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Bayerns Schüler schwänzen für den Klimaschutz

von Verena Fücker, Barbara Markus, Monika Haas, Nora Zacharias


Die internationale Schulstreikbewegung "Fridays for Future" ist in Bayern angekommen. In München, Nürnberg, Würzburg und anderen Städten lassen Schüler den Unterricht sausen und demonstrieren für eine bessere Umweltpolitik. 

Gute Stimmung am Münchner Geschwister-Scholl-Platz. Etwa 750 Schülerinnen und Schüler streiken dort unter dem Motto "Fridays for Future" für den Klimaschutz. Viele sind im Klassenverbund gekommen. Sie geben sich kämpferisch, jubeln. Den Statements auf der Bühne zufolge ist es vielen egal, welche Konsequenzen sie von der Schule bekommen. Das Klima ist wichtiger, finden sie. 


Viel Ahnung vom Thema Klima

Wer mit den Demonstranten spricht, dem fällt auf, dass auch die jüngeren Schülerinnen und Schüler viel Ahnung vom Thema Klima haben. Schülerin Marta findet Streiken wichtig: 

"Weil es unsere Zukunft ist, und weil es unsere Chance ist, etwas zu erreichen. Die Umwelt muss mehr beachtet werden, mit Tieren soll besser umgegangen werden. Wir dürfen die Erde nicht zerstören." Marta, Schülerin

Um Konsequenzen mit der Schule sorgt sie sich nicht. Sie geht auf eine Waldorfschule. Dort haben sich die Schüler von den Eltern befreien lassen. Offiziell haben Schüler allerdings kein Streikrecht. Genehmigung hin oder her - Marta ist stolz, heute hier zu sein.

"Es gehört schon Mut dazu, nicht in die Schule zu gehen. Es könnte theoretisch jeder machen, aber es macht halt nicht jeder." Marta, Schülerin

Münchner Schüler streiken für den Klimaschutz


Der Klimawandel wartet nicht auf unseren Schulabschluss


"Warum für die Zukunft lernen, wenn die Zukunft gefährdet ist". Auf diesen Nenner bringt es Benedikt Schürzinger, Initiator der Demo in Würzburg. "Der Klimawandel wartet nicht auf unseren Schulabschluss", heißt es in einem Aufruf der Grünen Jugend Bayerns als Unterstützer. In Würzburg demonstrieren etwa 1100 Teilnehmer - mehr, als sich das Organisations-Team erhofft hatte. 

Teilnehmer einer Würzburger Schülerdemo für Klimaschutz


Nicht nur reden, sondern handeln


Auch in Nürnberg haben sich rund 400 Schüler vor dem Nürnberger Rathaus versammelt. Sie fordern lautstark, dass die in Paris 2015 beschlossenen Klimaziele eingehalten werden und dass Politiker nicht nur reden, sondern jetzt auch handeln. 

"Wir müssen endlich etwas tun, damit wir auch in Zukunft so leben können wie jetzt. Es ist nicht fünf vor zwölf sondern fünf nach zwölf." Johanna Reichenbach, Mitorganisatorin

Sie müssen mit Konsequenzen rechnen, dennoch sind Hunderte gekommen. Johanna Reichenbach sagt, ihnen sei es das wert, einen Verweis zu bekommen oder nachsitzen zu müssen, weil es um ihre Zukunft geht.

Manche Schüler konnten ihre Schulleitung von der Demonstration überzeugen und sind mit ihren Lehrern gekommen – praktisch als Exkursion. Lehrerin Sigrun Leha-Reichenbach ist mit Kollegen und 27 Schülern aus Neumarkt in der Oberpfalz nach Nürnberg gefahren, um heute bei der Demo dabei sein zu können. 

"Ich begleite die Schüler gerne, weil ich absolut dahinter stehe und es für eine wichtige und notwendige Sache halte, dass die Jugend Stellung bezieht und sich engagiert." Sigrun Leha-Reichenbach, Lehrerin


Anna Toman, schulpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, fordert Kultusminister Piazolo auf, von Disziplinarmaßnahmen gegen die Schülerinnen und Schüler abzusehen. Sie unterstützt den Protest.

„Er verdeutlicht, dass Jugendliche längst erkannt haben, wie ernst es um unseren Planeten bestellt ist. Jeder wird vom Klimawandel betroffen sein. Doch am stärksten wird es die jetzt noch Jugendlichen und deren Kinder und Enkel treffen, die mit den Folgen der Erdüberhitzung in Zukunft leben müssen.“ Anna Toman, schulpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen

Margit Wild, die bildungspolitische Sprecherin der Bayern-SPD-Landtagsfraktion findet, der Bildungsminister Piazolo sollte den Schülern dankbar sein. 

"In einer Zeit, in der allerorten nach mehr politischem Einsatz von Schülerinnen und Schüler gerufen wird, ist es der falsche Weg, bei dem heute stattfindenden Schülerstreik im Namen des Klimaschutzes direkt nach Strafen zu schreien.“ Margit Wild, bildungspolitische Sprecherin der Bayern-SPD-Landtagsfraktion

Die CSU-Fraktion zeigt sich von den Reaktionen von Grünen und SPD befremdet. Gerhard Waschler, bildungspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion freut sich zwar, wenn sich junge Menschen engagieren. Das ginge aber auch in der schulfreien Zeit oder am Wochenende. Die Schulpflicht nach politischer Gesinnung auszurichten sei ein fataler Irrweg, findet er.

„Es ist anbiedernd und gleichzeitig politisch kurzsichtig, wenn diese Parteien das Schulschwänzen für scheinbar politisch korrekte Ziele erlauben. Was würden diese Parteien denn machen, wenn Schüler während der Schulzeit für eine AfD-Veranstaltung schwänzen?“ Prof. Gerhard Waschler, bildungspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion

Schwedische Schülerin Greta Thunberg als Vorbild

Auch in Augsburg, Deggendorf, Erlangen, Bayreuth und anderen bayerischen Städten sind Schülerinnen und Schüler auf die Straße gegangen. Deutschlandweit protestieren in rund 50 Städten Schüler für eine bessere Umweltpolitik. 

Die Aktion "Fridays for Future" geht auf die schwedische Schülerin Greta Thunberg zurück. Die 16-Jährige geht seit Monaten immer freitags in Schulstreik und demonstriert vor dem Parlament in Stockholm für einen besseren Klimaschutz. 


So lange demonstrieren, bis sich etwas tut

Auch die bayerischen Schüler würden gern so lange auf die Straße gehen, bis sich etwas tut. Aber die meisten sind realistisch und glauben, dass sie dann wohl von der Schule fliegen könnten. Ob jetzt jeden Freitag für das Klima gestreikt wird, bleibt also abzuwarten.

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