Silvana van Baaren hat schon immer ganz genau aufs Geld achten müssen. Aber seit die Preise spürbar steigen, bedeutet Einkaufen für die Hartz-Vier-Bezieherin und Mutter zweier Töchter immer öfter: schwere Entscheidungen.
Silvana van Baaren, Hartz-IV-Empfängerin "Süßigkeiten für die Kinder oder so, es ist ja alles teurer geworden, aber trotzdem möchte man nicht darauf verzichten, den Kindern trotzdem was leisten zu können. Es ist nicht einfach."
Im sogenannten Regelbedarf sind bei Hartz-Vier-Empfängern für Lebensmittel rund 5 € pro Tag und Person vorgesehen. Van Baaren muss für sich und ihre Familie also genau kalkulieren. Um den Überblick zu behalten, hebt die 35-Jährige jeden Kassenzettel auf.
Silvana van Baaren, Hartz-IV-Empfängerin "Ich habe jetzt hier einen Kassenbon, der ist vom 31.8.2021. Ich würde jetzt einfach mal das Experiment wagen, dass ich genau das Gleiche kaufe und schau, wie sich die Preise verändert haben."
Grundsätzlich gilt: Das Leben in Deutschland hat sich in den vergangenen Monaten spürbar verteuert. Im Juni lag die Inflation bei geschätzten 7,6 %, getrieben vor allem von den Energiepreisen. Aber auch bei Lebensmitteln gingen die Preise hoch: plus 12,7 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Eine Folge stark gestiegener Erzeugerpreise durch Ukrainekrieg und Pandemie.
Bei bestimmten Grundnahrungsmitteln wie Nudeln, Speiseöl oder Butter sind die Preissteigerungen noch drastischer.
Soweit die Statistik - aber wie wirkt sich die Inflation auf Silvana van Baarens Vergleichs-Einkauf mit dem Kassenzettel von vor einem Jahr aus? In den Supermarkt durften wir sie mit der Kamera nicht begleiten. Wir treffen sie danach wieder.
Silvana van Baaren, Hartz-IV-Empfängerin "Ich habe nicht alle Sachen bekommen, die auf meinem anderen Kassenzettel standen. Sieben Sachen habe ich nicht bekommen und habe trotzdem 2,84 € mehr bezahlt. Ich finde es erstaunlich. Ich finde es einfach unglaublich. Zumal es ja nicht mal irgendwas Extravagantes war oder so, es war einfach nur das, was man normal auch braucht. Ich finde es echt phänomenal. Ich muss erst mal gucken, was ich da noch einsparen kann."
Viel Spielraum wird es da wohl nicht geben, denn der Regelsatz für Alleinstehende wurde Anfang des Jahres um nur 0,76 % erhöht. Die Preise hingegen steigen viel schneller, wie van Baarens Einkaufs-Vergleich zeigt. Zwar können Rabattaktionen oder inzwischen geänderte Packungsmengen das Ergebnis etwas verzerren. Die Tendenz ist dennoch klar: Selbst bei einigen billigeren Produkten aus dem Discounter sind die Preise nach oben gegangen. Es gibt nur wenige Ausnahmen, wie zum Beispiel Katzenfutter oder Ayran, die noch genauso viel kosten wie im vergangenen Sommer. Andere Lebensmittel haben sich dagegen enorm verteuert, besonders Fleisch.
Silvana van Baaren, Hartz-IV-Empfängerin "Damals habe ich zweimal Hackfleisch gekauft und habe 6,98 bezahlt für beide zusammen. Jetzt habe ich zwei gekauft, habe 9,98 bezahlt, also gleich mal 3 € teurer, was schon echt ein Hammer ist. Putenbrustfilet genauso, ich hol das immer im Stück, dann wird das ganze Eklige weggeschnitten und dann ist gut. Dafür hab ich jetzt 10 € bezahlt. Damals hat es 7,79 gekostet. Also der Käse hat damals 1,89 gekostet und jetzt kostet er einfach mal 2,59. Das ist schon ein enormer Preisanstieg, wie ich finde."
Im Juli bekommen Hartz-Vier-Empfänger zwar eine Einmalzahlung von 200 €, aber die brauche sie für die Stromnachzahlung, sagt van Baaren. Spürbar entlastet habe sie bislang nur das 9 €-Ticket. Die Sorgen der zweifachen Mutter bleiben.
Silvana van Baaren, Hartz-IV-Empfängerin "Wenn das so weitergeht mit der Inflation, dann sehe ich das schon kommen, dass das Taschengeld dann noch ein bisschen weniger werden muss und ich mich auch noch weiter einschränken muss. Und ich weiß nicht, wo das dann noch enden soll. Ich finde, irgendwann ist es auch dann kein menschenwürdiges Leben mehr, wenn man auf alles achten muss und wenn man jeden Tag Angst haben muss, seine Familie nicht über die Runden zu kriegen oder über den Monat zu bringen. Psychisch macht einen das fertig."
Fast 40 % der Deutschen geben an, in Zukunft bei Lebensmitteln sparen zu wollen. Auch Silvana van Baaren plant, noch mehr auf Sonderangebote zu achten. Im Notfall müsse sie, wie zuletzt im April, auch auf Lebensmittelspenden von sozialen Trägern zurückgreifen.