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Permakultur: Die Natur nachahmen - relevant.

„Eine Gesellschaft kann nicht mit nur zwei bis drei Prozent Landwirt:innen überleben. Aber die Bäuer:innen von morgen werden nicht aus der schrumpfenden Bauernklasse kommen, sondern aus den Städten, Büros, Geschäften, Fabriken usw. Eines ist sicher: Sie werden nicht mit den Modellen der Vergangenheit auf das Land gehen."

Wir müssen neue Wege erfinden, wie wir im 21. Jahrhundert Landwirt:innen sein können.

Perrine und Charles Hervés-Gruyer, in ihrem alten Leben Anwältin und Seemann, zogen 2004 von Paris in die Normandie, um Landwirtschaft zu betreiben. In ihrem Buch „Unser Leben mit Permakultur" erzählen sie, wie sie zuvor um die Welt gereist waren, um von verschiedenen Kulturen zu lernen, unter anderem von indigenen Völkern. Ohne landwirtschaftliche Ausbildung begannen sie, mit ihren Händen zu arbeiten, um „auf einer sehr kleinen Fläche mit möglichst natürlichen Mitteln eine Fülle von schmackhaftem Obst und Gemüse zu produzieren." 2006 wurde die Ferme du Bec Hellouin gegründet und nach anfänglichen Schwierigkeiten entdeckten Perrine und Charles die Permakultur. Ab diesem Zeitpunkt geht es mit ihrem Bauernhof bergauf.

Natürliche Kreisläufe

Charles Hervés-Gruyer schreibt: „Permakultur beruht auf einer Ethik, die zwar einfach zu formulieren, aber anspruchsvoll in ihrer praktischen Umsetzung ist:

achtsamer Umgang mit der Erde achtsamer Umgang mit den Menschen gerechte Verteilung der Ressourcen

Das Konzept der Permakultur wurde in den 1970er Jahren in Australien von Bill Mollison und David Holmgren entwickelt, die sich stark durch die Beobachtung von Aborigines inspirieren ließen. Mollison und Holmgren erhielten dafür 1981 den Alternativen Nobelpreis.

Das Ehepaar Hervés-Gruyer beschreibt, wie es von Pionier:nnen und Modellen der biologischen Landwirtschaft lernte, darunter das biointensive Mini-Farming des US-Amerikaners John Jeavons oder die Pariser Gemüsegärtner:nnen des 19. Jahrhunderts. Alle diese Zugänge haben eines gemeinsam: auf kleinstem Raum werden überdurchschnittlich hohe Erträge erzielt. Letztendlich entstand aus den verschiedenen Einflüssen die Methode der Ferme du Bec Hellouin - unabhängig von Pestiziden und fossilen Energien.

Um die Effizienz ihrer Methode wissenschaftlich zu bestätigen, wurde auf Bec Hellouin 2011 ein Forschungsprogramm gestartet. Die Ergebnisse zeigten: Der Ertrag der untersuchten Beete ist drei- bis viermal höher als bei einem konventionellen Gemüsebetrieb.

Eine weitere Erkenntnis lautet: Viele unterschiedliche Pflanzen wachsen zusammen auf relativ kleinem Raum. Dadurch sind sie robuster und weniger anfällig für Schädlinge.

Gestiegenes Interesse

Permakultur beruht auf denselben Prinzipien wie die Bio-Landwirtschaft, geht jedoch noch einige Schritte weiter: „In der Permakultur wird etwa auf Hybridpflanzen, wie sie auch im Bio-Anbau üblich sind, verzichtet", erklärt Marlies Ortner, Gründerin der Permakultur Akademie im Alpenraum (PIA). In der Tierhaltung gibt es ausschließlich Freilandhaltung, oft von robusten alten Rassen wie Mangalitza-Schweinen oder Sulmtaler Hühnern.

„Das Interesse an Permakultur ist stark gestiegen", sagt Marlies Ortner, die Fortbildungen für Landwirte anbietet, „vor allem bei Bauern, die sich in einer verzweifelten Situation befinden, weil sie mit den Weltmarktpreisen nicht mithalten können."

Die Direktvermarktung von Bäuer:innen zu Konsument:innen würde von der Politik nicht genug unterstützt, kritisiert Ortner und verweist auf das lokale Wirtschaften als Grundidee der Permakultur. „Immer mehr wollen aus dem System aussteigen und verzichten daher auf staatliche Förderungen - da es für Permakulturbauern keine gibt", so Ortner. Eine Umstellung von konventioneller Landwirtschaft zu Permakultur sei schrittweise möglich, ein erster Schritt sei die Umstellung auf Bio-Landwirtschaft. „Für die Bauern bedeutet der Umstieg zuerst einmal finanzielle Einbußen", erklärt Ortner, „die sich später jedoch durch höhere Erträge bezahlt machen." Permakultur bedeutet allerdings viel mehr als die Erträge

Es ist die Grundlage für eine bessere Lebensqualität nachfolgender Generationen.

Marlies Ortner

Eine gesonderte Förderung für Permakultur sei in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) grundsätzlich nicht angeführt, heißt es aus dem österreichischen Landwirtschaftsministerium. „Sofern die Anforderungen der ‚Definition einer landwirtschaftlich genutzten Fläche' erfüllt werden, könnten allerdings im Rahmen des Agrarumweltprogramms ÖPUL verschiedene Maßnahmen auch auf Permakulturflächen genutzt werden."

Vorreiter in Österreich

Im Salzburger Lungau befindet sich ein Vorzeigebetrieb für Permakultur in Österreich. Auf 1.100 bis 1.500 Meter Seehöhe bewirtschaftet Josef Holzer seinen 45 Hektar großen Grund, der sich über mehrere Terrassen den Berg hinauf erstreckt. Der Land- und Forstwirt hat den Hof 2009 von seinem Vater Sepp übernommen. In der Bergbauernregion Lungau war Sepp Holzer als der „Narrische mit die Teich" verschrien, weil er sich die Rechte für die Mühlteiche auf seinem Grund sicherte und Fischteiche daraus machte. Heute betreibt Sepp Holzer einen eigenen Hof im Burgenland und gilt als Vorreiter der Permakultur in Österreich.

Sohn Josef nutzt die Teiche weiterhin. Und zwar nicht nur für Fisch- und Krebszucht, sondern auch als nährstoffreiches Bewässerungssystem und Hochwasserschutz. Auch Wassernutzpflanzen werden hier angebaut, darunter Heilpflanzen wie der Fieberklee. Die Mehrfachnutzung ist eines der Prinzipien der Permakultur, die auf dem Krameterhof in unterschiedlichen Ausprägungen gelebt wird:

Bäume auf unseren Terrassen stabilisieren die Hänge und liefern Futter für unsere Tiere, Früchte sowie Energie in Form von Holz.

Josef Holzer

Die Terrassen werden zudem landwirtschaftlich genutzt. „In der Agroforstwirtschaft sehen wir eine große Chance für die Landwirtschaft der nächsten Generationen", so Holzer. Weitere Vorteile von Agroforst sind eine höhere Bodenfruchtbarkeit, Erosionsschutz sowie bessere Widerstandsfähigkeit gegen Dürren und Unwetter. Zudem speichern Agroforstsysteme CO 2 im Boden und halten ihn feucht.

Klimaschutz

Dass Permakultur zum Klimaschutz beiträgt, weiß Josef Holzer aus eigener Erfahrung und erklärt, wie Kuhmist zu wertvollem Humus wird, der für den Erhalt der Böden unabdingbar ist. In den humusreichen Böden wird auf natürliche Weise CO 2 gespeichert; gesunde, natürlich bewachsene Böden, die Wasser speichern können, tragen zudem zur Kühlung bei.

„Der Klimawandel zeigt die Schwachstellen unseres landwirtschaftlichen Systems auf, in dem über Jahrzehnte hinweg Kulturlandschaften degradiert wurden", ist Josef Holzer überzeugt.

Wenn Vertreter der Landwirtschaft behaupteten, der Klimawandel sei an allen Problemen schuld, machten sie es sich zu leicht. „Da werden eigene Fehler wie die Zerstörung von Böden geleugnet, die seit Jahrzehnten bekannt waren. Aber man hat halt so weiter gemacht, weil es wirtschaftlich rentabel war."

Holzer bringt ein Prinzip der Permakultur auf den Punkt:

Wir arbeiten mit der Natur, nicht gegen sie.

Fotos: Susanne Wolf

Illustration: Fiona Walatscher

Weiterlesen? Forscher:innen der Universität für Bodenkultur Wien BOKU sind überzeugt, dass durch den Aufbau von Humus große Mengen an CO2 aus der Luft in der Vegetation und Kulturlandschaft gespeichert werden könnten. Mehr>>

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