1 abonnement et 0 abonnés
Article

Wie sich deutsche Medien von iranischer Propaganda einlullen lassen | Übermedien

Exklusiv für Übonnenten

Es sind Worte, die einem Todesurteil gleichkommen. Die iranischen Journalistinnen Niloofar Hamedi und Elahe Mohammadi sollen als „Agenten für fremde Mächte" gehandelt haben und im Ausland dazu trainiert worden zu sein, „unter der Tarnung des Journalismus" im Land Unruhe zu stiften und Nachrichten für ausländische Medien zu beschaffen. So lautete kürzlich die gemeinsame Anklage des iranischen Geheimdienstministeriums und des Geheimdienstes der Revolutionsgarden.

Das Vergehen der beiden Frauen? Ihre journalistische Arbeit. Niloofar Hamedi hatte ein Foto von Mahsa Amini kurz vor deren Tod veröffentlicht. Darauf ist Amini nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei in einem Teheraner Krankenhaus zu sehen. Sie liegt im Koma, ihr Kopf weist deutliche Spuren von Gewalteinwirkung auf. Elahe Mohammadi wiederum hatte über die Beerdigung Mahsa Aminis aus deren Heimatstadt Saghez berichtet. Beide Journalistinnen werden als politische Gefangene im Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten. Die Haftanstalt ist für ihre unmenschlichen Bedingungen bis hin zu Folter und unaufgeklärten Todesfällen berüchtigt.

Während den zwei iranischen Journalistinnen nun die Todesstrafe droht, durfte das ZDF als eines der wenigen internationalen Medien von den anhaltenden landesweiten Proteste aus Iran berichten. Wie ist das aktuell überhaupt möglich? Das ZDF schreibt auf Übermedien-Anfrage:

„Jörg Brase, Leiter der ZDF-Korrespondentenstelle in Istanbul, ist seit bald fünf Jahren unter anderem auch für die Berichterstattung aus dem Iran zuständig. Er und sein Team vor Ort in Teheran sind beim Ministerium für Kultur und islamische Führung (Ershad) akkreditiert, wie viele andere ausländische Medienteams auch. Mit dieser Akkreditierung reist Jörg Brase regelmäßig in den Iran, zuletzt Mitte Oktober, um über die Proteste zu berichten."

„Schlechtester Iran-Korrespondent"

Schon wegen ihrer Exklusivität war die Aufmerksamkeit für die ZDF-Berichte zur Lage in Iran groß, nicht zuletzt in der deutsch-iranischen Community. Doch die zeigt sich von Brases Berichterstattung empört. „Der schlechteste Iran-Korrespondent: Jörg Brase, ZDF", twitterte der Jurist und ehemalige „Linke"-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat. Brases Berichte seien davon geprägt, „Proteste kleinzureden. Ganz im Sinne des Regimes, das ihm ein Visum erteilt hat - anders als anderen Journalist*innen". Die deutsch-iranische Aktivistin Daniela Sepehri zählte in einem Video Brases „extrem problematischen Aussagen" auf. In Bezug auf den Wunsch „nach Reformen", den Jörg Brase bei der iranischen Bevölkerung festzustellen glaubt, sagt Sepehri:

„Seit 40 Jahren gibt es Alibi-Diskussionen über Reformen, aber es gab nie wirklich Reformen. Die Menschen wollen auch keine Reformen mehr. Sie könnten in dem, was sie wollen, deutlicher nicht sein. (...) Sie wollen keine islamische Republik mehr. Sie wollen keine Diktatur mehr. Sie wollen Freiheit (...). Benennt es!"

Was ist dran an der Kritik?

Jörg Brase formuliert seine Sätze zur Lage in Iran vorsichtig, er benutzt häufig Ausdrücke wie „ich denke", „ich kann mir vorstellen", „es sieht aus". Das mag an der Unübersichtlichkeit der Situation liegen und an den gezielten Bemühungen des iranischen Staates, verlässliche Daten und Berichte über die aktuellen Entwicklungen im Land zu verhindern.

Es macht den Berichterstatter aber auch unangreifbar, weil ja jede Beobachtung rein subjektiv ist. Etwa während der ersten Woche der Unruhen, als Brase am 20. September in einem Video auf dem Instagram-Account von „ZDF heute" eine bemerkenswerte Feststellung macht:

„Ich denke, wir nehmen das im Moment als große Protestwelle wahr, weil eben auf Social Media sehr viel los ist und das wird gesteuert oder unterstützt eben durch die sogenannte Staatsfeindin Nummer eins: das ist die Frauenrechtlerin Masih Alinejad (...)."

Die Proteste in Iran, in ...

Rétablir l'original