück weit Identität aus und gibt mir ein gutes Gefühl. Mir ist aber sehr bewusst, dass ich mehr kaufe als notwendig.


Telefon und Internet: Ich habe eine Handy-Flat über einen großen Discounter. Sie kostet 15 Euro im Monat. Und für meinen Internetanschluss zahle ich 40 Euro, sodass ich insgesamt 55 Euro für Kommunikation ausgebe.   


Abonnements: Ich bekomme ein Special-Interest-Magazin zum Tanzen, das mich 125 Euro im Jahr oder rund 10,50 Euro monatlich kostet. Darin geht es um Ballett und zeitgenössischen Tanz. Darüber hinaus habe ich einen Onlinezugang der Süddeutschen Zeitung und einen ZEIT-ONLINE-Zugang. In diesem Semester bin ich noch als Student eingeschrieben, deshalb bekomme ich vergünstigte Preise: Für meinen SZ-Plus-Zugang und meinen ZEIT-ONLINE-Zugang zahle ich jeweils rund 15 Euro. Ab Herbst wird sich das ändern, dann muss ich mehr zahlen. Streamingabos habe ich keine. Ich gehe entweder ins Kino oder schaue Videos in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Anbieter. Dafür zahle ich den Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro. Zusätzlich habe ich ein Abo bei Apple Music, das mich sechs Euro im Monat kostet. Zusammen ergibt das alles etwa 65 Euro.


Mobilität: Die Bahn hat im Dezember den Preis für meine Bahncard 50 erhöht, da zahle ich jetzt 244 Euro im Jahr. Auf den Monat gerechnet sind das rund 20 Euro. Auch beim Thema Mobilität profitiere ich von meinem verbliebenen Studentenstatus. Für den ÖPNV habe ich ein Studententicket, das kostet rund 20 Euro im Monat. Wenn ich unterwegs bin, nehme ich fast immer den Zug. Je nachdem, wie oft ich fahre, gebe ich zwischen 50 und 150 Euro für Tickets aus. Zudem habe ich ein Fahrrad, das ich im Sommer nutze. Manchmal ist mir das aber auch zu anstrengend, dann gehe ich lieber zu Fuß. Ein Auto brauche ich in der Stadt nicht, ich habe auch gar keinen Führerschein. So komme ich auf Mobilitätskosten in Höhe von rund 100 Euro.


Fortbildung: Die Kosten für meine tanztherapeutische Weiterbildung liegen bei 200 Euro pro Monat. Die muss ich für die nächsten vier Jahre zahlen. Hinzu kommen Fahrtkosten und Verpflegung, die Unterkunft wird gestellt. Ich muss aber nicht jeden Monat zu einem Ausbildungswochenende fahren. Auf den Monat gerechnet kommen im Durchschnitt noch einmal 25 Euro für Essen bei diesen Wochenenden dazu. Zusammen komme ich auf 225 Euro.


Freizeit: Ein guter Teil meiner Freizeitausgaben kommt durch Kulturveranstaltungen zustande. Ich gehe zwei- bis dreimal im Monat zu Tanzveranstaltungen oder ins Theater. Tickets können sehr unterschiedlich teuer sein, aber ich schätze, ich gebe dafür 30 bis 50 Euro im Monat aus. Kinotickets kosten noch einmal 10 Euro monatlich. Außerdem gehe ich gerne ins Café, um zu lesen oder zu schreiben. Manchmal treffe ich mich dann auch mit Freundinnen und Freunden. Dafür gebe ich sicherlich weitere 50 Euro aus. Und ich kaufe gerne Bücher. Wenn ich einen Buchladen betrete, kann es gut sein, dass ich 50 Euro ausgebe. Das passiert nicht jeden Monat, aber im Durchschnitt kommen so sicherlich 30 Euro zusammen. Einmal pro Woche gehe ich schwimmen. Zum Tanzen ebenso. Für die Stunden im Tanzstudio und den Eintritt ins Schwimmbad zahle ich zusammen 40 Euro. Rund 170 Euro ergibt das zusammen.


Reisen: Meistens mache ich einen Urlaub im Jahr, der etwas mehr kostet, und dann noch mehrere Kurztrips. Im letzten Jahr war ich auf einem Theaterfestival in Frankreich, habe im Hotel gewohnt und mir eine gute Zeit gegönnt. In diesem Jahr geht es nach Finnland. Für solche Urlaube gehen schon mal 1.000 Euro drauf. Dafür nehme ich meistens mein Weihnachtsgeld. Rechne ich noch eine Woche Wanderurlaub oder ein Wochenende in einem Tiny House dazu, komme ich auf durchschnittliche Reisekosten in Höhe von 150 Euro pro Monat. 


Versicherungen: Meine private Haftpflichtversicherung kostet mich 30 Euro im Jahr oder 2,50 Euro im Monat. Das ist die einzige, die ich im Moment habe.


Sparen und Investitionen: Aktuell spare ich kein Geld an. Das hängt mit meinem Lebensstil zusammen, so viel bleibt dabei ja nicht übrig. Gleichzeitig ist meine Zusatzausbildung auch eine Investition in die Zukunft, die den finanziellen Spielraum gerade natürlich einschränkt. Sobald ich sie abgeschlossen habe, kann ich dieses Geld in andere Bereiche stecken.


Was am Ende übrig bleibt: Ich mache jeden Monat eine Vorauskalkulation. Ich rechne dann alle Fixkosten heraus und sehe dadurch, wie viel Budget ich im Monat zur Verfügung habe. Dieses Geld gebe ich aktuell komplett aus. Das ist ziemlich auf Kante gerechnet, das ist mir bewusst. Aber ich bin mit der derzeitigen Lage zufrieden.


*Der Name des Protagonisten wurde geändert, ist der Redaktion aber bekannt.

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