"Es ist mir ein Herzensanliegen, die Kirche zu verändern und althergebrachte Strukturen zu hinterfragen. Es geht mir jedoch um eine Veränderung, die von innen heraus geschieht, und nicht etwa um die Zerstörung von etwas, das lange gewachsen ist. Das Neue soll nicht auf den Trümmern des Alten gebaut werden. Mir ist es wichtig, dabei ehrlich zu sein. Ich habe kein Geheimrezept, aber ich möchte das Neue wenigstens versuchen, auch wenn ich vielleicht scheitere. Ein englischer Theologe hat den Begriff des „loyalen Radikalen" geprägt, damit kann ich mich sehr gut identifizieren. Ich habe oft den Eindruck, dass wir als Kirche in einem selbstgebauten Gefängnis leben. Im aktiven Kern der Gemeinden gibt es viele, die gar keine nicht-christlichen Freunde mehr haben. Damit kommt man zwar gut zurecht, aber man wird eben auch nicht oft herausgefordert, sich mal auf die Sprache und das Denken anderer einzustellen. Kirchen wollen einladend sein, wir sprechen dann immer von einer „Komm-Struktur". Aber die Frage ist doch vielmehr, gehen wir auch raus zu den Menschen? Ich träume von einer Kirche, die nicht aus Angst vor Mitgliederschwund aktiv wird, sondern aus eben derselben Sehnsucht heraus, die auch Gott umtreibt.
"Ich träume von einer Kirche, die nicht aus Angst vor Mitgliederschwund aktiv wird, sondern aus eben derselben Sehnsucht heraus, die auch Gott umtreibt."
Wir haben im Dorf eine therapeutische Einrichtung für Abhängige, und da gibt es jedes Jahr eine Veranstaltung für diejenigen, die es geschafft haben, ein Jahr lang clean zu bleiben. Ich war als Pfarrer eingeladen, ein Grußwort zu sprechen. Ich wollte diesen Menschen Mut zusprechen, und statt gute Wünsche mit auf den Weg zu geben, habe ich für diese Menschen gebetet. Sie wussten nicht, was man nach einem Gebet sagt - statt Amen zu sagen, haben sie also applaudiert. Ich habe dann von einer Mitarbeiterin der Klinik erfahren, dass sie sich am nächsten Morgen über mein Gebet unterhalten haben. Sie waren gerührt, dass dieses Gebet von ihnen handelte und nicht vom Weltfrieden. Mein Gebet für die Zukunft der Kirche? Ich bete für eine Einheit unterschiedlich denkender Christen. Ich bete dafür, dass es keinen Widerspruch zwischen meinem Glauben und meinem Handeln gibt. Denn ich glaube, wenn wir Pfarrerinnen und Pfarrer öfter selbst glauben würden, was wir predigen, dann würden wir auch anders handeln."
Andreas Lau arbeitet als Pfarrer in Großrückerswalde im Erzgebirge. Außerdem engagiert er sich im evangelischen Think Tank Church Convention