PSM, PTV, EPS - Die Liste der Assistenzsysteme bei den aktuellen Porsche-Modellen liest sich wie das internationale Abkürzungsverzeichnis der Vereinten Nationen. Ohne die Kontrollleuchten der fahrenden Chipfabriken fühlen wir uns inzwischen schnell wie ein Hypochonder im Ärztewartezimmer. Je mehr Systeme im Auto, umso größer steht es um den Faktor Sicherheit, umso weniger wird das Autofahren zur Arbeit - aber auch zur Herausforderung. Wer genau die sucht, der muss in den Rennsport oder besorgt sich einen Oldtimer, klar, am besten einen alten 911er. Aber mal ehrlich, sind Sie Mechaniker oder verfügen über das nötige Kleingeld für die Dauerwartung? Mussten Sie beide Fragen mit „Nein" beantworten, dann mieten Sie doch mal einen alten Porsche. Geht nicht? Geht. Wir haben zwei alte Porsche G-Modelle in die Voralpen entführt.
Hinter riesigen blaugrauen Garagentüren verbergen sich auf einem alten Münchener Hinterhof wahre Schätze in Moosgrün, Knallrot und glänzendem Silber. „Ich bin ein Porscheverrückter, schon seitdem ich ein Kind war", sagt Lars Eise. Wo andere froh sind, einen einzigen der begehrten Zuffenhausener Sportwagen zu besitzen, nennt er ein Dutzend 911er sein Eigen - die meisten schönwetterverliebte Targa-Modelle aus den 80er-Jahren. Das hat nichts mit Sammelwut auf hohem Niveau zu tun. Der ehemalige Banker hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. 2001 plante er eine Porsche-Classic-Tour für Freunde. Vom Rhein-Main-Gebiet ging es bis in die Dolomiten. Was der Begeisterung über den Ausflug folgte, waren Anfragen von Freundesfreunden. Von denen besaß aber nicht jeder einen Porsche. Also suchte Lars Eise nach entsprechenden Klassikern zum Mieten. Am Ende stand eine Erkenntnis: „Es gab einfach keinen, der alte Porsche vermietet." Acht Jahre nach der ersten Tour, viele Anfragen und eine unternehmerische Entscheidung später eröffnete "Passo Tourismo".
Von der Bayern - bis zur Heritagetour
Inzwischen reicht die Angebotsliste für die Mietporsche vom freien Fahren für einen Tag über die Ganztagestour durch das bayerische Voralpenland bis zum dreitägigen Ausflug in die Dolomiten. Wer sich dagegen zum 50-jährigen Jubiläum des 911er auf die Suche nach den Porsche-Wurzeln begeben möchte, der greift zur Heritage-Tour mit Besuch im Porsche-Museum. Insgesamt stehen sechs Varianten zur Auswahl. Wir entscheiden uns für eine Fahrt in die Voralpen.
Mieten ist einfach, fahren schwer. Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über die Herausforderungen als Selbstfahrer eines Classic Cars
Wer zum ersten Mal einen Porsche fährt, sieht sich schon vor dem Start herausgefordert. Denn bei den Zuffenhausenern gilt, der Zündschlüssel sitzt links. Nach der Überwindung dieser ersten Hürde geht es für uns aus dem Herzen Münchens mit ruhigem Tempo, zwei Targas und sattem Sound stadtauswärts. Die Berge sind das Ziel, schließlich heißt die Firma ja nicht "Urban Tourismo".
Classic-Cars fahren ist Arbeit
Über Bundes- und Mautstraßen führt unsere Route vorbei an Seen bis auf 900 Meter Höhe in die Berge. Schnell ist klar, fahren ist nicht gleich fahren. In den alten 911ern wird Gewohntes zur Herausforderung. Lenken, Schalten, Spur halten – alles ist hier Arbeit. Das liegt an dem straffen Fahrwerk des Targas, der harten Federung und der direkten Lenkung. Aber auch daran, dass die einzigen elektronischen Helfer an Bord der 911er die Stellknöpfe für die Sitzposition und das JVC-Autoradio sind.
Kurzurlaub im Porsche
Vom Lenker ist also viel Konzentration gefordert. Das gilt übrigens auch für den Beifahrer. Der darf während der Tour das Roadbook lesen. Ein Ausflug mit "Passo Tourismo" ist also ideal für die Zweierbesetzung. Gegen Aufpreis kann man die Verantwortung aber auch an ein Navi abgeben. An andere ständige Begleiter wie Smartphone und Musik verliert man übrigens keine Gedanken während der Fahrt. Dafür meldet sich aber irgendwann der Hunger. Der Punkt Essen ist fest verankert auf der Achtstundentour. Im Preis inbegriffen sind, je nach Buchungspaket, Restaurantbesuch und Übernachtung. Um den Standard braucht man sich keine Sorgen machen. Es handelt sich immer um inhabergeführte Vier-Sterne-Unterkünfte. „Jedes der Hotels und Restaurants ist handverlesen“, sagt Amélie Eise, die seit ein paar Jahren das Team von "Passo Tourismo" ergänzt. Trotz Stärkung mit einem Drei-Gänge-Menü ist man am Ende des Tages ähnlich geschafft, wie nach der ersten Fahrstunde. Nur fehlte damals etwas, dass diese Tour zu einem Kurzurlaub macht: die Glückshormone.
MEHR INFORMATIONEN:
Die Preise für die Porschetouren reichen bei " Passo Tourismo" von 319 Euro für die freie Tagesmiete bis zu 2.099 Euro für die dreitägige Heritage-Tour. Inbegriffen sind neben einer Kilometerpauschale Restaurant, Übernachtung und Mautgebühren.
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