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Fachkräftemangel: Erzieher gesucht

Immer wieder werden Kitas gebaut, doch häufig fehlt das nötige Personal, um die Kinder zu betreuen. Erzieherinnen sind begehrt auf dem Arbeitsmarkt, doch die Ausbildung dauert lang und die Arbeitsbedingungen lassen zu wünschen übrig.


Zwenkau. Jana Naumann sitzt auf dem Boden, sie spielt das Entenlandspiel mit 13 Kindergartenkindern. „Eigentlich ist das Spiel für nur acht Kinder gedacht", erklärt die 43-jährige Erzieherin. Seit drei Jahren arbeitet sie in der Kita Pulvermühle in Zwenkau. „Ich merke, dass Personal fehlt", sagt sie. Derzeit sucht der Träger der Kita, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Kreisverband Leipzig-Land, insgesamt fünf Erzieher. In Zwenkau ist eine Stelle unbesetzt. „Es ist schwierig, Fachkräfte zu finden", weiß Annett Graap, Sprecherin des DRK. Auch Träger wie Caritas, Volkssolidarität, Stadt Markkleeberg und AWO haben Stellen ausgeschrieben.

Im Februar dieses Jahres lagen dem Geschäftsstellenbezirk Borna der Agentur für Arbeit 20 offene Stellen für Erzieherberufe vor. „Über die letzten Jahre war die Nachfrage kontinuierlich, vor etwa zwei Jahren gab es einen deutlichen Anstieg", stellt Volkmar Beier, Sprecher der Arbeitsagentur in Oschatz, fest. Im Februar 2014 wurden im alten Landkreis Leipziger Land noch 13 Erzieher gesucht, das Muldental nicht mit eingerechnet.

Astrid Axmann, stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen ordnet ein: „Im März sind immer wenige Fachkräfte auf dem Markt, erst im Sommer entspannt sich die Lage, wenn die neuen Absolventen ins Berufsleben starten."

Ausgebildete Erzieher, die nach ihrem Abschluss arbeiten wollen, fänden grundsätzlich einen Job, beobachtet Dagmar Striegler von der Bildungsagentur Sachsen, die in Leipzig Erzieher ausbildet.

Umschulungs-Finanzierung für Erzieher rund um Leipzig schwierig

Immer wieder gebe es auch ältere Menschen, die auf einen erzieherischen Beruf umsatteln wollten, sagt Beier. Der Haken: Eine klassische Erzieherausbildung dauert in der Regel drei Jahre. Voraussetzung ist eine zweijährige Berufsausbildung und je nach Job noch mehrjährige Berufserfahrung. Späteinsteiger können sich zwar teilweise Vorbildung anrechnen lassen, eine Umschulung dauere aber dennoch meist drei Jahre. Für viele bedeutet das eine hohe finanzielle Belastung. Das sächsische Arbeitsministerium fördert darum die Umschulungen seit 2015. Die ersten beiden Jahre bekommen die Erzieher-Schüler Bildungsgutscheine von der Arbeitsagentur, im dritten Jahr werden sie über den Europäischen Sozialfonds finanziert. Die Förderung des dritten Jahres erfolge allerdings nur in den Regionen Dresden und Chemnitz, so das Arbeitsministerium Sachsen. Da die Region Leipzig als stärker entwickelt eingestuft wurde, stünden weniger EU-Mittel zur Verfügung. Die Krux: Wenn die Umschulung nicht vollständig finanziert wird, fördert die Arbeitsagentur auch die ersten beiden Jahre nicht.

GEW: Arbeitsbedingungen für Erzieher verbessern

Axmann von der GEW betont, dass der Quereinstieg nur eine Möglichkeit sei, zusätzliches Personal ins System zu bringen. Gleichzeitig müsse grundsätzlich an Bedingungen und Ausbildung gearbeitet werden. So sollte etwa die übliche, zweijährige Erstausbildung zum allgemeinen Sozialassistenten passender auf die Anforderungen des Erzieher-Berufs zugeschnitten werden, findet sie. Solange locken einige Träger mit Anreizen: Das DRK bietet etwa eine berufsbegleitende vierjährige Ausbildung an. Die Schüler arbeiten neben der Schule 30 Stunden als Erziehungshelfer. „Die Nachfrage ist sehr groß", sagt Graap. Bisher bot das DRK jährlich etwa drei Schülern die Möglichkeit, ab Herbst sollen acht Schüler mit der dualen Ausbildung beginnen. Wegen des Mangels versuchen einige Träger, Erzieher mit mehr Gehalt, als im Tarifvertrag vorgesehen, zusätzlichen Urlaubstagen und Rückvergütungen anzuwerben. Insgesamt würden offene Stellen in stadtnahen Einrichtungen schneller wieder besetzt, als im ländlichen Raum, beobachtet Graap. Die Kita in Zwenkau sei für viele Leipziger Fachkräfte schwer zu erreichen.

Aber nicht nur die von der GEW im derzeitigen Streik geforderte Bezahlung müsse sich laut Axmann verbessern, auch die Arbeitsbedingungen für Erzieher müssten optimiert werden. Nur so könne Qualität gewährleistet und der Beruf wieder attraktiver werden, sagt sie. Dann wären möglicherweise mehr Erzieher bereit, Stunden aufzustocken. „Die meisten haben 30 bis 36 Wochenstunden im Vertrag stehen", weiß Axmann. „Wir können nicht warten und in drei Jahren denken, wo kommen jetzt Fachkräfte her", mahnt sie. Weiter fordert die GEW, dass der Freistaat eine klarere Aussage darüber macht, wie viele Kinder ein Pädagoge tatsächlich betreut. Der festgeschriebene Betreuungsschlüssel sei lediglich eine Berechnungsgrundlage. In der Kita sieht er 1 zu 5,5 vor, in der Wirklichkeit bedeute das, dass ein Erzieher etwa acht Kinder betreue, so Axmann. Im Kindergarten kämen auf einen Pädagogen sogar bis zu 18 Kinder.

Von Theresa Held


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