Die amerikanische Show-Gruppe „Chippendales" unterhält seit 38 Jahren Frauen, indem sie ihre Muskeln spielen lassen. Den Frauen geht es dabei um eins: Spaß haben und den Alltag vergessen.
„Das riecht nach Worscht, wie bei unserm Metzger dahaam." Sandra Pfarr hält ein weißes T-Shirt in der Hand und schnuppert daran. Ein Mann hat es sich von seinem von Kokosnussöl glänzenden Oberkörper gerissen. Pfarr und ihre drei Freundinnen Madeleine Jung, Charline Gebhardt und Anja Frettlöhr sitzen bei der Show der Chippendales in der Flugbahn der T-Shirts, die von der Bühne geschmissen werden. 1979 standen die ersten Chippendales in Los Angeles auf der Bühne. Ihr Markenzeichen: weißer Hemdkragen mit Fliege, Manschetten, nackter Oberkörper. Ihre Zielgruppe sind Frauen. Dass ausschließlich ein weibliches Publikum angesprochen wird, sei „historisch gewachsen", schreiben die Veranstalter auf Nachfrage.
Eine Männer-Revue habe es vor ihnen nicht gegeben. „Heute wie damals lautet die Prämisse, dass die Chippendales Frauen auf Händen tragen." Inzwischen hätte die Gruppe aber auch männliche Fans. Die lassen sich in der Offenbacher Stadthalle an zwei Händen abzählen. Stefan Schüssler-Busl ist mit seinem Mann Andreas Busl aus Langenselbold bei Hanau angereist. Er erhofft sich, „etwas Leckeres zum Angucken zu finden." Sein Mann ergänzt: „Aber gegessen wird Zuhause." Die beiden Männer geben sich offen. „Wir sind schon seit 16 Jahren ein Paar", sagt Schüssler-Busl.
Die Frauen im Publikum haben ihre Partner daheim gelassen. Auf der Bühne kündigt Chippendale-Mitglied Justin Rhodes auf Englisch an, dass dies ein Ort sei, an dem „Frauen unter sich" sind und wo sie „ihre Fantasien frei ausleben können". Er holt drei junge Frauen auf die Bühne - Anwärterinnen auf den Titel „willigste Frau des Abends". Dafür sollen die drei Kandidatinnen ihre sexuellen Qualitäten unter Beweis stellen: einen erotischen Tanz aufführen, ihre Lieblingsposition beim Sex exemplarisch an einem Chippendale-Mitglied vorführen und ein Kondom über eine Banane streifen - bestenfalls mit dem Mund. Das Ziel des Abends verkündet Justin Rhodes: „Wir wollen euch wild und verrückt."
In der 20-minütigen Pause geht alle paar Sekunden ein Plastikbecher mit Sekt über den Tresen. „Der soll den Frauen helfen, sich gehen zu lassen", sagt einer der Barkeeper. Die zweite Hälfte beginnt, die Frauen tanzen und singen, kreischen und klatschen. „Zieh endlich die Hose aus!", ruft eine weibliche Stimme aus den Reihen.
Polizist, Feuerwehrmann, Pilot. Alle paar Minuten wechseln die Chippendales ihre Kleidung, um sie sich kurz darauf wieder vom Leib zu reißen. „Wir leben eure Fantasien aus", sagt der 27-jährige Justin Rhodes. Für jeden Geschmack soll etwas dabei sein - auch, wenn der etwas härter ausfällt. Peitschen, Äxte und Absperrketten gehören zu ihrer Ausstattung. Bei den Chippendales dürfen Frauen nicht nur schauen. Die Stripper lassen fremde Hände über ihre definierten Bauchmuskeln streifen und verteilen Hiebe auf Frauenhintern. Sie erhaschen sich einen Blick ins weibliche Dekolleté und greifen ausgewählten Frauen an den Busen.
Chippendales machen Frauen in Offenbach verrückt: Bilder„Wenn das meine Partnerin auf der Bühne wäre, fände ich das erst mal nicht so cool", sagt der 27-jährige Andreas Burkart im Anschluss an die Veranstaltung. „Aber die Grenze setze nicht ich, sondern die Frau." Burkart fühlt sich als Mann zwar fehl am Platz, gönnt den Frauen aber ihren Spaß. „Sie brauchen einen eigenen Rückzugspunkt, an dem sie frei von jeglichem Druck sind." Angela stimmt ihm zu. „Wir wollen auch mal Spaß haben", sagt die 34-Jährige, die mit ihren Freundinnen gekommen ist. „Wir sind alle Mütter. Unsere Männer sind schon mit dem Abendessen überfordert."
Die Gruppe um Charline Gebhardt kann sich vom Anblick der Chippendales nicht mehr losreißen. Am Ende besprechen sie, welcher der Männer ihnen besonders gut gefallen hat. Ihr Mann sei von ihrem Besuch bei den Chippendales „nicht hundertprozentig begeistert", sagt Charline Gebhardt, bevor es wieder nach Hause geht. So ein Abend müsse aber auch mal sein. „Die Karte hat 62 Euro gekostet", rechnet ihre Freundin Madeleine Jung vor. „Es war jeden Cent wert."