Abseits der schmucken Badeorte mit ihren herausgeputzten Souks weicht die romantische Verklärung schnell der harten Realität. Marokko zeigt hier ein anderes Gesicht: das Gesicht der Armut. Vielerorts begegnet man Mittellosigkeit, Bedürftigkeit und Elend in dem westlichsten der arabischen Länder, obwohl die gut ausgebaute Infrastruktur zunächst darüber hinwegtäuschen könnte. Bittere Armut koexistiert in unmittelbarer Nachbarschaft zu üppigem Reichtum und leichtfertiger Verschwendung.
Beim Blick aus dem Zug, einem der modernsten auf dem ganzen afrikanischen Kontinent, fallen Baracken aus Wellblech und Plastikplanen ins Auge, die sich die Bahngleise entlang spannen von Marrakesch im Süden bis Tanger im Norden. Ganze Barackenstädte, die sogenannten "Bidonvilles", durchziehen die großen Metropolen wie Casablanca oder Rabat und wuchern überall, zwischen den Siedlungen gutbürgerlicher Wohnviertel, auf den Dächern der Altstadthäuser - selbst vor noblen Prachtbauten wie der marmornen Hassan II. Moschee machen die Slums nicht Halt, sondern siedeln sich einfach daneben an. Genau genommen waren sie sogar zuerst da.