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Mitbestimmung light: Wie RB Leipzig seine Fans kontrolliert - n-tv.de

Von Ullrich Kroemer, Leipzig

Revolution beim konzerngelenkten Zweitligisten RB Leipzig: Der Klub beruft ein Fördermitglied in den Aufsichtsrat. Revolution? Nun ja. Wer mitbestimmen darf, kontrolliert immer noch der Klub. Kritiker mahnen, RB müsse sich an die Regeln halten.

Wolfgang Altmanns erster Abend im Amt war ein Erfolg. Zumindest für ihn. Der 60-Jährige Leipziger durfte den 3:1-Sieg der Rasenballsportler gegen Fortuna Düsseldorf mit den Funktionären des Klubs auf der VIP-Tribüne bejubeln. Denn er gehört jetzt selbst zu diesem erlesenen Zirkel. Altmann ist beim umstrittenen Fußball-Zweitligisten erster und einziger aus der Unterstützerbasis der Fördermitglieder, der beim Retortenklub künftig mitbestimmen darf. Die 14 stimmberechtigten Mitgliedern RB Leipzigs haben den Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens und Fan der ersten Stunde als viertes Mitglied in den Aufsichtsrat gewählt.

Im Rahmen der Lizenzierung durch die Deutsche Fußball-Liga hatte der von Red-Bull-Konzern gesteuerte Klub seine Tür einen Spalt breit öffnen müssen, um in der zweiten Liga mitspielen zu dürfen. Logo, Vereinsstruktur und die Gremien hatten die Verantwortlichen zuvor bereits angepasst. Die am Montagabend etwa 60 anwesenden der insgesamt 200 Fördermitglieder durften über den neuen Funktionär aus ihren Reihen jedoch nicht selbst abstimmen. Stattdessen veranstaltete RB im Vorfeld ein Aufsichtsrats-Casting, der Ehrenrat legte sich schließlich auf den Kandidaten Altmann fest. Ulrich Wolter und Frank Zimmermann, Geschäftsführer der neu ausgelagerten Rasenballsport Leipzig GmbH und Vereinsvorstände in Personalunion, hatten alle zwölf Bewerber "wie in einem Vorstellungsgespräch" auf Herz und Nieren geprüft. Andere, die sich ebenfalls beworben hatten, bekamen eine Absage und durften sich nicht einmal als Kandidaten vor der Mitgliederversammlung präsentieren.

Das verstehen RB Leipzig und die DFL also unter einem Mitgliederkonzept zur "Stärkung der Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten der Fördermitglieder", wie RB-Vorstandsboss Oliver Mintzlaff formulierte. Rechtlich gebe es an diesem Konzept "nichts zu beanstanden"; genau so wenig wie an Leipzigs Lizenzierung für die Bundesliga generell, sagt der Thüringer Sportrechtler Johannes Arnhold. Der Buchautor, Dozent und Sportrechtsanwalt sagt: "Die Vereinsautonomie gewährt den Vereinen große Freiheiten, das betrifft auch die Besetzung der Gremien." Man dürfe bei der Auswahl der Aufsichtsräte eines Fußballvereins nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie etwa bei einer staatlich organisierten Wahl, betont Arnhold.

"Wir sind ein sehr offener Verein"

Stattdessen laufe der Auswahlprozess bei RB Leipzig ähnlich wie in einem Unternehmen. Die Umsetzung des Mitgliederkonzepts zeige beispielhaft, dass der Klub mit "juristischem Geschick einerseits und Professionalität auf der anderen Seite an der Wiederbelebung eines Landstrichs auf der Fußballlandkarte" arbeite, sagt Arnhold. Einige der künftigen Mitbewerber RB Leipzigs bewerten das anders. Stephan Schippers etwa, neben Max Eberl einer der Geschäftsführer von Borussia Mönchengladbach, kritisiert, wie RB Leipzig die Lizenzierungsauflagen und -bedingungen der DFL interpretiert.

Schippers, selbst Mitglied im Aufsichtsrat der DFL, fordert: "RB Leipzig muss deutlich und transparent zeigen, dass es bereit ist, die Bedingungen der DFL zu erfüllen und seine Ankündigungen in die Tat umsetzen." Dabei gehe es im Kern darum, "die 50+1-Regelung als Grundpfeiler des Profifußballs, wie wir ihn in Deutschland kennen, anzuerkennen und mit Leben zu erfüllen - und zwar nicht nur auf dem Papier". Der Klub habe die Lizenz für diese Saison unter anderem "durch seine verbindliche Erklärung, seine Gremien auch mit unabhängigen Persönlichkeiten zu besetzen" erhalten.

Neben dem neuen Mitglied Altmann besteht der Aufsichtsrat des Zweitligisten aus Red-Bull-Finanzvorstand Walter Bachinger sowie den Juristen Wiebke Gorny und Oliver Hubertus, die beide bereits im Auftrag von Red Bull tätig waren. Klubs, die von Investoren geführt werden, müssten sich genauso "innerhalb der Spielregeln bewegen, die wir uns in der DFL gegeben haben, wie alle anderen", mahnt Schippers. Ordentliche Mitglieder hat RB Leipzig auch weiterhin lediglich 14; auch der Mitgliedsbeitrag von 800 Euro jährlich blieb unangetastet. Dennoch sagte Mintzlaff bei der Präsentation am Montag: "Wir sind ein sehr offener Verein." Es gebe viele Fördermöglichkeiten. So können Fans etwa für 100 bis 1000 Euro pro Jahr in Bronze, Silber und Gold unterteilte Mitgliedschaften ohne Stimmrecht erwerben. Einzige Ausnahme ist seit Montagabend Wolfgang Altmann.

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